CeBIT

Digitale Agenda soll deutsche Kompetenzen stärken

10.03.2014
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Industrie 4.0 und Sicherheit - das sind die Pfunde, mit denen der Standort Deutschland wuchern kann. Das haben auch die federführenden Ministerien der digitalen Agenda erkannt.

Mehr als 100 Mal kommt im Koalitionsvertrag das Wort "digital" vor - und damit häufiger als Wachstum und Wohlstand. Das beteuerte Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung auf der Eröffnung der "CeBIT Future Talks".

Alexander Dobrindt, Minister für Verkehr und Internet, Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, sowie Innenminister Thomas de Maiziere
Alexander Dobrindt, Minister für Verkehr und Internet, Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, sowie Innenminister Thomas de Maiziere

Dass Wachstum und Wohlstand der Bundesrepublik von der Digitalisierung abhängen, betonte kurz darauf Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Anlass war die offzielle "Übergabe" der "Digitalen Agenda 2014 - 2017" an die - allerdings nur virtuell anwesende - Bundeskanzlerin. Entscheidend werde vor allem sein, so Gabriel, ob es gelinge, die klassischen Kompetenzen der deutschen Wirtschaft mit der digitalen Welt zu verschmelzen: "Das ist es, was Deutschland kann und wo unsere Kompetenzen besser sind als anderswo."

Flächendeckendes Breitbandnetz

Nach dem "Monitoring-Report Digitale Wirtschaft", den TNS Infratest im Auftrag des Gabriel-Ministeriums erstellt hat, liegt Deutschland derzeit auf Platz 5 von insgesamt 15 untersuchten ITK-Standorten. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäusche, dass "wir in einigen Bereichen Nachholbedarf haben", so die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries auf dem "Executive Dialog" am Vortag der CeBIT: "Wir müssen sicherstellen, dass wir im Bereich Software nicht abhängt werden, dass wir unsere Kernkompetenz in Forschung und Entwicklung nutzen und ausbauen und dass wir innovative Neugründungen unterstützen."

Zu diesem Zweck wurde unter der Federführung von Wirtschaft- und Innenministerium sowie des Ministeriums für Verkehr und Internet die "Digitale Agenda" erarbeitet, laut Gabriel ein "Arbeitsprogramm", das Ziele und Bausteine für die digitalen Angebote der Bundesregierung festlege - nicht nur für die drei beteiligten, sondern auch für die anderen Ministerien. Voraussetzung dafür sei jedoch vor allem eine funktionierende Infrastruktur, sprich: ein flächendeckende Breitbandnetz.

Kostenfrage bleibt offen

Bei der Opposition erntet die Ministerallianz milden Spott. "So neu ist das alles nicht", so Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, auf dem Executive Dialog: "Schon 2009 hat die Kanzlerin messerscharf erkannt, dass es mit dem Breitband nicht so weit her ist. Und wer das bezahlen soll, ist wieder nicht geklärt worden."

Auf die konkrete Frage, ob die Agenda die Finanzierung behandle, antwortet Gabriel denn auch ausweichend. Die Industrie werde an den Kosten beteiligt, räumte er ein. Was das Breitbandnetz angeht, so haben Telekom & Co. wohl nichts anderes erwartet. Interessant wird sein, aus welchen Töpfen Geld für Startups kommt.

Fragwürdig ist aus von Notz' Sicht auch die "Zergliederung der Entscheidungen", sprich: die Verantwortung in den Händen dreier Minister. "Lieber ein Zugpferd als drei Ponies", so das Argument des Grünen-Politikers. Solchen Einwänden widersprach Innenminister Thomas de Maizière vehement: "Es ist abwegig, anzunehmen, dass ein einzelner Minister die Gesamtverantwortung haben könnte."

Die entscheidenden Fragen

Aus Gabriels Sicht sind vor allem zwei Fragen wichtig: Wie kriegen wir nötige Infrastruktur, und wie sorgen wir dafür, dass die Daten sicher sind? Auf dem zweiten Gebiet habe Deutschland quasi einen "Standortvorteil".

Dass die USA die Größte Gefahr für die Datensicherheit seien, will de Maizière allerdings nicht so stehen lassen: "Wenn morgen die NSA aufhörte zu arbeiten, wäre für die Sicherheit des Internet wenig gewonnen." Schließlich sammelten privatwirtschaftliche Unternehmen ebenfalls in großem Stil Anwenderdaten. Und erst vor wenigen Monaten hätten "Kriminelle" 16 Millionen Nutzeridentitäten gestohlen.

Startups mit kurzem Atem

Etwas, das in den USA besser laufe als in Deutschland ist für Gabriel die Förderung von Startups, "die in die Wachstumsphase kommen". Hierzulande bekämen die schnell Probleme, wenn das Venture Capital ausbleibe.

Die Zahl der Firmengründungen sei ohnehin zurückgegangen, so der Wirtschaftsminister. Was paradoxerweise damit zusammenhänge, dass die Wirtschaft wieder angezogen habe und potenzielle Gründer gute Jobs in den Unternehmen erhielten.

Dobrindt - ein Digital Native?

"Wir müssen uns überlegen, ob wir ein Consumer-Markt sein wollen", gab Alexander Dobrindt, Minister für Verkehr und Internet, zu bedenken: "Wir müssen bei künftigen Standards wieder vorn dabei sein und nicht warten, was andere machen."

Bis 2018 strebe Deutschland flächendeckend eine Netzleistung von 50 Mbit/s an, versprach der Internet-Minister, den Gabriel zu dessen Verblüffung einen "Digital Native" nannte: "Aber das kann nicht der Fixpunkt sein, sondern nur der Anfangspunkt einer Entwicklung."