Die Schriftform ist ein hoher Schutzwall

21.10.1983

Der Anwender sollte auf einer einheitlichen Leistung aus PC (mit Betriebssystem) und Anwendungsprogramm bestehen. Oft ist es vorteilhaft, diese aus einer Hand zu beziehen.

So eindeutig der Kunde alles, was er von einem Lieferanten bezieht, als zusammengehörig betrachtet, so eindeutig bemühen sich viele Lieferanten, diese Einheit aufzuspalten, indem für den PC und für die Anwendungsprogramme getrennte Vertragsdokumente verwendet werden. Das hat nichts damit zu tun, daß jedes Programm unter Umständen gesondert zu vergüten ist; diese Politik des "unbundling" (das heißt des Aufspaltens des Preises) bezieht sich nur auf die Preisstellung. Das hat auch nichts damit zu tun, daß Hardware und Software, insbesondere anwendungsbezogene Software, unter Umständen verschiedene vertragliche Regelungen erfordern.

Die Konsequenzen der Aufspaltung zeigen sich, wenn es bei der Vertragsdurchführung zu Leistungsstörungen kommt: Der Kunde soll dann den Kaufpreis für den PC zahlen, auch wenn er ihn wegen eines Fehlers in der anwendungsbezogenen Software nicht nutzen kann.

Wegen der vorsichtigen Rechtsprechnung und deswegen, weil die Leistungen eines Lieferanten keine Einheit zu sein brauchen, empfiehlt sich eine entsprechende Klarstellung. Hat der Lieferant seine Leistung in einem Angebot dargelegt, dürfte es ausreichen, zwar getrennte Formulare für Hardware und Software zu unterschreiben, aber beide zusammen mit einem Anschreiben zu übersenden:

" . . . nehmen wir Ihr Angebot über ein PC-System aus Hardware(,Kauf/Mietschein') und Software (,Softwareschein') an."

Treten dem Anwender je ein Lieferant für den PC und einer für die Anwendungsprogramme gegenüber, kann der Anwender sich auf verschiedene Weise absichern:

Er kann darauf bestehen, daß einer der beiden Lieferanten, insbesondere der Softwarelieferant, allein Vertragspartner wird und der andere als Unterauftragnehmer tätig wird. Hinsichtlich der finanziellen Seite sollte der Anwender sich dann dahingehend absichern, daß er erst mit der Abnahme zahlt.

Andernfalls kann der Anwender vertraglich klarstellen, um was es geht, nämlich daß der PC und die anwendungsbezogene Software nur gemeinsam für ihn Sinn haben. Die beiden Verträge dürften meines Erachtens füreinander Geschäftsgrundlage sein: Entfällt der eine, muß der andere daran angepaßt, im Zweifel aufgehoben werden. Zur Sicherheit sollte das, was wahrscheinlich Geschäftsgrundlage ist, zum Vertragsbestandteil erhoben werden:

"Die in diesem Vertrag beschaffte EDV-Anlage/Software bildet eine Einheit mit der/dem im Vertrag mit der Firma . . . beschafften Software/PC".

Die Abnahmeprüfung

Die AGB der Lieferanten sehen im günstigsten Fall vor daß der Lieferant anhand seiner Testprogramme und -daten das Funktionieren aller Teile demonstriert und daß der Kunde dann die Leistung abzunehmen und zu bezahlen hat. Das soll zum Teil auch dann gelten, wenn der Lieferant die Anwendungsprogramme erst noch hinsichtlich der Anforderungen des Anwenders einrichten (ohne Programmieren) oder sie erst noch daran anpassen muß (mit Programmieren).

"Der Unterschied zwischen dieser Vorführung und einer Abnahmeprüfung fällt zunächst nur dem geübten Spezialisten auf: denn in beiden Fällen lauft das Programm ab, verarbeitet Daten und zeigt Ergebnisse. Bei einer Vorführung allerdings werden meist Daten verarbeitet, die auf den Rechner, das Betriebssystem und das "Demo"-Programm abgestimmt sind, bei denen mit Sicherheit also keine Fehler auftreten. Bei einer Abnahme (= Abnahmeprüfung, der Verf.) dagegen werden solche Daten zur Verarbeitung bereitgestellt, die das Programm laut seiner Spezifikation verarbeiten soll. Und damit beginnen für die meisten Programme die ersten und ernsten Schwierigkeiten" (2).

Um Streit zu vermeiden, sollte der Kunde klarstellen, daß zuerst der Lieferant die Betriebsbereitschaft zu demonstrieren hat und daß er dann eine Abnahmeprüfung durchführt, an deren Ende die Abnahmeerklärung steht. Dies ist insbesondere bei der Lieferung von Standardleistungen wichtig, weil dann Kaufrecht Anwendung findet, das nur die tatsächliche Entgegennahme der Leistung, aber nicht deren Abnahme (wie beim Werkvertrag) vorsieht.

Wartungs- und Pflegeverpflichtung

Der Anwender kann davon ausgehen, daß der Lieferant von technisch hochkompliziertem Gerät desto eher zur Wartung (Instandhaltung und Instandsetzung der Hardware) und zur Pflege (Fehlerbeseitigung und Weiterentwicklung der Software) gesetzlich verpflichtet ist, je weniger andere Wartungsunternehmer das wegen der Spezialisiertheit des Lieferanten übernehmen können. Angesichts dessen, daß immer mehr Lieferanten "fremde" PC warten können, sollte sich der Anwender absichern, daß der Lieferant sich zur Wartung des PC und der Pflege der Software innerhalb dessen üblicher Lebensdauer ausdrücklich verpflichtet.

Manche Lieferanten bieten keinen Pflegevertrag an, sondern verzichten darauf, die Einrede der Verjährung zu erheben, und beseitigen also Fehler unentgeltlich, solange sie das Programm vertreiben. Denn da es sich um Konstruktionsfehler handelt, müssen sie erkannte Fehler ohnehin mit Rücksicht auf ihre Neukunden beseitigen. Wird die verkaufte Version des Programms durch eine neue abgelöst, muß der Kunde grundsätzlich diese - gegen einen Vorzugspreis - erwerben, wenn er weiterhin Fehlerbeseitigung - nunmehr in der neuen Version - wünscht.

Der Anwender sollte sich bei Standardsoftware absichern,

- daß der Lieferant zur Fehlerbeseitigung in der alten Version verpflichtet ist, bis er eine neue anbietet,

- daß der Lieferant die neue Version einsatzbereit machen muß,

- daß der Preis für die neue Version einen bestimmten Bruchteil des Preises, den ein Neukunde zu zahlen hat, nicht übersteigen darf, sofern deren Lieferung nicht ohnehin durch eine Pflegepauschale abgedeckt ist.

Preisabdeckungsklausel

Es sollte im Falle der Bestellung eines schlüsselfertigen Systems eine Klausel aufgenommen werden, daß die vereinbarte Vergütung alle Leistungen, die für die Inbetriebnahme des schlüsselfertigen Systems erforderlich sind, abdeckt.

Es liegt nahe, daß der Anwender einen Festpreis wünscht. Doch muß das nicht die ideale Vergütungsform sein. Eine Reihe von Leistungen, insbesondere im Bereich der Beratung und Einsatzvorbereitung, hängen nun einmal von den Vorkenntnissen und von der Mitwirkung des Anwenders ab. Insofern ist das Angebot des Lieferanten, diese Leistungen nach Aufwand vergütet zu bekommen, durchaus sachgerecht. Der Lieferant soll nur angehalten werden die Vergütungspflicht überhaupt zu verdeutlichen und über die Höhe dieses Aufwands möglichst klare Aussagen zu treffen. Das muß nicht immer eine konkrete Zahl beinhalten.

Anpassung von Standardprogrammen

Unter Anpassung wird im wesentlichen zweierlei verstanden, nämlich

a) daß der Lieferant ein Standardprogramm, das eine Menge an Anwendungsmöglichkeiten in sich hat, für die Bedürfnisse eines bestimmten Anwenders einrichtet, also eine bestimmte Anwendungskombination auswählt (aus dem vorhandenen Anwendungsvorrat). Problematisch wird dieses Einrichten nur, wenn die Anforderungen des Anwenders bei Vertragsschluß nicht festgelegt worden sind und nun im Rahmen der Installation herausgefunden werden soll, was geht und was geht nicht,

b) daß der Lieferant ein Standardprogramm durch Programmierung ändert oder ergänzt. Dann handelt es sich zum Teil um einen mit besonderer Vorsicht zu behandelnden Erstellungsvertrag.

Die Definition der Anwendungsanforderungen, die nicht durch das Standardprogramm abgedeckt sind, sollte anhand der Bedienungsanweisung erfolgen. Das erleichtert die Definition erheblich und beugt Meinungsverschiedenheiten vor.

Anwender wünschen meist einen Festpreis für die Anpassung. Ein seriöser Verkäufer kann diesen in der Regel erst nach der Definition der vom Programm nicht abgedeckten Wünsche nennen.

Das kann dadurch erreicht werden, daß ein Vertrag über die Lieferung von PC und Standardsoftware geschlossen wird unter der Bedingung, daß die Parteien sch über die Realisierung der Anpassungswünsche einigen; außerdem wird ein Vertrag über die Erarbeitung der Anpassungswünsche geschlossen. Der Liefervertrag soll von vornherein - bedingt - geschlossen werden, damit zu einem günstigen Zeitpunkt über die Konditionen verhandelt werden kann.

Der Anwender sollte verlangen, daß Änderungen möglichst so durchgeführt werden, daß das Standardprogramm selbst möglichst wenig abgeändert wird. Das klingt stärker nach einem Widerspruch, als es das DV-technisch ist. Der Grund für diese Empfehlung liegt darin, daß die Pflegbarkeit des Programms möglichst gewahrt werden soll.

Literatur

(2) Roggenbuck, Demo kann Aufnahmeprüfung nicht ersetzen, Computerwoche vom 26. Juni 1981. Juristische Literatur zu diesem Thema gibt es nach Wissen des Verfassers nicht.

Entnommen aus: HMD, Handbuch der modernen Datenverarbeitung Heft 113, September 1983, Forkelverlag, (ISSN 0723-5208)