Die Schweiger

10.02.1978

Seit Jahren geistert durch die Fachpresse das "Future System" des Computer-Giganten IBM, das nach dem unverändert scharfen Innovations-Rhythmus dieser Wachstumsbranche in diesem, spätestens im nächsten Jahr kommen müßte. Zweifellos ist der Computer-Generationswechsel diesmal noch viel problematischer als Anfang der siebziger Jahre vom System 360 zum System 370, denn bei IBM und seinen Kunden gibt es weltweit einen Installationsbestand im Wert von vielen Milliarden Mark, der durch die Ankündigung einer neuen Rechnerfamilie zwangsläufig, zumindest relativ, entwertet würde. Dennoch zeichnet sich nun die Ablösung der 370er-Reihe ab - allerdings nicht hektisch und forciert, sondern sehr schrittweise.

Die "Computerwoche" berichtete vor kurzem, daß IBM eine neue Serie "Pacific" mit drei Modellen vorbereite, die voraussichtlich in den nächsten Wochen angekündigt, aber kaum vor Anfang 1980 ausgeliefert werden dürften. Dabei handelt es sich nur um einen Teil des gesamten Angebotsspektrums, wenn auch um einen sehr wesentlichen: Um mittelgroße Rechnertypen, die an die Stelle der Modelle 370/115 und 125 treten sollen. Allein in der Bundesrepublik sind nach der letzten Diebold-Statistik (Mitte 1977) mehr als 2800 Stück von beiden Modellen in Betrieb. Sie repräsentieren einen Installationswert von rund drei Milliarden DM, weltweit dürften es umgerechnet über 20 Milliarden DM sein. Die deutsche IBM in Stuttgart hüllt sich, wie nicht anders erwartet, in Schweigen. Sie sieht sich nicht in der Lage, die Meldungen zu bestätigen oder zu dementieren. Man wird Verständnis dafür aufbringen, daß sie sich nicht über ihre Direktiven von USA hinwegsetzen kann aber bei einem Unternehmen, das sich immerhin als deutsche Gesellschaft, wenn auch in ausländischem Kapitalbesitz versteht, sollte man doch allmählich den Mut zu einer eigenständigen, auf deutsche Bedürfnisse zugeschnittenen Informationspolitik aufbringen, sonst deklassiert man sich zur verlängerten Werkbank.