InterlinkGTC-Netz auf der Basis von Telefonleitungen und X.25

Die Sowjetunion öffnet sich internationalen Datenbanken

16.03.1990

MOSKAU/FREIBURG (sch)- In der Sowjetunion nimmt jetzt erstmals ein Rechner-Verbundsystem Gestalt an, das den Kommunikationsaustausch mit dem Westen und internationale Datenbank-Abfragen ermöglicht. Für Aufbau und Betrieb des flächendeckenden Netzes sind die beiden Unternehmen Interlink und GTC zuständig.

Um einer länderübergreifenden Telecom-Lösung "auf die Beine" zu helfen, hatten zunächst die im Ost-Geschäft erfahrene deutsche Profin Consulting & Trading GmbH und die sowjetische Post als Jointventure die Firma Interlink gegründet, die in der UdSSR mit einem Stammkapital von über sieben Millionen Mark festgeschrieben wurde.

Profin brachte für das Interlink-Projekt "nur" das erforderliche Kapital ein, im Hard- und Softwarebereich dagegen stützt sich die Gesellschaft ganz entscheidend auf das Know-how der Stuttgarter GTC Telecommunication GmbH. Zur Bündelung ihrer Ost-Interessen hat die GTC inzwischen eine Generalrepräsentanz in Freiburg eingerichtet.

Das kürzlich gestartete Netz verfügt über zwei zentrale Schaltstellen in Hersfeld auf deutscher Seite und in Moskau. Die hier installierten Nokia-Rechner sind über Standleitung miteinander verbunden und ermöglichen den sowjetischen Benutzern ein Einloggen über Telefon-Modems mit NMP5-Protokoll. Als Endgeräte kommen laut GTC insbesondere Commodore- und ebenfalls Nokia-ATs in Frage.

Im Rahmen der zeitgleichen elektronischen Kommunikation können mehr als 2500 internationale Datenbanken angezapft werden, wobei auch Zugriffe auf Videotex-Systeme wie Bildschirmtext, Teletel in Frankreich, Viditel in den Niederlanden oder Viadel in Australien möglich sind.

Neben den DB-Abfragen wurde die neue Lösung auch auf Telex und Telefax eingestimmt. Postanschlüsse für die jeweiligen Sonderdienste sind hierbei nicht erforderlich. Ab Hersfeld arbeitet das Electronic-Mail-System mit der CAC-Software (Computer Aided Communication) von GTC und auf der Leitungsebene über X.25. Die neue Kommunikationsschiene, die im E-Mail-Bereich auch Produktions- und Planungsdaten übermitteln kann, soll außer den Benutzern in der UdSSR westlichen Firmen mit ihren sowjetischen Niederlassungen zugute kommen. Die Bezahlung der DB-Dienstleistungen erfolgt in harten Währungen wie Mark oder US-Dollar.

Die Einbeziehung sowjeteigener Datenbanken soll in Zukunft forciert werden. Außerdem ist geplant, die Zahl der Kommunikations-Knotenpunkte erheblich aufzustocken, zusätzliche Anwendungen zu realisieren und die GTC-Leistungen auch für weitere Ostblockstaaten zugänglich zu machen. Entsprechende Anfragen liegen bereits aus Ungarn, Polen und der DDR vor. Theoretisch wäre es möglich, über CAC in Zukunft Dienste wie X. 400, ISDN, Packet Radio Satellitenkommunikation oder Voice-Mail anzubieten. Dem Spielraum im Hardware--und Applikationsbereich setzten allerdings die infrastrukturellen Telecom-Voraussetzungen in der UdSSR und auch die Cocom-Bestimmungen Grenzen. Zu den Wissensparten, die sich der Datenbank-Benutzer gegenwärtig über CAC von GTS erschließen kann, gehören beispielsweise Finanz- und Börseninformationen, Touristik, Energie- und Umweltforschung, Kohletechnik Firmeninformationen, die Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland, Juris und medizinische Informations-Pools beziehungsweise einschlägige Literatur.

Aus der Sicht von GTC-Geschäftsführer Gernot Gutacker liegt ein wesentlicher Vorteil der CAC-Technologie im Zeitgewinn: "Jetzt ist es für westliche Staaten besonders interessant, mit dem Osten Geschäfte zu tätigen, da das stundenlange Wählen bei Telefon und Telefax der Vergangenheit angehört." (Siehe auch Seite 113)

Informationen: GTC TeleCommunication GmbH, Oberau 77, 7800 Freiburg/Brsg., Telefon 07 61/38 10 51.