In der DV gibt es immer noch mehr Geld zu verdienen als in anderen Branchen:

Die Zeit hoher Zuwächse bei DV-Gehältern ist vorbei

27.05.1988

Der Bedarf an qualifizierten DV-Fachkräften ist unverändert hoch. Die Gehälter in der Informationsverarbeitung liegen zwar immer noch über dem Durchschnitt anderer Branchen. steigen aber nicht mehr so rapide an wie in den vergangenen Jahren. Erhardt Schmidt von der Kienbaum Vergütungsberatung gibt einen Überblick über die Gehaltsstruktur 1988.

Durchschnittliche Gehaltszuwächse in der DV-Branche von acht Prozent und mehr - wie in den 70er Jahren - sind heute nicht mehr realisierbar. So lag die durchschnittliche Steigerungsrate von 1987 auf 1988 bei vier Prozent. Der Leiter Organisation und Datenverarbeitung verdiente 1968 noch bescheiden anmutende 38 000 Mark pro Jahr. Zehn Jahre später hatte sich sein Einkommen bereits auf 76 700 Mark verdoppelt. Weitere zehn Jahre später kann er nur noch 78 Prozent mehr, nämlich 136 900 Mark auf seinem Konto verbuchen.

Die Durchschnittseinkommen von Führungskräften in der Datenverarbeitung liegen leicht über den Abteilungsleitern anderer Bereiche. Der "Leiter Organisation und Datenverarbeitung" erhält - meist als Hauptabteilungsleiter - genau soviel Geld wie ein Personalleiter. Überhaupt sind Vergütungsniveau und -strukturen von DV-Führungskräften mit Leitern anderer Bereiche durchaus vergleichbar. Bei den qualifizierten Fachkräften - Systemanalytiker, Organisatoren, Systemprogrammierer, Anwendungsprogrammierer usw. - sieht es schon wieder ganz anders aus. Hier hat die "DV-Zukunft" einen echten Einkommensvorsprung gegenüber anderen Berufsgruppen.

Zum Kreis der Führungskräfte in der DV zählen neben dem Leiter Organisation/Datenverarbeitung die Leiter DV, Programmierung, Rechenzentrum sowie Datenbank und Datensicherung. Neben dem "Leiter DV" mit jährlich 113 000 Mark Einkommen liegen die anderen mit etwa 100 000 Mark dicht beieinander. Die enormen Einkommensdifferenzen innerhalb ein- und derselben Position verdeutlichen jedoch die Unsicherheit bei der Gehaltsfestsetzung. Sie reichen von 40 000 Mark bis maximal über 200 000 Mark jährlich. Je niedriger das Qualifikationsniveau, desto geringer werden die Gehaltsspannen. Schwierigkeiten der speziellen Aufgabenstellung, Qualifikation des Mitarbeiters können diese Vergütungsdifferenzen rechtfertigen. Aber auch andere Kriterien beeinflussen das Einkommen und rufen so Gehaltsunterschiede hervor:

Unternehmensgröße, Größe der DV-Anlage, Firmensitz, Alter, Ausbildung und immer noch Geschlecht. Die angegebenen Gehälter sind Jahresgesamtbezüge, sie setzen sich zusammen aus dem Jahresgrundgehalt (Bruttomonatsgehalt mal Anzahl der Gehaltszahlungen pro Jahr) plus variablen Verfütungsteilen wie Prämien, Tantiemen und Boni.

Große Unternehmen und SW-Häuser zahlen gut

Große Unternehmen zahlen im allgemeinen ihren Mitarbeitern höhere Gehalter. Eine Ausnahme machen da nur Softwarehäuser und Rechenzentren. Sie zählen zwar durchweg zu den kleineren Unternehmen, ihre Mitarbeiter zeichnen sich aber in aller Regel durch ein besonderes hohes Maß an fachlicher Qualifikation aus. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine höhere Entlohnung, die 1988 bei durchschnittlich fünf Prozent liegt. Vor allem bei den leitenden Mitarbeitern kann die Frage, in welchem Unternehmen man beschäftigt ist, eine entscheidende Rolle spielen. Zwischen Klein- und Großunternehmen bestehen in diesen Fällen Differenzen bis zu 30 000 Mark jährlich. Mit der Wahl des Unternehmens kann der einzelne sehr wohl Einfluß auf sein Gehalt nehmen. Außer der Größe des Unternehmens ist auch die Branche ein Faktor, der gewisse Pluspunkte bringen kann.

Die höchsten Gehälter zahlen die Chemiebranche,- die Branche Büromaschinen/DV-Anlagen und die Elektroindustrie. Der Wohnortwechsel in ein anderes Bundesland, um dort mehr Gehalt zu bekommen, lohnt sich für DV-Leute nicht mehr. Ländertypische Unterschiede bei Gehältern gibt es nämlich nicht. Vielmehr ist hier die wirtschaftliche Struktur von Städten und Gemeinden von Bedeutung. Die Angebots- und Nachfragesituation qualifizierter DV-Mitarbeiter nimmt hier entscheidend Einfluß auf die Gehaltshöhe. In diesem Jahr liegen Frankfurt mit zwölf sowie Köln und Düsseldorf mit sieben Prozent über dem Gesamtdurchschnitt Wirtschaftliche Unsicherheit und hohe Arbeitslosigkeit - wie im Ruhrgebiet - lassen dagegen das Gehaltsniveau hier auf sieben Prozent unter den Durchschnitt sinken.

Frauen sind immer noch unterrepräsentiert

Einen deutlichen Einfluß auf das Gehalt des Mitarbeiters nimmt die Größe der DV-Anlage - gemessen an ihrem Mietwert. So erhält ein Anwendungsprogrammierer, der mit einer Anlage bis 100 000 Mark Monatsmiete arbeitet, 59 200 Mark im Jahr. Sein Kollege, der mit der größeren und anspruchsvolleren Anlage arbeitet, kann bereits 68 000 Mark für sich verbuchen.

Gehaltsbestimmende Kriterien, auf die der Mitarbeiter keinen Einfluß nehmen kann, sind Alter und Geschlecht. Mit zunehmendem Alter steigt der Verdienst (vor allem in jüngerer Jahren macht sich die Karriere auch beim Einkommen bemerkbar), im dann bei der Altersklasse der etwa 45jährigen zu stagnieren. Über den Zusammenhang von Geschlecht und Einkommen gibt es nichts Neues zu berichten: Frauen verdienen im Schnitt zehn Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Außerdem sind sie im DV-Bereich immer noch kraß unterrepräsentiert, wie ein Vergleich der vergangenen fünf Jahre erkennen läßt. In den Führungspositionen liegt der Frauenanteil bei knapp vier und in den Fachpositionen bei 14 Prozent. Ausgenommen sind die Positionen .Leiterin Datenerfassung und "Datentypistin", die bis zu 98 Prozent mit Frauen besetzt sind.

Eine wachsende Durchdringung der DV in den Unternehmen als auch eine ständige Weiterentwicklung von Hard- und Software haben einen permanenten Nachholbedarf einer qualifizierten Ausbildung als auch sich ständig ändernde Berufsbilder zur Folge. Neben den DV-Kernberufen, bei denen sich DV-Experten im wesentlichen mit der Erstellung und Pflege der Software beschäftigen, die Betriebssysteme kennen und den Einsatz der Systemsoftware und der Standardprogramme beherrschen, gibt es noch die DV-Mischberufe. Sie beschäftigen sich sowohl mit der DV als auch mit dem Anwendungsfeld. Sie kommen zumeist aus einem konventionellen Beruf und haben sich nachträglich DV-Kenntnisse angeeignet. Organisatorisch sind sie zumeist den Fachabteilungen zugeordnet.

Eine neue Position, deren Funktion schon lange bekannt ist, aber immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist der "Benutzerservice". Über ihn wird oft die Zusammenarbeit der DV mit den Fachabteilungen koordiniert. Darüber hinaus berät er bei der Realisierung einer Anwendung, der Hardware-Beschaffung, der Auswahl von Standardsoftware. Er leistet Soforthilfe bei<Hard- und Softwareproblemen (Hotline-Funktion) und gibt Hilfestellung bei der Eigenentwicklung von Software, falls keine geeigneten Programme am Markt verfügbar sind. Der "Benutzerservice-Mitarbeiter" ist durchschnittlich 35 Jahre alt, fünf Jahre in seiner Position und hat einen Hochschulabschluß. Seine Jahresgesamtbezüge nach Alter gegliedert zeigt die Abbildung 2.

Ein Trend zu einer qualifizierten Ausbildung ist in der DV wie auch in anderen Bereichen deutlich erkennbar. Aber auch bisher gab es sichtbare Gehaltsabstufungen nach Ausbildungsabschlüssen innerhalb ein- und derselben Position. So verdient ein "Leiter der Organisation und Datenverarbeitung" mit Volksschulabschluß 116 000 Mark, als Hochschüler aber 150 000 Mark. Der "Leiter Rechenzentrum" kann mit Universitätsdiplom bis zu 16 000 Mark mehr verdienen als sein Kollege mit Volksschulabschluß. Je niedriger man aber in die Qualifikationsstruktur kommt, desto mehr verwischen sich diese Unterschiede.