Die SAP-Frage: Was kommt nach ESA?

20.06.2006
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Tausende sollen migrieren

Der für die Produktentwicklung zuständige SAP-Vorstand Shai Agassi ist dennoch zuversichtlich, dass die derzeit knapp 35000 Anwenderunternehmen den von der SAP aufgezeigten Softwarepfad einschlagen werden. Er geht in den kommenden 18 Monaten von rund 6000 Migrationen auf Mysap-Lösungen aus. Während der darauf folgenden zwölf Monate werde diese Zahl auf 15 000 steigen. Ende 2009 hätten dann nur noch zwei bis fünf Prozent der Kunden keinen Mysap-Vertrag.

Die Schlacht um den Anwender

Alljährlich entfachen die beiden weltweit führenden Applikationsanbieter rund um ihre Kundenveranstaltungen ein gewaltiges Marketing-Getöse. Oracles Störfeuer begann bereits am Pariser Flughafen. Den Sapphire-Besuchern leuchteten meterhohe Transparente entgegen, auf denen der US-Konzern seine Branchenerfolge anpries. Außerdem hatte der Datenbankspezialist wenige Tage zuvor angekündigt, gemeinsam mit dem Servicepartner Systime Computers Support für SAP-Systeme anbieten zu wollen. Damit kontern die Oracle-Verantwortlichen SAPs Versuche, Anwender der übernommenen Produktlinien von Peoplesoft, J.D. Edwards und Siebel abzuwerben. 121 Kunden seien auf Betreiben des 2005 übernommenen Dienstleisters TomorrowNow bereits von Oracle abgefallen, ließ SAP in Paris verlauten. Zudem boten die Walldorfer umsteigewilligen Oracle-Kunden im Foyer der Sapphire-Hallen einen separaten Anlaufpunkt. Allerdings war der ‚Safe-Passage’-Stand am zweiten Tag der Veranstaltung schon wieder verschwunden. Wenigstens war es gelungen, Oracles Marketing-Feuerwerk auf Distanz zu halten. Auf allen verfügbaren Werbeflächen an der zur Sapphire nächstgelegenen Metro-Station Porte de Versailles prangten die SAP-Werbeplakate.

Mysap - Lockruf des Geldes

Marktbeobachter teilen diesen Optimismus nicht. Laut einer Untersuchung der Analysten von Raad Consult vom Ende vergangenen Jahres steigen SAP-Kunden nur zögerlich auf die neue Technik um. Wer derzeit einen Mysap-Vertrag unterzeichne, habe in erster Linie im Auge, dass der Hersteller für vorhandene Altsysteme jedes Jahr weniger auf den Preis anrechne. Produktiv einsetzen würden die neue Software dagegen die wenigsten. Raad-Geschäftsführer Nils Niehörster schätzt, dass rund die Hälfte von SAPs Bestandskunden noch keinen Mysap-Vertrag abgeschlossen hat.