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"Level 26" von Lübbe

"Digi-Novel" soll Generation 2.0 für Bücher begeistern

14.12.2009
In der Generation 2.0 gibt es Freunde, die sich nur online kennen und fast ausschließlich über soziale Netzwerke wie Facebook kommunizieren.

Immer mehr Menschen verbringen ihre Freizeit zum Teil oder sogar überwiegend im Netz, lesen dort Zeitung, hören Musik und schauen sich Videos an. Viele befürchten, das gedruckte Buch könnte zu den Verlierern dieser Entwicklung gehören. Besonders um junge Leute wieder mehr für ihre Produkte zu begeistern, lassen Verlage sich einiges einfallen.

Foto: Bastei Luebbe Verlag

Mit dem Psycho-Thriller "Level 26" hat nun Lübbe den nach Verlagsangaben ersten digitalen Roman der Welt, die sogenannte Digi-Novel, auf den Markt gebracht. Der Name ist markengeschützt. Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen die aus Lübbe-Sicht innovative Idee, jedes Buchkapitel mit Webcodes abzurunden. Auf der Website www.level26.com kann der Leser Codes wie "SNUFF", "SQWEEGEL" oder "PRACTICE" eingeben und erhält so Zugang zu Videos oder Audio-Dateien, die die Handlung abrunden, ergänzen oder weiterführen. Voraussetzung ist die Anmeldung mit einer gültigen E-Mail-Adresse.

Das erfordert allerdings eine relativ hohe Schmerzgrenze, handelt es sich bei Level 26 doch um ein besonders blutrünstiges Buch. Der Thriller erzählt die Geschichte von der Suche nach einem brutalen Massenmörder. Der Mann, der "Sqweegel" genannt wird und bei seinen Taten ein Ganzkörperkondom trägt, sucht sich über Jahre hinweg immer wieder neue Opfer, die er mit perfidesten Methoden und perverser Leidenschaft quält, bevor er sie tötet.

Er steckt ein Baby in den Backofen und schlitzt eine Mutter vor den Augen ihres gefesselten Kleinkindes auf. Darum hat er bei der Polizei den Stempel Level 26 erhalten - für besonders abartige Mörder. Die Skala beginnt bei Level 1 (Zufallstäter) und endete bei Level 25 (Folterer und Schlächter) - bevor "Sqweegel" auftauchte.

Um sich auch Jahre nach dem Mord noch daran "erfreuen" zu können, filmt der Killer seine Greueltaten. Hier kommt zum ersten Mal das Format der "Digi-Novel" ins Spiel. Als "Sqweegel" den Film "Die Hure des Senators" aus seiner umfangreichen Sammlung - die auch Titel wie "Rothaarige Schlampe vor der Hochzeit" oder "Die Nutte von den Nachrichten" enthält - anschaltet, heißt es auf der nächsten Seite: "Um den Acht-Milimeter-Film zu sehen, gehen Sie auf die Webseite www.level26.com und geben dort den Code 'SNUFF' ein."

Wer sich dazu durchringen kann, den erwartet ein rund drei Minuten langes, professionell gemachtes Grusel-Video aus dem Folterkeller. Andere Links führen zu einer Audio-Datei von der Telefon-Konferenz der Polizei oder einem Video, in dem die Frau des ermittelnden Ex-Kommissars Steve Dark versucht, ihn zu verführen. Um "sexuelle Spannung zu erleben" muss der Leser "SIBBY" eintippen. Das Buch setzt neben der Internetaffinität seiner Leser vor allem auf deren Voyeurismus.

Doch nicht nur diese Codes, die das Gruseln auch akustisch und visuell vermitteln wollen, sollen den Mediennutzer von heute für die neue Buchform begeistern. Die Leser können sich - offen oder maskiert - im Forum auf der Website ein Profil anlegen und mit anderen Lesern und auch den beiden Autoren - darunter Anthony Zuiker, der Erfinder der Krimi-Serie "CSI" - diskutieren. Nach Verlagsangaben nimmt der Autor auch Tipps für die Handlung und die Entwicklung der Charaktere entgegen. Aus der Geschichte soll eine Trilogie werden.

Für Diskussionsgrundlage sorgen wiederum die Internetfilmchen. So wird aus Steve Dark, den man sich gerade möglicherweise noch leicht dicklich, mit Schnauzbart und graumeliertem Haar vorgestellt hat, ein junger, attraktiver Mann mit Zopf.

Mag sein, dass die Digi-Novel versucht, die unendlich scheinenden Möglichkeiten des Internets zu nutzen und neue Wege zu beschreiten. Nicht ganz nachvollziehbar ist allerdings, warum der Verlag gerade einen derart blutrünstigen Stoff für seine insgesamt originelle Idee gewählt hat. Vor allem aber bleibt dabei etwas, das Bücher über Jahrhunderte ausgemacht hat, auf der Strecke: die Fantasie des Lesers. (dpa/tc)