Mittelstandsmesse für rechnerintegrierte Produktion in München:

Die Systec '88 verzichtet auf CIM-Salabim

28.10.1988

MÜNCHEN (ujf) - Selbstkritische Töne beherrschten die Eröffnung der CIM-Fachmesse Systec '88, die am heutigen Freitag zu Ende geht. Die Hersteller müßten die Sprache der Anwender sprechen, meinte Beiratsvorsitzender Eberhard Färber. Und diese Anwender sehen Veranstalter und Politiker vor allem im Mittelstand.

Nüchterner Zweckoptimismus hat das "CIM-Salabim" abgelöst, das auf der ersten Systec vor zwei Jahren noch allgegenwärtig war. Stand seinerzeit das Angebot - vor allem Insellösungen aus den Bereichen CAD und PPS - im Widerspruch zu den markigen Verheißungen einiger großer Anbieter, die schon die "Fabrik der Zukunft" verkaufen wollten, dominiert heuer die realistische Einschätzung des Machbaren: "Zwischen der ersten Insellösung und der vollständigen Installierung eines durchgängigen Informationsflusses vergehen bis zu zehn Jahre", schreibt die Münchner Messe- und Ausstellungsgesellschaft (MMG) in einem Statement, "eine Zeit, die benötigt wird, um stufenweise die Struktur der Fabrik an die Technologie anzupassen und das Management im Umgang mit ihr zu schulen."

Daß die Messestrategen inzwischen eine klarere Vorstellung von ihrer Zielgruppe haben, dokumentiert sich auch im Untertitel der Systec. Die umständliche Bezeichnung "Internationale Fachmesse für Computerintegration in Logistik, Entwicklung, Konstruktion, Fertigung und Qualitätssicherung mit Kongreß" wurde durch das knappere Computerintegration im Produktionsunternehmen ersetzt. Und da die Mehrzahl der bundesdeutschen Produktionsunternehmen zum Mittelstand gerechnet wird, widmeten sich sämtliche Festredner diesem Kundenkreis der DV-Industrie.

Messe-Geschäftsführer Gerd vom Hövel: "Nachdem die Großindustrie die Vorteile der computerintegrierten Fertigung längst erkannt hat und zügig an der Realisierung von CIM-Konzepten arbeitet, setzt sich auch in den zirka 43 000 mittelständischen Unternehmen der Industrie immer mehr die Erkenntnis durch daß sie nur mit Hilfe flexiblerer Fertigungssysteme ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder steigern können." Ein großes Manko liege aber darin, so Eberhard Färber, Vorsitzender des Ausstellerbeirats, daß die Anbieter nicht die Sprache der jeweiligen Branche spreche, sondern DV-Kauderwelsch. CAQ und JIT würden aber, so Färber, leider ausgesprochen wie "Kack und Schit".

Wie weit die Anwender von wirklicher Computerintegration noch entfernt sind, sprach Messechef vom Hövel an: Zwar gebe es in 60 Prozent der Betriebe Software für Materialwirtschaft und Stücklistenerstellung, aber erst 30 Prozent nutzen Systeme der Betriebsdatenerfassung.

Die Zahl der Aussteller stieg gegenüber 1986 um 80 Prozent auf 516. Bei den Besuchern erwartet die MMG eine deutliche Steigerung gegenüber den 20 500 vom vorigen Mal. Zu den Veranstaltungen im Rahmenprogramm gehören das "MAP-Forum" der EMUG European MAP User Group sowie zwei internationale VDI-Kongresse über CAD und CIM, ferner Sonderschauen über "Rechnerintegrierte Produktion" (Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften der TU München, Professor Joachim Milberg) und "Offene System-Architektur für unternehmensweite CIM-Systeme" (Esprit-Forschungsprogramm).

Da die Umstellung von Fertigungsbetrieben auf rechnerintegrierte Produktion qualifiziertes Personal erfordert, an dem es derzeit noch mangelt, veranstaltete die COMPUTERWOCHE wieder - gemeinsam mit potentiellen Arbeitgebern aus der Industrie - ihr Karrierezentrum für Einsteiger und Umsteiger aus DV-Berufen.