"Die Zukunft der Software heißt Teilen"

09.03.2006

Statt Java quelloffen herauszugeben, habe Sun mit dem Java Community Process (JCP), so Loiacono, "wahrscheinlich den offensten Open-Source-Entwicklungsprozess der Welt" eingerichtet. Die weit verbreitete Kritik, letztlich kontrolliere einzig Sun die Innovationslinien bei Java, lässt er nicht gelten. "Die Entwicklung von Java wird nicht nur von Sun bestimmt. Eine ganze Menge wird außerhalb, von anderen Teilnehmern am JCP definiert."

Sun hat in den letzten Jahren die Beobachter irritiert, weil es seine Positionen gegenüber Linux immer wieder radikal geändert hat (siehe Kasten "Zickzack-Kurs"). So hieß es, Linux-Anwender würden auf rechtlich unsicherem Boden arbeiten. Bei anderer Gelegenheit ist Firmenchef Scott McNealy in Pinguin-Verkleidung aufgetreten, um zu verkünden: "We love Linux!" Auch heute weicht Loiacono einer Positionsbestimmung aus, indem er nur von Open Source redet: "Sun basiert auf Open Source: Unser erstes Betriebssystem war BSD, zu einer Zeit, als noch alles in der IT proprietär war. Als wir das Network File System freigegeben haben, hat man uns für verrückt erklärt."

Derzeit sei Open Source am Übergang in eine neue Phase, die der Konsolidierung. Loiacono: "Eine neue Technik entsteht, wird reif, und es kommt zur Konsolidierung." Schließlich gebe es heute auch nicht mehr 500 Automarken. "In Sachen Open Source hat die Konsoliderung schon 2005 oder eher eingesetzt", meint der Sun-Manager. "Sun hat einige Unternehmen gekauft. Alle großen Player sind auf Einkaufstour. Was wir gesehen haben, war noch längst nicht alles." Auch Sun werde weitere Unternehmen kaufen. "Wir werden unsere Kasse nutzen, um am Markt aggressiv gegen unsere Wettbewerber aufzutreten. Dabei sind Open-Source-Firmen ebenso interessant wie Closed-Source-Unternehmen."

Dass bei einer Übernahme einer Open-Source-Firma durch eine Branchengröße die Community das Interesse an der Weiterentwicklung ihrer Produkte verlieren könnte, glaubt Loiacono nicht. "Open-Source-Entwicklung ist kein Werk von unabhängigen Entwicklern. Da gibt es nur Ausnahmen wie den Linux-Kernel. In Wirklichkeit wird die Entwicklung meistens von Angestellten eines Unternehmens getragen." So werde die Datenbank MySQL ausschließlich von der gleichnamigen Firma entwickelt, während die Community nur bei Testing und Debugging eine Rolle spiele.

Zickzack-Kurs

Sun ist gegenüber Open Source kaum kontaktscheu. Die Firma hat erkannt, dass quelloffene Software vielfach sehr nützlich für die eigenen Umgebungen und vor allem die beste Methode für weitere Verbesserungen der Programme ist. Doch mit Linux tut Sun sich schwer. Das Unternehmen hat mehrfach seine Position gegenüber dem quelloffenen Betriebssystem geändert und dadurch Vertrauen in der Linux-Anhängerschaft eingebüßt. Einige Beispiele:

* Im Jahr 2000 kaufte Sun für zwei Milliarden Dollar das Unternehmen Cobalt Networks, einen Hersteller Linux-basierender Appliances. Doch drei Jahre später wurde diese Produktreihe eingestellt.

* Zu Anfang dieses Jahrzehnts kooperierte Sun eng mit Red Hat und vertrieb dessen Linux-Distribution. Dann begann man mit der Vorbereitung einer eigenen Linux-Distribution, beendete die Kooperation und bezeichnete Red Hat Linux im Jahr 2004 gar als proprietäres Betriebssystem. Schließlich wurde das eigene Linux gestoppt und Suse Linux der Vorzug gegeben. Inzwischen wird Solaris als das bessere Betriebssystem für x86-Umgebungen direkt gegen Linux positioniert.

* Suns Open-Source-Software und seine freigegebenen Patente sind von der Lizenz CDDL begleitet. Sie verlangt, Weiterentwicklungen ebenfalls unter die CDDL zu stellen. Damit ist die Vermischung von CDDL- und GPL-Software ebenso wenig möglich, wie die Nutzung der Sun-Patente in GPL-Projekten. Dies hat zu großem Unmut in der Open-Source-Community geführt.