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Softwaremarkt im Wandel

Die sieben wichtigsten Trends im Softwaremarkt

19.11.2007
Laut Gartner werden sieben Trends den Softwaremarkt in den nächsten zehn Jahren prägen. Wichtigste Tendenz: Die Zeit der hohen Gewinnmargen geht für Softwarehersteller zu Ende.

Die Analysten empfehlen den Softwareanbietern "realistischere Margen" zu planen, da ihre Kunden in den nächsten Jahren noch genauer auf die Kosten achten würden als bislang. Das Bemühen, die Preise zu drücken, hätte sich für Anwender in den vergangenen Jahren bereits beim Einkauf von Hardware und Services gelohnt. Künftig werde auch über Software härter verhandelt.

"Bis heute ist der Softwaremarkt dadurch gekennzeichnet, dass Käufer nach der Anschaffung einer Softwarelizenz über eine schlechte Verhandlungsposition verfügen", beobachtet William Snyder, Research Vice President bei Gartner. "In Zukunft erwarten wir aber, dass CIOs und für Software verantwortliche Mitarbeiter über bessere Verhandlungsgrundlagen verfügen werden und sich damit die Gewinnmargen der Software-Anbieter reduzieren."

Snyder benennt folgende sieben Trends, die den Softwaremarkt innerhalb der nächsten Jahre aufgrund neuer Vertriebs- und Wirtschaftsmodelle sowie einer starken Nachfrage kaufkräftiger Regionen wie China und Indien verändern werden.

Geschäftsprozess-Outsourcing wird wichtiger

Der weltweite Markt für Business Process Outsourcing (BPO) bleibt laut Gartner das am schnellsten wachsende IT-Servicesegment. Voraussichtlich wächst das Gesamtvolumen von 144 Milliarden Dollar im Jahr 2006 auf 235 Milliarden in 2011. Auf die Softwarebranche wirkt sich das aus: Viele große BPO-Anbieter nutzen nur zum Teil oder gar nicht die gängigen kommerziellen Business-Anwendungen und nehmen damit der Softwarebranche einen Teil ihrer Marktchancen. Die Dienstleister, die sich auf die großen Softwarehäuser verlassen, entwickeln seine solche Marktmacht, dass sie wahrscheinlich bessere Vertragsbedingungen herausschlagen als gewöhnliche Kunden.

Wachsendes Interesse an Software as a Service

Gartner prophezeit, dass 2011 zirka ein Viertel der gesamten neu angeschafften Business-Software über das SaaS-Modell ausgeliefert wird. Software as a Service sieht vor, dass Anwendungen vom Kunden als bezahlter Service genutzt und nicht vor Ort installiert werden. Sie werden von einem entfernten Server des Anbieters nach Bedarf gegen eine Abogebühr geladen. Das hat Auswirkungen auf das Verhältnis von Anbieter und Kunde sowie auf die Gewinnmargen: Viele der "Lock-in-Kosten", die sich beim lokalen Softwarebetrieb ergeben, entfallen mit dem On-Demand-Modell. Beispielsweise sinkt der Aufwand für die Anpassung. Implementierung und Upgrading sind komplett dem Anbieter überlassen und mit der monatlichen Gebühr abgegolten. Gartner räumt ein, dass es weder einfach noch billig sei, seinen SaaS-Anbieter zu wechseln - allerdings auch nicht unmöglich. Raum für Verhandlungen und eine Verbesserung der Vertragskonditionen werde es auch mit diesem Modell geben.

Billige Entwicklungsstandorte in Verbindung mit modularen Architekturen

Service-orientierte Architekturen (SOA) und modulare Anwendungen, die auf dem SOA-Prinzip basieren, wirken sich in Kombination mit der Verfügbarkeit billiger Arbeitskräfte etwa in China und Indien aus: Alternative Quellen für neue Business-Software-Komponenten öffnen sich. Beispielweise müssen sich Organisationen nicht für komplexe Finanz- oder HR-Anwendungen an einen Offshore-Provider wenden, sie können kleine Add-on-Module zu konkurrenzfähigen Preisen kaufen.

Drittanbieter schalten sich ins Geschäft mit der Wartung ein

Bislang waren Wartungsservices ein Quasimonopol für Softwareanbieter. Sie hatten die alleinigen Rechte am Sourcecode für die kritischen Komponenten des Systems. Damit war es für die Kunden unmöglich, Dervices und Support auf einem offenen, von Konkurrenz bestimmten Markt zu beziehen. Wartungsgebühren waren nicht verhandelbar. Inzwischen etabliert sich aber ein von Drittanbietern aufgezogener Markt für alternative Maintenance Services. Diese Anbieter können keine neue Funktionalität offerieren, und sie haben auch nicht den generellen Zugang zum Sourcecode. Aber sie können eingeführte Softwareversionen pflegen und Updates vornehmen, die auf rechtlichen und regulatorischen Veränderungen beruhen. Sie nehmen dafür gewöhnlich die Hälfte des Preises, den die großen Softwareanbieter veranschlagen.

Open-Source-Software auf dem Vormarsch

Die Open-Source-Bewegung hat gravierende Auswirkungen auf die Käufer-Lieferanten-Beziehungen im Softwaremarkt. Die Anbieter werden in die Lage versetzt, bessere Software zu günstigeren Preisen zu verkaufen. Anbieter mit einem starken Open-Source-Anteil im Angebot werden nur noch geringe Gewinnmargen mit Software erzielen und deshalb ihren Geschäftsfokus auf begleitende Services verschieben. "OSS-Lösungen konkurrieren in allen Marktsegmenten direkt mit Closed-Source-Angeboten. Ihr Markteinfluss wird je nach Angebot stark variieren", so Snyder. "Obwohl Industriegiganten wie Microsoft und IBM durch den OSS-Trend sicher nicht zerstört werden, wird der Druck auf die traditionellen Margenstrukturen im Software-Business ständig höher. Die Softwareindustrie muss auf diese Bedrohung mit günstigeren Preisen reagieren.” Während Business-Software-Segmente wie ERP und CRM laut Gartner aufgrund unreifer OSS-Alternativen vorerst wenig beeinflusst werden dürften, geraten andere Segmente wie Server, Betriebssysteme, Entwicklungstools und Datenbanken zunehmend unter Druck.

Die chinesische Softwareindustrie wird besser

Viele der großen Softwareanbieter schaffen es derzeit nicht, in China Fuß zu fassen, weil dort nicht die im Westen üblichen hohen Preise für Business-Anwendungen gezahlt werden. Lieber vertraut man auf kleinere, billigere Lösungen lokaler Anbieter. Firmen wie die Kingdee International Software Group oder Ufida Software gewinnen kontinuierlich Marktanteile in chinesischen Unternehmen. Westliche Firmen, die in China Geschäfte machen wollen, installieren dort ebenfalls die lokal angebotene Software. Sie sehen, dass Anwendungen von SAP und Oracle zu groß und zu anspruchsvoll für chinesische Betriebe sind. Gartner glaubt, dass Anbieter mit einem spezifischen, von den Preisen und der Funktionalität her auf asiatische Bedingungen angepassten Angebot – egal ob westlicher oder asiatischer Herkunft – künftig ein gutes Stück vom weltweiten Softwaremarkt einheimsen können.

Für Indien, China und Brasilien sind die Softwarekosten zu hoch

Die wahrscheinlich stärksten Auswirkungen auf die Softwarekosten und –märkte wird das große Interesse der aufstrebenden, bevölkerungsstarken Länder an IT sein. Weil große Mengen von Arbeitnehmern innerhalb kurzer Zeit mit Computer zu tun bekommen, dürfte der Punkt, an dem die Softwarekosten für Firmen zum Problem werden , bald erreicht sein. Hinzu kommt, dass diese Länder nicht von irgendwelchen Investitionen in Legacy-Anwendungen gebremst werden, sondern mit ihren Softwareinvestitionen zu einem Gutteil auf der grünen Wiese beginnen. Sie können die neuesten und besten Techniken nutzen – sowohl vom softwarearchitektonischen als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt her. Auch haben diese Unternehmen von Anfang an die Möglichkeit, auf SaaS anstatt auf gekaufte Softwarelizenzen zu setzen, während in den reifen Industrienationen Softwarealtlasten einen solchen Schritt schwierig machen.