Software Defined Networking

Die SDN-Strategien führender Hersteller

10.04.2013
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.
Software Defined Networking (SDN) ist als heißes Thema für 2013 gesetzt. Wir nehmen die Strategien führender Hersteller unter die Lupe.

Alle führenden Anbieter von Switches und Virtualisierungslösungen haben mittlerweile SDN-fähige Produkte angekündigt oder zumindest einen SDN-Fahrplan für die kommenden Monate vorgestellt. Das gilt auch für die Hersteller von Systemen für Carrier-Netze, also etwa für Adva Optical Networking oder Ciena. Zudem engagieren sich Chiphersteller wie Broadcom und Intel im Bereich SDN, außerdem Unternehmen wie Infoblox (Netzautomatisierung) und Oracle. Ferner sind mehr als ein Dutzend kleinere Anbieter wie etwa Pertino Networks und Plexxi aktiv.

Einige Startup-Firmen sind bereits wieder vom Markt verschwunden: Nicira zum Beispiel wurde für 1,2 Milliarden Dollar von VMware übernommen. Bisher ist die Zahl der bereits verfügbaren SDN-Produkte überschaubar. Das dürfte sich allerdings in diesem Jahr ändern. Hier eine Auswahl von Herstellern und Produkten:

Alcatel-Lucent

Ende November 2012 sprang Alcatel-Lucent auf den SDN-Zug auf. Im Rahmen der "Application-Fluent-Network"-Strategie werden die Switches der Reihe "Omniswitch 10 000" und "6900" ab 2013 unter anderem mit RESTful-APIs ausgestattet, über die externe Controller, Anwendungen und Plattformen wie OpenStack und CloudStack auf die Systeme zugreifen können. Alcatel-Lucent begibt sich damit auf Konfrontationskurs zu Firmen wie Cisco Systems, Hewlett-Packard, IBM und VMware - eine Schar namhafter Gegner im Bereich Software Defined Networking.

Arista Networks

Die amerikanische Firma, die Ex-Sun-Chef Andreas von Bechtolsheim mitbegründet hat, setzt auf eine eigene SDN-Lösung auf Basis der Systemsoftware "EOS" und der Hochleistungs-Switches der Reihen "7050" und "7150". Die Switches arbeiten mit SDN-Controllern der Arista-Partnerfirmen VMware, Nebula und Big Switch zusammen. Die SDN-Strategie von Arista zielt derzeit vornehmlich auf Cloud-Computing-Umgebungen ab.

Big Switch Networks

Die amerikanische Firma hat eine eigene Version eines OpenFlow-Controllers entwickelt, der auf FloodLight basiert. Das Unternehmen arbeitet mittlerweile mit Netzwerkfirmen wie A10 Networks, Arista, Extreme Networks, Broadcom und Citrix zusammen. Im November stellte Big Switch drei SDN-Produkte vor: den "Big Network Controller" (BNC), "Big Tap", eine Network-Monitoring-Lösung, und den "Big Virtual Switch" (BVS). Big Tap und der BVS sind Beispiele für Anwendungen, die in einer SDN-Infrastruktur eingesetzt werden können.

Brocade

Das Unternehmen unterstützt bereits seit 2010 Software Defined Networking. Einen Schwerpunkt bilden die "NetIron"-Switches für den WAN- und Service-Provider-Markt. Im November 2012 übernahm Brocade zudem die Firma Vyatta. Sie hat einen Virtual Router entwickelt, der vorzugsweise zur Kopplung von virtualisierten oder physischen Netzdomänen eingesetzt wird, speziell in Cloud-Computing-Umgebungen.

Cisco Systems

Cisco hat mit dem "Open Network Environment" (Cisco ONE) eine Plattform vorgestellt, die APIs, Agents, Controller und Komponenten für Overlay-Netze enthält, die sich programmieren lassen. Dies erfolgt über das "ONE Platform Kit" (PK). Es unterstützt Ciscos Systemsoftware (IOS, IOS-XR, NX-OS). Zudem hat der Hersteller auf einigen Switches (Catalyst 3750, Catalyst 3560) einen OpenFlow-Agenten implementiert. Generell scheint Cisco SDN allerdings nicht sonderlich zu forcieren, vermutlich aus Furcht, dadurch sein Geschäft mit Netzhardware zu torpedieren.

Citrix

In diesem Jahr soll die nächste Generation des Application Delivery Controller (ADC) der Reihe "Netscaler SDX" verfügbar sein. Sie wird nach Angaben des Herstellers für SDN optimiert sein. Im Unterschied zu vielen anderen SDN-Spezialisten, die sich auf Layer 2 und 3 konzentrieren, favorisiert Citrix eine SDN-Lösung, mit der sich Layer 4 bis 7 steuern lassen. Als Partner hat Citrix Unternehmen wie Palo Alto, RSA, Trend Micro und Aruba Networks gewonnen.

Dell / Force10

Durch den Kauf von Force10 hat sich Dell einen Hersteller von Hochleistungs-Switches ins Haus geholt. Für Arpit Joshipura, ehemals bei Force10 und nun Chef von Dells Netzsparte, wird SDN allerdings erst in etwa drei bis fünf Jahren eine Rolle im Netzbereich spielen. Aber natürlich hat auch Dell eine SDN-Strategie: die "Virtual Network Architecture" (VNA) ist ein Framework, mit dem sich Netzdienste in Rechenzentren, dem Firmengelände und in Außenstellen virtualisieren, automatisieren und verwalten lassen.

Enterasys

Die Company setzt auf das hauseigene "OneFabric Control Center", das nicht auf neuen Protokollen wie OpenFlow basiert, sondern auf bereits etablierten Ansätzen wie VLANs und VRF/MPLS. Allerdings hält sich der Hersteller die Türe zu OpenFlow und vergleichbaren Spezifikationen offen.

Extreme Networks

Das Kernstück der SDN-Strategie des Switch-Herstellers ist das System "Diamond X8" mit der Systemsoftware XOS. Ähnlich wie Arista kooperiert Extreme mit Big Switch. Der Diamond X8 unterstützt Big Switch Network Tap und den Big Virtual Network Switch. Zudem arbeiten die Switches von Extreme Networks mit den SDN-Controllern von NEC zusammen. In einem Teil der Switches des Herstellers sind bereits OpenFlow-Schnittstellen integriert. Binnen kurzer Frist soll dies bei allen Systemen der Fall sein.

Hewlett-Packard

Zu den ersten Netzfirmen, die OpenFlow unterstützten, zählt HP Networking. HP hat nach eigenen Angaben mittlerweile 16 Switches im Portfolio, die für das Protokoll OpenFlow ausgelegt sind. Weitere neun Systeme der Switch-Reihe "3800" wurden im Oktober 2012 angekündigt. Zudem hat HP mit dem "HP Virtual Application Networks SDN Controller" einen SDN-Controller auf Basis von OpenFlow entwickelt. Er soll in der zweiten Hälfte 2013 auf den Markt kommen.

IBM

Das Unternehmen will ebenso wie HP eine umfassende SDN-Produktlinie auf den Markt bringen. Ein erster Schritt ist der "Programmable Network Controller" auf Basis von OpenFlow, der für bis zu 300.000 Flows ausgelegt ist. Hinzu kommen Rack-Switches wie der "G8264". Was allerdings noch fehlt, ist ein Core-Switch mit OpenFlow-Unterstützung. Offen ist, ob IBM selbst ein solches System entwickelt oder als OEM-Produkt von einem andere Hersteller bezieht.

Juniper Networks

Im Juni 2012 veröffentlichte das Unternehmen seine SDN-Strategie. Die Schwerpunkte des Anbieters liegen auf Systemen für das Rechenzentrum und "Northbound"-APIs (Anwendungsschnittstellen). Das Software Development Kit (SDK) für Junipers Systemsoftware JunOS enthält zudem einen OpenFlow-Client. Im Lauf des Jahres will Juniper mit den Switches der "EX"-Reihe und den Routern der "MX"-Serie OpenFlow 1.3 unterstützen. Offen ist dagegen noch, ob das Unternehmen einen eigenen SDN-Controller auf den Markt bringen wird oder das Produkt eines anderen Anbieters unter eigenem Namen anbietet. Im Dezember 2012 kaufte Juniper den Software-Netzwerkspezialisten Contrail Systems für 176 Millionen Dollar. Contrail entwickelt SDN-Produkte mit Schwerpunkt Cloud-Services.

NEC

Das Unternehmen hat unter der Bezeichnung "NEC ProgrammableFlow" ebenso wie HP mehrere SDN-Produkte im Programm, etwa einen SDN-Controller sowie die Switches "PF 5240" und "5820", die für OpenFlow ausgelegt sind. Dazu kommt eine Management-Konsole. Geplant sind Applikatio-nen, mit denen sich Netzwerke auf Basis von SDN verwalten lassen.

VMware

Der Spezialist für Virtualisierung hat sich durch den Kauf von Nicira im Juli 2012 verstärkt. VMware selbst sieht sich als Protagonist des "Software Defined Data Center". Daher ist zu erwarten, dass der Hersteller Niciras SDN-Technologie nutzt, um in vCenter ein Management-Framework für virtualisierte und physische Netzsysteme zu integrieren. Nach Angaben von Allwyn Sequeira, Chief Technology Officer und Vice President Cloud, Networking und Security von VMware, setzt der Hersteller derzeit stärker auf Virtual Extensible VLANs (VXLANs) als auf OpenFlow. VXLANs sind logische Netze, mit denen sich Virtual Machines zwischen räumlich verteilten Rechenzentren verschieben lassen. (hi)