Statistik der Frankfurter Marktforscher deutet auf zweiten Frühling für BS2000 hin:

Diebold sieht Siemens in guter Marktposition

18.03.1988

MÜNCHEN/FRANKFURT (ujf) - Wenn es nach der Diebold-Statistik über die derzeit im Lande installierten Rechner geht, liegt Siemens gar nicht so schlecht im Rennen. Trotz des hauseigenen Betriebssystems BS2000 hätte der Münchner Konzern seine Position bei den kommerziellen Anwendungen ausbauen können. Der Siemens-Anteil am Bestandswert "großer" Systeme liege bei 26,4 Prozent. Den Marktführer IBM sieht Diebold bei nur 47,4 Prozent (siehe Grafik).

In der Bundesrepublik spielen immerhin vier Computeranbieter eine - nach parlamentarischen Maßstäben gemessen - nennenswerte Rolle in der klassischen Datenverarbeitung: IBM, Siemens, Unisys und Comparex. Die sonstigen Konkurrenten des Quartetts bleiben, unter der Fünf-Prozent-Marke, was ihren Anteil am Bestandswert "großer Systeme für kommerziellen Einsatz" betrifft. Bull hätte mit 3,7 Prozent immerhin noch eine ähnliche Bedeutung für den Anwender wie die FDP für die Wähler im Ruhrgebiet. Amdahl, NAS, DEC, Tandem und Nixdorf müßte man als Splitterparteien ansehen.

Das Zahlenmaterial, das dieser Einstufung zugrunde liegt, haben die Marktforscher der Beratungsfirma Diebold Deutschland GmbH zusammengetragen; veröffentlicht wird es dieser Tage im Rahmen der "Diebold-Statistik der installierten elektronischen Informationssysteme in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 1.1.1988 ". Das Frankfurter Consulting-Unternehmen zieht allerdings in der jährlich erscheinenden Hardware-Bestsellerliste die Grenze zwischen "großen" und "mittleren" Systemen recht nah bei Rechnern für den Mittelstand. So zählen insgesamt 12 000 kommerziell genutzte Computer wegen ihres Preises von über einer halben Million Mark schon zu den "großen Systemen"; 78 500 Rechner zwischen 100 000 und 500 000 Mark gehören zur Kategorie der "Mittleren", weitere 106 000 Geräte ab. 25 000 Mark gelten als "klein" und 1,5 Millionen als "Mikro".

Innerhalb dieses Szenarios entgeht die IBM einer Klassifizierung als Monopolist, denn ihr Anteil am Wert der installierten "großen" Maschinen bleibt unterhalb der absoluten Mehrheit. Bei den "kleinen und mittleren" Systemen, deren Gesamtwert mit 18,3 Milliarden Mark nicht einmal die Hälfte des Volumens der "Großen" erreicht, erscheint Big Blue gar als einer von vielen. Um dem Bild vom Parlament treu zu bleiben: eine italienisch anmutende Vielparteienlandschaft unter Führung von Nixdorf (siehe Grafik).

Bei Siemens zeigt die Statistik, daß mit dem hauseigenen Betriebssystem BS2000 noch echte Absatz-Spitzen zu erreichen sind: Nach der von dem Münchner Unternehmen nicht bestätigten Diebold-Erhebung stieg die Zahl der Großrechner des Typs 7.580 gegenüber Januar 1987 von 65 auf 240. Vom MX 500, einem viel billigeren neuen Unix-System, wurden währenddessen 330 Exemplare ausgeliefert. Echte Renner waren die kleinen Unix-Workstations MX 2 und MX 4, die sich auf 7400 Exemplare fast verdoppelten.

Die IBM konnte laut Diebold-Liste ihre 3090-Installationsbasis um 85 auf 265 Rechner vergrößern. Für die nächstniedrigere Modellreihe 4381 weist Diebold 1375 (1000) Systeme aus und für das Midrange-Produkt /38 über 2000 Installationen oder neun Prozent mehr als zum 1. Januar 1987. Außerdem scheint der "Mittelstandsexpreß" gut in Fahrt gekommen zu sein mit dem System /36: Die 8760 laut Diebold im Markt verteilten Geräte stehen einer Vorjahresstückzahl von 6750 gegenüber.

Beim westfälischen DV-Konzern Nixdorf, der im Gegensatz zu dem bayerischen Elektroriesen und dem württembergischen US-Ableger den Marktforschern die Zahlen bestätigte, mauserte sich das Unix-Modell Targon zu einem wichtigen Umsatzträger: 879 Systeme waren zum Stichtag in bundesdeutschen Unternehmen im Einsatz. Die gute alte 8870 läuft immer noch - im Vorjahr noch unterhalb von 20 000 Stück, erreichte der Bestand bis zum 1. Januar die Zahl 22 850.

Schlechte Karten hatte bei der Diebold-Zahlenparade Minicomputer-Spezialist Digital Equipment: DEC spielt zwar bei den "großen Systemen" als einer von den sieben Zwergen mit, wird aber bei den mittleren Systemen überhaupt nicht erwähnt. Des Rätsels Lösung: Die Diebold-Empiriker widmeten ihr Hauptaugenmerk den Computern, die überwiegend im kommerziellen Bereich eingesetzt werden. Und das ist, nach wie vor, nicht die Domäne von DEC.