Telematiksysteme

Digitaler Lebensstil auf der Straße

31.08.2012
Von Tobias Wendehost

Daimler setzt auf Fahrer-Handy

Googles Suchdienst hat sich im vernetzten Auto bereits einen Stammplatz erobert.
Googles Suchdienst hat sich im vernetzten Auto bereits einen Stammplatz erobert.
Foto: Daimler

In der Vergangenheit galt Mercedes-Benz als Nachzügler bei Telematiksystemen. Einen großen Schritt vorwärts hat der Daimler-Konzern mit Comand Online gewagt. Anders als Audi und BMW setzen die Stuttgarter ausschließlich auf das Mobiltelefon des Kunden, um das Fahrzeug mit dem Internet zu verbinden. Dabei dient das Smartphone als Modem, wobei es sich per Bluetooth mittels DUN-Profil (Dial-Up Networking Profile) mit dem Internet verbindet. Kunden mit iPhone und verschiedenen Android-Telefonen geraten dabei in die unangenehme Lage, dass sie sich zwar per Bluetooth mit dem System verbinden, aber lediglich über die Freisprechanlage telefonieren sowie ihre Musik wiedergeben können. Die Nutzung von Internet-basierten Apps bleibt ihnen verwehrt. Eine Ausnahme ist die neue A-Klasse, bei der sich das Smartphone von Apple integrieren lässt. Wie bei den anderen Automobilherstellern, laufen Internet und verfügbare Anwendungen über die Infrastruktur der OEMs, in diesem Fall das "Daimler Vehicle Backend". Ist das System mit dem Smartphone verbunden, werden die Daten an das Rechenzentrum der Stuttgarter übertragen. Alle Verbindungen zum Backend erfolgen über einen gesicherten VPN-Kanal.

Im Gegensatz zu den Systemen von Audi und BMW hat Comand Online den kleinen Vorteil, dass Kunden keinen zusätzlichen Mobilfunkvertrag oder eine Dual-SIM-Karte benötigen. Das Surfen im Internet wird über Mobiltelefone mit DUN-Profile abgedeckt. Bei der Anschaffung müssen Kunden im Vergleich zur Konkurrenz nicht ganz so tief in die Tasche greifen: Das Komplettsystem kos-tet 3070 Euro. Dafür verzichtet man allerdings auf die Vorzüge eines Touch-Bedienfelds, wie es bei Audi zum Einsatz kommt. Die Steuerung erfolgt über einen Joystick-ähnlichen Controller. Etwas bequemer ist da schon die Sprachsteuerung "Linguatronic", mit der sich verschiedene Funktionen von Comand Online steuern lassen. Wie bei BMW ist das freie Surfen im Internet allein im stehenden Fahrzeug möglich. Ausnahme ist etwa die eingeschränkte Nutzung der Google-App, die den Kunden auch beim Fahren zu einem Point of Interest lotst.

Keine Vorlesefunktion im Benz

Zum Systemumfang gehören eine Festplattennavigation sowie drei Jahre kostenfreie Karten-Updates, eine Bluetooth-Freisprech-einrichtung samt Audiostreaming, ein SD-Slot, USB- beziehungsweise iPod-Schnittstellen und Sprachsteuerung. Der verbaute Speicher bietet für 10 Gigabyte Daten Platz. Der Anwendungskatalog orientiert sich an gängigen Lösungen. Der Fahrer kann unter anderem bei Google nach Sonderzielen entlang einer Route suchen, Wetterinforma-tionen abrufen und seine Freundschaften auf Facebook pflegen. Dafür fällt die Auswahl der restlichen Funktionen überschaubar aus. Das fängt bei der fehlenden Vorlesefunktion für E-Mails und SMS an und endet bei der bescheidenen Zahl von Applikationen.