Digitale Agenda der Bundesregierung

Digitale Politik im Weichspüler

25.08.2014
Von 
Dr. Carlo Velten schreibt als Experte zu den Themen Cloud-Platforms und -Developers, Enterprise Cloud Management und Digital Business. Dr. Carlo Velten ist CEO des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research AG. Seit über 15 Jahren berät Carlo Velten als IT-Analyst namhafte Technologieunternehmen in Marketing- und Strategiefragen.
Von allem ein bisschen und nichts richtig. Ein amüsantes Wunschkonzert mit vielen guten Absichten und nur wenig konkreten Plänen. So stellt sich die „Digitale Agenda 2014-2017“ der Bundesregierung dar.

Positiv zu werten ist, dass zumindest die Themen und Buzzwords bei den Spin-Doctors in Berlin angekommen sind. Zudem muss man den politischen Entscheidern zu Gute halten, dass die Materie komplex und die Interessenslagen der Beteiligten alles andere als klar sind.

Zunächst zeigt die Digitale Agenda die Hilfslosigkeit der Politik und das Deutungsvakuum, das in den letzten 20 Jahren im Hinblick auf die aktive und strategische Gestaltung von Wirtschaftspolitik entstanden ist. So scheinen sich die handelnden Regierungsvertreter nicht bewusst zu sein, welchen Handlungsspielraum sie in Wirklichkeit besitzen und wie notwendig es wäre, diesen mit langfristigen Vorhaben auszufüllen.

Der Staat als Innovator

In ihrem aktuellen Buch „Das Kapital des Staates: Eine andere Geschichte von Innovation und Wachstum“ (englische Fassung: The Entrepreneurial State: Debunking Public vs. Private Sector Myths) belegt die Ökonomin Mariana Mazzucato eindrucksvoll und wissenschaftlich einwandfrei, welch elementar wichtige Rolle dem Staat als Wegbereiter und Initiator von Innovationen zukommt. Internet, iPhone oder erneuerbare Energien – nicht denkbar ohne die langfristig angelegten FuE-, Förder- und Investitionsprogramme von Staatsseite, wie die Professorin von der Universität Sussex stringent darstellt und empirisch belegt.

Denken- Ordnen -Gestalten

Zwar zeigt die Digitale Agenda 2014-2017, dass die Ausschüsse, Ministerien, Berater und Spin-Doctors ausgiebig nachgedacht und ge-brainstormed haben. Auch offenbart die Struktur der Agenda einen gewissen Ordnungssinn und das Verständnis für die umfassende Transformationsenergie, die von den neuen digitalen Technologien und Geschäftsmodellen ausgeht. Nur bleibt sie leider genau an diesem Punkt stehen. Gestaltung als Element der Politik – Fehlanzeige!

Statt klarer Programmatik wird ein breites Portfolio an Themen aufgespannt von vagen Überlegungen zur „Industrie 4.0“ bis zur Weiterentwicklung eines „Völkerecht des Netzes“. Die Frage wo zukünftig die Fabriken der digitalen Wirtschaft – sprich die Rechenzentren - angesiedelt und mit Strom versorgt werden sollen, wird in dem Papier nicht ansatzweise diskutiert. Und dies obwohl relativ schnell klar wird, dass die Standorte der Rechenzentren einer der determinierenden Faktoren im Hinblick auf Investitionen, Wertschöpfung, Datensicherheit und Besteuerung sind.

Investitionen wo seid Ihr?

Der mangelnde Gestaltungswille zeigt sich vor allem im Hinblick auf den Ausbau der digitalen – sprich Breitband-Infrastruktur. Das Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeiten zwischen Politik und Telekommunikationsanbieter ist nur noch schwer mit anzusehen. Zumal sich die Summen für den Netzausbau in einem überschaubaren Rahmen halten. Bei einem Investitionsvolumen von 25 Milliarden, das sich langfristig über 10 oder mehr Jahre finanzieren ließen, wären pro Jahr „nur“ rund 3 Milliarden Euro zu stemmen (inkl. Zinsen). Bei einem Jahresetat von 300 Milliarden und entsprechenden Rückflüssen aus dem Geschäft mit den schnellen Anschlüssen (Steuern, Gebühren) quasi ein Klacks. Und dabei doch so wichtig. Bei dieser Rechnung sollte man sich vielleicht sogar fragen, ob der Netzausbau nicht komplett in staatliche Hände gelegt werden sollte und die Telcos und Cloud-Anbieter sich die benötigten Kapazitäten einfach mieten. Das derzeitige Gezerre um die Verantwortlichkeiten und Monetarisierungschancen bzw. deren Regulierung schadet derzeit den Anwendern, Bürgern und Unternehmen – und somit der immer noch hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. (bw)

Den zweiten Teil der Analyse lesen Sie in Kürze.