Die Tendenz zum Fremdwarter ist ansteigend, aber

Die Wahl des TPM-Anbieters sollte stets sorgfältig erfolgen

26.10.1990

Der Trend zur Third-Party-Maintenance (TPM) nimmt in Deutschland stetig zu. Doch die Wahl des Servicepartners sollte mit großer Sorgfalt geschehen. Birgit Fischer beschreibt die verschiedenen TPM-Anbieterkategorien und gibt eine Check-Liste an die Hand, mit der der Kunde in Frage kommende Fremdwarter unter die Lupe nehmen kann.

Der Begriff Third Party Maintenance (Wartung durch eine dritte Partei) tauchte erstmals in den 60er Jahren in den USA auf. Hinter ihm verbirgt sich der Ursprung der heutigen unabhängigen Wartung. In den 70ern nah m das TPM-Geschäft auch in Europa Bedeutung an. Es basierte auf der Ausweitung der Herstellerwartung über die eigene Produktpalette hinaus. Diese Entwicklung war durch den Anwender getrieben, der sich bei einer mehrere Hersteller umfassenden Hardware-Umgebung nur einen einzigen Ansprechpartner bei Störungen wünschte.

Darüber hinaus entwickelte sich der PC im Zuge der Integration vom Einplatzsystem zum komplexeren, vernetzten Arbeitsplatz. Mit dieser Trendwende wurde das Wartungsgeschäft als Teil der Computerdienstleistungs-Industrie anerkannt. Große Unternehmen übergeben bereits zentrale DV-Funktionen an externe Dienstleister. Dies bewies unter anderem die Kodak Corporation 1989, als sie ihre Rechenzentrumsaktivitäten und Datennetzverwaltung externen Unternehmen anvertraute.

Den Computerdienstleistungs-Markt schätzen Marktforschungsinstitute für das Jahr 1990 auf zirka 140 Milliarden Mark. Hiervon repräsentiert Deutschland mit fünf Milliarden Mark etwa ein Fünftel des westeuropäischen Marktes.

Diesen Markt teilen sich fünf verschiedene Anbieterkategorien:

1. Unabhängige Wartungsunternehmen, beispielsweise Granada, Sorbus und Telub Bitronic.

Unter diesem Begriff sind all die Unternehmen zusammengefaßt, die keine Hardwareproduktion besitzen und herstellerunabhängig die Wartung sowie Reparatur von Hardware und mittlerweile zum Teil auch Softwarepflege durchführen. Ihre Stärken liegen in ihrer unternehmerisch günstigen Kostenstruktur, ihrem relativ hohen Bekanntheitsgrad und in der flächendeckenden Anzahl an Niederlassungen. Schwächen zeigen sie einstweilen im Service von PC-Produkten, in ihrer mangelnden Flexibilität gegenüber individuellen Kundenanforderungen und durch die geringe Dienstleistungsbreite.

2. Computervertriebsketten und -händler, zum Beispiel Computerland und House of Computers.

Diese Firmen halten mit EDV-Herstellern Hardware Distributions-Verträge und bieten darüber hinaus für diese Produkte eigenständige Wartungsleistungen an. Ihr Vorteil ist, daß sie dem Käufer ein alles umfassendes (Hardware-, Software- und Service-) Paket anbieten können. Nachteilig wirkt sich das angezweifelte Qualitätsimage und ein oft mangelndes technisches Detailwissen aus.

3. EDV-Hersteller und Original Equipment Manufacturer (OEMs), zum Beispiel DEC, IBM, Intel, Unisys.

Dies sind Produzenten von Datenverarbeitungsgeräten und -Teilen, die Serviceleistungen für ihre eigenen Entwicklungen erbringen und zum Teil die Generalunternehmerschaft für angeschlossene "Fremd" Produkte übernehmen. Der Kunde findet daher ein hohes technisches Wissen und solide finanzielle und personelle Ressourcen vor. Aber: Konkurrenzgeräte werden nicht gerne gewartet.

4. Kleine Systemhäuser und Händler, zum Beispiel lokale Computergeschäfte.

In dieser Kategorie befinden sich Häuser, die DV-Produkte von verschiedenen Herstellern offerieren und ihre Serviceleistungen auf diese Angebotspalette konzentrieren. Hier findet man eine starke Kundennähe und hohe Flexibilität bei speziellen Kundenwünschen vor. Leider unterliegen diese Firmen einer geografischen Restriktion und oftmals einer kurzen Existenz am Markt.

5. Kundeneigene Serviceabteilungen

Eine weitere Strategie ist zu guter Letzt die Entscheidung, die benötigten Serviceleistungen im eigenen Unternehmen zu erbringen. Dabei können die zuständigen Mitarbeiter exakt auf die spezifischen Anforderungen ausgebildet werden. Meist nicht erkannt bleiben die dadurch entstehenden "versteckten" Kosten, wenn Vollzeit-Service-Mitarbeiter nicht komplett ausgelastet sind.

Harvard-Business-School Professor James Heskett ist der Überzeugung, daß die Verantwortungsübergabe der Datenverarbeitung an externe Serviceanbieter zu einer deutlicheren Fokussierung des Unternehmens und daher zu einer konkurrenzfähigeren eigenen Angebotspalette führen kann.

Deutliche Fokussierung des Unternehmens

Die Entscheidung der Firmen für den einen oder anderen TPM-Anbieter aus den genannten Kategorien variieren von Land zu Land. In Deutschland sind die EDV-Hersteller und OEMs mit einem Marktanteil von 91 Prozent im Computer-Dienstleistungs-Geschäft der eindeutige Favorit. Die unabhängigen Wartungsunternehmen und kleinen Systemhäuser sowie Händler teilen sich den Rest. In Großbritannien, Frankreich und Italien ist der Markt dagegen weitaus gesplitterter.

Stärker als in jenen Ländern ist hierzulande aber auch die Absicht der Kunden, in den kommenden zwei Jahren auf externe Servicepartner zuzugreifen. 53 Prozent der deutschen Firmen planen, die Nutzung von TPM-Anbietern zu erhöhen, 38 Prozent wollen sie im gleichen Maße wie bisher einsetzen. Die Abbildung stellt die Ergebnisse einer Ledgeway-Kundenumfrage nach externem Dienstleistungsbedarf dar.

Trotzdem konstatiert Bob Duncan, Direktor des Kunden-Ingenieurwesens bei der IBM: "Viele Anbieter werden den Erwartungen ihrer Kunden noch nicht gerecht." Die immer höhere Anzahl an Computernetzwerken verlangen eine neue Servicementalität.

Welche TPM-Dienstleistungsangebote sind auf dem Markt erhältlich?

Eine Servicedienstleistung für EDV-Systeme kann heute mehrere Leistungsstufen enthalten:

Systemberatung und -integration

Netzwerk-Unterstützung

Kundenschulung

Software-Unterstützung

Geräte-Wartung

Hierbei gilt: Die Anzahl der Anbieter nimmt mit jeder weiteren Stufe ab, die Komplexität der Dienstleistung nimmt von unten nach oben zu.

Barrieren für den "erweiterten Support"

Die meisten TPM-Anbieter sind in der Lage, die unterste Leistungsstufe zu einem sehr konkurrenzfähigen Preis anzubieten. Dagegen bestehen für komplexere Dienstleistungen, den sogenannten "erweiterten Support", Einstiegsbarrieren, da dieser mehrere "Mannjahre" an Fachwissen bedeutet.

Gordon Price, Europäischer Support Manager der Firma Intel, geht davon aus, daß "Gewinner ist, wer das Dienstleistungs-Unterstützungspaket für den individuellen Kunden am professionellsten zusammenstellt und betreut". Daher bietet die Firma Intel ihren Kunden neben der simplen EDV-Geräte-Wartung ein komplettes Unterstützungspaket an. Es reicht von der Entwicklung der kundenspezifischen Applikation bis hin zur EDV-Einsatz-Beratung.

Für eine Firma ist bei der Auswahl eines Computersystems das Thema Wartung genauso wichtig wie die Entscheidung, welche Hard- und Software installiert wird. Immerhin schätzen Finanzabteilungen von Industrieunternehmen einen eintägigen Systemausfall auf eine fünfstellige Summe. Trotzdem bewegt die Forderung nach niedrigen Kosten viele Firmen dazu, mit weniger zuverlässigen Serviceanbietern zu arbeiten.

Checkliste für die Auswahl des Lieferanten

Die Auswahl des Systempartners empfiehlt sich, gemäß einer analytischen Leistungsbeurteilung durchzuführen. Nachfolgende Check-Liste ist sinngemäß dem amerikanischen Octagon Guide für Lieferantenauswahl entnommen.

1. Identifizieren Sie Ihre Service-Anforderungen genau.

Wenn Sie anfangs ein klares Bild über ihre primären Anforderungen entwickeln, sparen Sie Aufwendungen, wenn Sie die Leistungen der verschiedenen Anbieter vergleichen.

2. Sammeln Sie konkrete Informationen über die Anbieter.

Ihr Ziel sollte es sein, eine Anzahl von Anbietern zu kontaktieren, die die größte Spannbreite an konkurrenzfähigen Dienstleistungen anbieten. Die wichtigsten Informationen sind Gebietsabdeckungskarten, offizielle Tarife, Vertragskonditionen und eine genaue Serviceleistungsbeschreibung.

3. Prüfen Sie die Gebietsabdeckung.

Geben Sie den Anbietern Vorzug, deren Gebietsabdeckung Ihren mittel- und langfristigen Anforderungen am besten entspricht.

4. Vergleichen Sie Preise.

Berechnen Sie, welcher Anbieter in den von Ihnen geforderten Leistungen im Gesamtpreis am günstigsten ist. Manche TPM-Firma hat aggressiv niedrige Preise für gewisse Minimalleistungen und versucht, ihre Gewinne in später folgenden Erweiterungsgeschäften zum Beispiel Netzwerkunterstützung zu erlangen.

5. Vergleichen Sie die Vertragsmodalitäten.

Nehmen Sie sich vor Vertragsstrafen für frühzeitige Vertragseinstellung in acht und vermeiden Sie Verträge mit aufwendigen Prüfklauseln, wie zum Beispiel im Bereich der Produktbestandsaufnahme.

6. Prüfen Sie die Zuverlässigkeit der Serviceleistung.

Bedenken Sie die speziellen Servicemerkmale, die Sie benötigen, und identifizieren Sie den Anbieter, der diese alle zuverlässig abdecken kann. Das Einhalten der vereinbarten Reaktionszeit beispielsweise gehört zu den Schlüsselmerkmalen der Servicequalität.

7. Lassen Sie sich die definierten Serviceleistungen schriftlich bestätigen

Kontaktieren Sie die Anbieter engerer Auswahl und verlangen Sie eine Bestätigung der angebotenen Leistungen.

Nach Abklärung aller Punkte wählen Sie den Anbieter, der Ihre in Punkt 1 definierten Anforderungen am besten erfüllt.

Birgit Fischer ist Marketing-Leiterin Bereich Dienstleistung der Firma Intel GmbH, Feldkirchen bei München.