Diebold-Konferenz mit MlS-Strategien für eine Anspruchslage im Wandel:Informationsmanager unter Erwartungsdruck

04.04.1986

Wettbewerbsvorsprung durch Informationstechnik: diese Verheißung wollen viele Unternehmensleitungen mittlerweile realisiert sehen. Im Spannungsfeld neuer Möglichkeiten, in dem sich Qualitätsansprüche und Quantität, die Forderung nach Flexibilität und das Prinzip der Wirtschaftlichkeit gegenüberstehen, scheinen Aufgaben der für Organisation und Informationstechnik Verantwortlichen nahezu unlösbar. Die Diebold-Konferenz "Mega MIS 1990" der Beratungsgruppe vom 26. bis 28. Mai 1986 in Wien will hier Handlungsmaximen entwerfen helfen.

Es allen recht zu machen ist eine Kunst, die auch der erste Informationsmanager nur unvollkommen beherrscht. Zumal er mit Widrigkeiten kämpfen muß, deren Ursachen er nicht alle selbst zu verantworten hat. Doch wer sich kraft seines Amtes hier exponieren muß, wird rasch zum Sündenbock erklärt.

Wie es heute in vielen Betrieben aussieht, verdeutlichen einige Szenenbilder. Anstelle der knapp 900 Terminals, die es vor fünf Jahren gab, sind heute über 5000 installiert. Niemand weiß so recht, welche davon gerade defekt sind oder wie viele Mitarbeiter Probleme mit ihrer Anwendungssoftware haben. Denn viele der Terminals werden heute nur noch bei Bedarf kurz genutzt; um so ärgerlicher ist dann, daß sie nicht funktionieren, wenn man sie braucht. Das Online-Netz reicht inzwischen bis nach Frankreich oder auch Amerika, aber der Softwareabsturz passiert natürlich immer dann, wenn hierzulande Nacht oder Feiertag ist.

Vor dem Information Center stehen die sogenannten Endbenutzer quasi Schlange. Jeder hat sein eigenes Problem, jeder kommt mit einem speziellen Wunsch nach Daten aus der zentralen DV. Einige Frustrierte sind darunter, bei denen die Disketten mit dem fehlerhaften Release eines bekannten PC-Softwarepaketes nicht eingezogen wurden. Bei mehr als 500 Personal Computern, die inzwischen wer weiß wo stehen, ist das kein Wunder. Im Rechenzentrum arbeiten kanalgekoppelt fünf Großcomputer. Jedes Jahr kommt ein weiterer hinzu, denn der Leistungsbedarf steigt pro Jahr um 30 bis 50 Prozent. Nicht zuletzt wegen der ganz harmlos 4GLs (Fourth Generation Languages) genannten Instrumente. Und das Unternehmen hängt immer stärker davon ab, daß - fast - alles funktioniert.

Das Szenario verdeutlicht es; die Anwender wachsen in eine neue Dimension der Informationsverarbeitung hinein. Hier geht eine Saat auf, die die Branchengurus ausgestreut haben: Wettbewerbsvorsprung, mehr Marktnähe, bessere Entscheidungen - und das alles durch Informationstechnik. Diese Verheißungen wollen die Unternehmensleitungen nunmehr realisiert sehen. Ebenso die Saat der ganzseitigen Anzeigen der Anbieter: Eine rapide wachsende Anzahl von Mitarbeitern verlangt qualifizierte und individuelle DV-Hilfe für die unterschiedlichsten Aufgaben.

Alle schauen erwartungsvoll auf den Org/DV- oder Informationsmanager. Und dieser findet sich im Teufelskreis der Anforderungen gefangen: Er soll Qualität liefern - möglichst individuell für jeden einzelnen, anders und besser als der Wettbewerb, und dies in immer größerer Quantität. Er soll flexible Systeme bereitstellen, aber das Prinzip der Wirtschaftlichkeit nicht vergessen. Und oft fragt die Unternehmensleitung nach, warum diese oder jene in der Werbung angepriesene Patentlösung noch nicht realisiert wurde. Der Erwartungsdruck ist groß.

Wenn der Informationsmanager dies alles schafft, kommt er in die oberste Managementetage. Wenn nicht, wird er zum Fossil aus der Batch- oder gar Lochkartenzeit abgestempelt, auf ein Abstellgleis geschoben oder kann gar seinen Hut nehmen.

Auch das Umfeld macht es ihm nicht leichter: Beim Hardwareangebot dreht sich das Innovationskarussell immer schneller. Angekündigte Produkte werden erst nach Jahren ausgeliefert. Scheinbar reife Software ist alles andere als stabil. Standards fehlen, und die meisten Kompatibilitätsversprechen sind fragwürdig. Die Mannschaft im eigenen Haus ist noch auf Cobol fixiert, und Mitarbeiter, die etwas von Telekommunikation verstehen, werden schon seit Jahren gesucht. Kein Wunder, daß sich manche DV-Leiter durch die Erklärung Luft verschaffen, daß das Produkt des Marktführers, das als einziges zukunftsweisend sei, noch nicht verfügbar wäre.

Guter Rat ist hier oft gefragt. Und dies nennen die Veranstalter des Diebold-Forschungsprogramms als Grund, die kommende internationale Jahreskonferenz dieser Thematik zu widmen. Sie findet vom 26. bis 28. Mai 1986 in Wien statt. Unter dem Titel "Mega MIS 1990 - Weichenstellung für neue Dimensionen der Informationsverarbeitung" sollen Fragen angegangen werden wie:

- Wie müssen Informationssysteme heute geplant und gestaltet werden, damit sie zukunftssicher in die 90er Jahre führen?

- Wie kann das heutige technische Instrumentarium wirtschaftlich eingesetzt werden?

- Welche Hilfe ist von der zukünftigen technischen Entwicklung zu erwarten?

Die richtigen technischen Lösungen kann nur einsetzen, wer die Trends in der Informationstechnik kennt. Mit dem Chefwissenschaftler der IBM, Dr. L.M. Branscomb, sei, so Diebold, ein "besonderer Fang" gelungen. Branscomb, zugleich IBM Vice President, wird über die "Systemarchitekturen und Technologien der 90er Jahre" sprechen. Von ihm werden Antworten auf die Diebold-These erwartet, daß die Qualität von Produkten und Dienstleistungen nicht zuletzt daran gemessen wird, inwieweit sie leicht benutzbar und auch leicht einführbar sind.

Die Verfügbarkeit von Informationen ist künftig ohne Datenbanken nicht mehr denkbar. Doch auch hier geht die Entwicklung weiter. Der Münchner Informatiker Professor Rudolf Bayer wirft einen Blick in die Zukunft der Datenbanksysteme und befaßt sich mit intelligenten Benutzerschnittstellen.

Das alles erfordert entsprechende Software Deshalb sind die Tendenzen im Software-Engineering bedeutsam. Hiermit befaßt sich der Franzose Jean-Claude Fraval, Technischer Manager des Cerci-Instituts, Fontenay s/Bois.

Die Umsetzung solcher Trends in die Planung des einzelnen Unternehmens ist Sache des Informationsmanagers. Er muß sich aber auch mit der Frage auseinandersetzen, wie Informationssysteme heute gestaltet und zukunftssicher geplant werden können, ferner, welches technische Instrumentarium wirtschaftlich einsetzbar ist. Der MAP-Koordinator von General Motors, C.A. Durham, wird mit seinem Thema zum "Design von Kommunikationssystemen zur Fabrikautomation" sicher besonders aufmerksame Zuhörer finden. Mit den Herausforderungen, denen sich der Handel gegenübersieht, setzt sich Dr. Bryan Mayoh vom britischen Versand- und Kaufhausunternehmen Littlewoods auseinander. Roland Linderoth, Direktor der Volvo Data AB, spricht zum Thema "Management des Wachstums - Migrationsstrategien zur Erfüllung dynamisch ansteigenden Leistungsbedarfs".

Ihren Abschluß, so der Veranstalter, findet die Konferenz mit der Kernthematik "Mega MIS 1990" und der Fragestellung, wie die Organisationen auf die Zukunft eingestellt sein müssen. Raymond L. Giovanelli, MIS-Manager der Johnson & Johnson Corporation, befaßt sich mit den Auswirkungen, die die fortschreitende Dezentralisierung der Informationsverarbeitung auf die MIS-Aufgaben haben wird. Schließlich will er Empfehlungen für das MIS-Management, das seine künftigen Aufgaben vor dem Hintergrund wachsender Bedeutung der Informationstechnik als Wettbewerbsfaktor sehen muß, geben. Referent ist Alfred Reiter, Vorstand der Österreichischen Investitionskredit AG, Wien.

Die Einstimmung auf diese Betrachtungsweise übernimmt John Diebold in seinem Eröffnungsreferat am ersten Konferenztag. Er will darin zugleich die Leitlinie für alle zukunftsbewußten Manager festlegen.

Informationen: Diebold Deutschland GmbH, Feuerbachstr. 8, 6000 Frankfurt/Main, Telefon 069-7 19 71 53 (Frau Pegrum), oder Diebold GmbH, Rennweg 17, A-1030 Wien, Telefon 0 04 32 22-75 75 78.