Dirkmann wird Europachef, Santner übernimmt deutsche Filiale

Digital läßt Business Units nicht mehr an die Kunden heran

13.06.1997

Der bisherige Deutschland-Chef Hans Wolfgang Dirkmann - soeben löste er Vincenzo Damiani als Europa-Präsidenten ab - erklärte vor der Presse, man werde zwar intern an den weltweiten Business Units festhalten, dabei aber den Kundenkontakt auf jeweils einen einzigen Vertriebsverantwortlichen beschränken. Die international agierenden, aus den USA gesteuerten Geschäftsbereiche, deren Mitarbeiter Digital zuletzt direkt auf die Kunden losgelassen hatte, rücken damit wieder zurück ins zweite Glied.

Laut Dirkmann liegt diese Maßnahme durchaus im Trend. Viele der großen Wettbewerber leiteten gegenwärtig ähnliche Schritte ein. Offenbar sollen Synergien wiederhergestellt werden, die aufgrund der Fragmentierung in einzelne Geschäftseinheiten verlorengegangen waren.

Großkunden, auch als "Global Accounts" bezeichnet, betreut Digital künftig mit einem Team, das aus einem Account-Manager und diversem technischen Personal besteht. Die mittlere Klientel wird je nach Größenordnung ebenfalls vollständig oder teilweise von einem Vertriebler umsorgt. Dirkmann hält in diesem Zusammenhang eine "ganz gezielte Aufstockung des Personals im Lösungsgeschäft" für möglich, schließt aber eine breite Einstellungsoffensive aus. Im Gegenteil: Die zur Zeit etwa 2650 Mitarbeiter starke Belegschaft wird sich noch auf 2600 Beschäftigte reduzieren.

Anlegertreffen ohne DEC

Die deutsche Geschäftsführung des Unternehmens wird nun von Paul Santner angeführt, der zuletzt Generaldirektor der Schweizer Digital-Niederlassung war und in Deutschland kommissarisch den Geschäftsbereich "Systeme" betreute. Wachsen soll DEC im kommenden Jahr nach seinen Plänen vor allem im Produktgeschäft. Dabei setzt der Anbieter auf indirekte Kanäle: Laut Santner läuft der Verkauf von PC- und Netzequipment ausschließlich über Partner, und auch die Alpha-Rechner, die bisher noch zu 50 Prozent direkt verkauft werden, sollen im nächsten Jahr bereits zu 70 Prozent auf indirektem Wege an den Kunden gebracht werden.

Für das im Juni 1997 endende Geschäftsjahr gaben Dirkmann und Santner noch keine Ergebnisse bekannt. Man wirtschafte operativ "gut profitabel", habe jedoch hohe Restrukturierungskosten zu verkraften, hieß es.

Das Konzernergebnis dürfte von der Öffentlichkeit mit großem Interesse aufgenommen werden, hatten doch erst vor wenigen Wochen einige Digital-Aktionäre lauthals ihren Unmut kundgetan. Ein institutioneller Anleger beklagte den innerhalb eines Jahres um rund 40 Prozent gefallenen Kurs und beraumte für den 18. Juni 1997 ein informelles Treffen unter "Geschädigten" an. Anleger, die zusammen etwa 35 bis 40 Prozent aller DEC-Aktien besitzen, werden dort nach Informationen der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" über die Potentiale des Alpha-Chips, die Patentklage gegen den Chipgiganten Intel sowie über das "schwache Marketing" von DEC beraten.

Das Digital-Management ist nicht bereit, an dieser Zusammenkunft teilzunehmen. Aus der Zentrale in Maynard hieß es, man versorge den Geldmarkt regelmäßig mit allen nötigen Informationen und habe darüber hinaus nichts mitzuteilen. Dennoch rechnen Analysten damit, daß die Versammlung Digital-Boß Robert Palmer gehörig einheizen wird. Europa-Chef Dirkmann trägt jedoch Gelassenheit zur Schau: "Ein Aktionär mit weniger als einem Prozent der Anteile versucht hier Stimmung zu machen. Diese Person hatte vor sechs Monaten noch gar keine Aktie.