Die unmögliche Tatsache*

07.03.1986

*Die Schlußzeilen von Christian Morgensterns Dito-Gedicht sind geflügelt: "Weil** (so) schließt (er) messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf."

* *WeiI, Ulric - IBM-Watcher und Inhaber der gleichnamigen Unternehmensberatung in Washington, D.C.

Sie bejammern den Preisverfall am Computermarkt und machen die launische US-Konjunktur für zu erwartende Absatzeinbußen im ersten Quartal 1986 verantwortlich. So ungeniert und blauäugig wie derzeit haben die Armonker IBM-Strategen noch nie mit den amerikanischen Börsen-Analysten geflirtet (Seite 1).

Wall Street zeigt, und das ist der eigentliche Clou, erstmals Wirkung - freilich anders/ als es Morgenstern (siehe oben) beschrieben haben würde: Selbst Intimkenner der IBM halten momentan den Kauf von Big-Blue-Chips für nicht opportun - wohl vor allem deswegen, weil sich inzwischen viele von ihren eigenen (zu optimistischen) IBM-Prognosen überholt fühlen.

Die Resonanz auf das prophylaktische Krisengerede des Mainframe-Monopolisten war denn auch von einer merkwürdigen Mischung aus Staunen und Schadenfreude gekennzeichnet. Nahezu einhellig indes der Tenor der Kommentare: Die IBM habe den Preiskrieg angezettelt - die Nachlaßfreudigkeit werde jetzt zum Bumerang.

Vom gewohnten Wohlverhalten zeugt es auch nicht, wenn der Markttorscher Ulric Weil an die Adresse der IBM sinngemäß austeilt: Zu jammern gibt es da nichts - die 3090 ist eben kein sonderlich starkes Produkt " Der International Business Corp. fällt dazu nichts anderes ein, als auf einen Order-Backlog zu verweisen - die Kunden würden's, wie immer, schon richten. Ein schlimmes Argument.

Die Aura der Unverwundbarkeit, die der IBM bisher anhaftete, beginnt offensichtlich zu verschwinden. Peter Anastos bringt es auf den Punkt: "Die Frage ist: Geht es nur um ein schwaches erstes Quartal, oder gibt es Anhaltspunkte, daß einer 50-Milliarden-Dollar-Company Wachstumsgrenzen gesetzt sind?" Anastos ist einer, der sich auskennen muß: Er arbeitet als Technologie-Berater für einen der größten IBM-Stockholder, die Alliance Capital Management Corporation.

Nach Redaktionsschluß: Die IBM-Aktie ist an der New Yorker Börse wieder leicht gestiegen - alles läuft nach Morgenstern-Plan.