In Deutschland reicht es nur noch zu einem "ausgeglichenen Ergebnis"

Digital Equipment kämpft mit zunehmender Ertragsschwäche

01.06.1990

MÜNCHEN (CW) - Nachdem sie im Vorjahr noch zehn Millionen Mark Gewlnn erwirtschaften konnte, rechnet die Digital Equipment GmbH, München, für das am 30. Juni endende Geschäftsjahr 1989/ 90 nur noch mit einem ausgeglichenen Ergebnis.

Als Hauptgrund für die schlechte Ertragslage nannte Finanz-Geschäftsführer Hans-Joachim Nowak eine Ausweitung der Geschäftsbasis, die derzeit noch hohe Kosten verursache, langfristig aber die Profitabilität steigern soll. Dazu gehörten Umstrukturierungen, die auf mehr Kundennähe zielten, eine stärkere Betonung des Dienstleistungsbereichs sowie der Versuch, sich als Anbieter von Komplettlösungen zu profilieren.

Folgeaufträge sollen das große Geld bringen

Dabei habe man gelegentlich in Kauf genommen, daß ein Projekt nur eine "geringe Dekkung" erbringe. Einige der in den vergangenen Monaten übernommenen Großaufträge, etwa die Archivdokumentation für das Deutsche Patentamt und das Netz der Deutschen Bundesbank, seien nicht unbedingt mit finanziellen Erfolgen verbunden. Die sollen später die erhofften Folgeaufträge bringen. Den Wert dieser Großprojekte bezifferte Nowak mit insgesamt knapp 500 Millionen Mark.

Mit den neuen Aktivitäten versucht DEC, der Abhängigkeit vom immer enger werdenden Minicomputer-Markt zu entkommen. Um diese Ablösung und zugleich den geplanten Ausbau der Münchner und Stuttgarter Geschäftsstellen zu finanzieren, hat die Muttergesellschaft die Kapitalbasis der deutschen Tochter allein in diesem Jahr um 153 Millionen Mark verstärkt; weitere 50 bis 60 Millionen sollen folgen.

Anders als bei der amerikanischen Digital Equipment Corp., die sich seit einiger Zeit um eine kräftige Personalreduzierung bemüht, stieg in Deutschland die Mitarbeiterzahl bis Ende März um zehn Prozent auf derzeit 4400. Für das kommende Geschäftsjahr ist allerdings nur noch eine leichte Zunahme vorgesehen.

Während die deutsche GmbH ihren Umsatz um 18 Prozent auf 1,9 Milliarden Mark (1988/89: 1,6 Milliarden) erhöhen konnte, erwartet die Muttergesellschaft in Maynard, USA, nur noch ein Plus von vier Prozent. Im vergangenen Jahr hatte es noch elf Prozent betragen. Steil nach unten weist auch die Entwicklung bei den US-Gewinnen: Im Geschäftsjahr 1988/89 schrumpften sie um 18 Prozent; für 1989/90 wird mit einem Einbruch um 55 Prozent auf etwa 500 Millionen US-Dollar gerechnet.

Ursache für die mageren US-Erträge sind laut DEC unter anderem Umstrukturierungskosten, die allein im letzten Quartal 150 Millionen Dollar betragen hätten. Dazu seien die Kosten für Vertrieb und Verwaltung um 13 Prozent gestiegen. Dieses Problem "dramatisch steigender Vertriebskosten" haben nach Aussagen von Branchenbeobachtern derzeit alle Minicomputer-Hersteller. Weil sich das Hardwaregeschäft zunehmend auf Low-end-Produkte verlagerte, würde es immer schwerer, neue Käufer zu finden, während gleichzeitig die alten Kunden weniger kauften.

Um die Gefahr einer Übernahme, über die in letzter Zeit gelegentlich gemunkelt wurde, zu reduzieren, beschloß der DEC-Vorstand jetzt, fünf Millionen Aktien des Unternehmens zurückzukaufen.

Bei verfügbaren Barmitteln in einer Höhe von 2,16 Milliarden Dollar und einem derzeitigen Aktienkurs von 84 Dollar dürfte dies kein Problem für Digital darstellen. Angeblich wurden in den letzten Jahren bereits 8 Millionen Anteile für insgesamt 2,1 Milliarden Dollar zurückgekauft.