Die Transparenz kommt von außen

22.11.2004
Von Hadi Stiel
Es gibt viele gute Gründe, die für eine Auslagerung des PC-Betriebs sprechen. Über einen redet man mancherorts nicht so gerne: den Wildwuchs nicht autorisierter Applikationen.

Nach einer aktuellen Studie von Gartner soll der weltweite Markt für IT-Outsourcing von 180,5 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr bis 2008 auf 253,1 Milliarden Dollar zulegen. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 7,2 Prozent. Die Anbieter von PC-Outsourcing sollen dabei nach dem Netzwerk-Outsourcing am stärksten von diesem Zuwachs profitieren - mit einem jährlichen Plus von 7,9 Prozent.

Gartner ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Auch der IT-Dienstleister Nextira One prognostizierte unlängst in einem Marktreport, dass Unternehmen sich zunehmend für externe Desktop-Services interessieren werden. Die Firmen haben die PCs als maßgebliche Kostentreiber innerhalb ihrer IT ausgemacht.

Was aber macht PCs so teuer? Robert McNeill, Technikanalyst bei Forrester Research, spricht von mindestens 20 Aufgaben, die der professionelle Desktop-Betrieb verursacht. Gerätebestellung, Installation, Netzanbindung, User-Support, Umzug, Reparatur und Entsorgung, dazu die Bereiche Softwareverteilung, Sicherheit und Finanzierung sind nur ein Teil davon. Allein in die drei letztgenannten Aktivitäten seien, so Forrester, im Schnitt acht verschiedene Abteilungen im Unternehmen involviert. Entsprechend groß sei der damit verbundene Dokumentationsaufwand.

Hohe Administrationskosten

Nur für die Administration, Desktop- und das Lizenz-Management eines Windows-Arbeitsplatzes fallen binnen vier Jahren über 4500 Euro an. Werden weitere Funktionen wie Helpdesk, Backup, Hardwarewartung, Sicherheit, Projektierung und PC-Schulungen einbezogen, steigt diese Summe auf über 7500 Euro, so die Forrester-Experten. Nicht eingerechnet sind die finanziellen Folgen, wenn der PC als Arbeitsplatz ausfällt, weil der User-Support oder der Vor-Ort-Service zu lange für die Behebung von Störungen benötigen. Auch Benutzeraktivitäten wie Dateiverwaltung, Entwicklung von Makros und "Schulung bei Do-it-yourself" verschlingen Zeit und gehen zu Lasten der Produktivität.

Darüber hinaus gestaltet es sich in den Unternehmen oft schwierig, interne Standards zur Vereinheitlichung der PC-Software durchzusetzen. Man kann dies auch pointierter zum Ausdruck bringen: Der Wildwuchs an privat installierten Programmen und Benutzeroberflächen, die nicht durch eine konzern- oder abteilungsweite Desktop-Politik abgedeckt sind, kostet Firmen eine Menge Geld. "Viele Aktivitäten im PC-Bereich bewegen sich auf hohem Kostenniveau, angefangen von der Installation und Administration über das Desktop- und Software-Lizenz-Management bis hin zur Helpdesk-Unterstützung und PC-Absicherung", formuliert Christian Oecking, President Global Outsourcing bei Siemens Business Services (SBS) und Vorsitzender des Arbeitskreises Outsourcing beim ITK-Verband Bitkom. Die mangelnde Übersicht über Programme, Werkzeuge und Schnittstellen verschärfe noch dieses Kostenproblem, so der SBS-Manager. Die ständigen Versuche, PC-Betriebsstandards auf den Weg zu bringen, kosten ihrerseits viel Geld. Laut Gartner ist in vielen Fällen sogar knapp die Hälfte aller Ausgaben rund um den PC auf diese Bemühungen zurückzuführen.

Angesichts solcher Rahmenbedingungen suchen Unternehmen aus vielen Branchen hinweg ihr Heil in externen Desktop-Services. Zumal softwarebereinigende PC-Betriebsstandards, die die Kosten senken, von außen viel effizienter als von innen durchgesetzt werden können. Nicht nur deshalb lässt beispielsweise die Audi AG ihre 18000 PC-Arbeitsplätze in Ingolstadt und Neckarsulm komplett extern betreuen.

Garantierte Kostenobergrenze

Der Automobilhersteller hat durch diesen Service, der auch die Anschaffung neuer und die Entsorgung alter Rechner umfasst, seine IT-Kosten erheblich gesenkt. Parallel hat sich für Audi das PC-Controlling vereinfacht, weil der Dienstleister SBS für die betreuten Desktops eine einheitliche Monatspauschale mit garantierter Kostenobergrenze in Rechnung stellt. Selbst die Pflege der Asset-Datenbank ist darin eingeschlossen. "Die Client-Services und die neue Abrechnungsmethode pro Arbeitsplatz senken Verwaltungsaufwand und Kosten bei erhöhter Transparenz und Kundenorientierung. Für uns ist PC-Outtasking ein Schritt in Richtung IT-on-Demand", bestätigt Hubert Fischer, Koordinator IT-Client-Services der Audi AG Deutschland.

Auch Hochtief greift im deutschsprachigen Raum auf einen Full-Service für seine 6100 PC-Arbeitsplätze zurück. Die Verantwortung für seine lokalen Netze und die über 300 Server hat der Baukonzern gleich mit delegiert. Das Ergebnis neben den anvisierten Einsparungen, einer höheren Transparenz und der gestiegenen Geräteverfügbarkeit: Mit der erweiterten "Outsourcing-Hoheit" kann das Unternehmen zusätzlich mit externer Unterstützung eine kostensparende und die Prozesse verbessernde Server-Konsolidierung vorantreiben. Insgesamt peilt Hochtief mit diesen Maßnahmen Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe an.

Die TUI AG hat die Vorteile der externen Desktop-Betreuung schon lange erkannt. Das Gros der TUI-Reisebüros mit der Software Start Amadeus, vorkonfigurierten PCs und Zugang zum Reservierungssystem wird extern betreut. Um IT-Aktivitäten, die nicht zu den Kernkompetenzen gehören, auszulagern, hat der Touristikkonzern seit Juli 2002 zudem die Verantwortung für den SAP- und Lotus-Notes-Betrieb delegiert - auch für einige seiner Tochtergesellschaften wie Hapag-Lloyd-Flug, Hapag-Lloyd-Kreuzfahrten, Pracht Spedition und Logistik sowie TUI Insurance. Für beide Maßnahmen waren die Reduzierung der IT-Kosten und damit der Kapitalbindung die entscheidenden Argumente. Heinz Kreuzer, CIO der TUI AG, ist sich sicher: "Der Weg dorthin führt über eine weitgehende Homogenisierung heterogener Systemlandschaften."

Neue Herausforderungen warten

Genau diese Heterogenität mit allen Kostenfolgen dürfte aber - sofern sie nicht effizient bereinigt und kontrolliert wird - weiter steigen. So wird sich beispielsweise durch Voice-over-IP zur PC-Funktionalität die Telefonie gesellen. Parallel wird mit der integrierten Sprachkommunikation der Verfügbarkeitsanspruch an einen stets einsatzbereiten Arbeitsplatzcomputer wachsen. Des Weiteren ist die Integration von Video via IP abzusehen. Dadurch könnten die Desktops für den Unternehmenseinsatz noch bedeutsamer werden. Zumal dann künftig via PC zusätzliche Anwendungen wie Videokonferenzen, multimediales Instant-Messaging, Application Sharing und Online Collaboration denkbar sind. Last, bur not least kündigt sich mit den Smartphones eine neue Generation an Handhelds an, die auf Dauer die Intelligenz eines heutigen Notebooks haben werden. Konsequenz: Unternehmen werden solchen Devices bald mit dem gleichen Betreuungsaufwand begegnen müssen wie heute ihren fest installierten PCs. (gh)