Anbieter trachten nach Risikoabwälzung, aber

Die Rechtsprechung ist streng gegenüber den Leasinggebern

03.07.1992

Leasing ist eine komplizierte rechtliche Konstruktion. Die Rechtsprechung sorgt weitgehend dafür, daß der Anwender gegenüber dem Leasinggeber nicht rechtlos gestellt wird, wenn der Lieferant seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Aufgabe des Anwenders ist es also, seine Rechte gegenüber dem Lieferanden deutlich zu formulieren und im Ernstfall deren Durchsetzung konsequent zu verfolgen.

Leasinggesellschaften wollen eigentlich nur finanzieren und möglichst wenig mit den Schwierigkeiten zu tun haben, die sich aus dem Verhältnis zwischen Lieferant und Anwender ergeben können. Die Rechtsprechung ist gegenüber Leasinggebern aber sehr streng. Sie behandelt diese grundsätzlich wie Vermieter, die also für die Einsatzfähigkeit der Leasingsache haften. Verständlicherweise wollen Leasinggeber Risiken mit Hilfe ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst auf die Leasingnehmer abwälzen. Die Rechtsprechung schiebt dem sehr stark mit Hilfe, der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen über das AGB-Gesetz einen Riegel vor, indem sie viele Klauseln 1s zu einseitig ansieht und deswegen als unwirksam behandelt. Vom Leasinggeber drohen dem Anwender also kaum Gefahren, denen vertraglich begegnet werden müßte.

Vertragsschluß mit Lieferanden

Für den Anwender geht es also erst einmal darum, bei Vertragsschluß mit dem Lieferanden seine Rechte so zu definieren, daß er diese auch gegenüber dem Leasinggeber durchsetzen kann. Der Leasinggeber schuldet dem Anwender als Leasingnehmer, daß die Leasingsache, also das DV-System, die Eigenschaften hat, die Lieferant und Anwender im vorläufigen Liefervertrag vereinbart haben. Es empfiehlt sich für den Anwender ohnehin, im Vertrag mit dem Lieferanden diese Gebrauchsfähigkeit festzulegen.

Der Anwender will sehr häufig Hardware und Software als eine Einheit beschaffen. Erfüllt ein Teil, insbesondere die Anwendungssoftware, nicht die Vereinbarungen, will er auch den anderen Teil, also die Hardware, zurückgeben können. Das sollte in jedem Beschaffungsvertrag mit einem Lieferanden klargestellt werden, indem der Gesamtlösungs-Charakter eines zu beschaffenden Systems betont wird.

Leasinggeber haben mit dem Risikofaktor Software nicht gerne etwas zu tun. Deswegen versuchen manche Lieferanden, die Anwendungssoftware im Kaufvertrag mit dem Leasinggeber zu verstecken. Folglich wird die Software auch im Leasingvertrag häufig nicht erwähnt, sei es, daß der Lieferant den Leasingvertrag ausgefüllt und die Software versteckt hat, sei es, daß der Leasinggeber den Leasingvertrag ausgefüllt und die - verkürzte - Formulierung aus dem Kaufvertrag mit dem Lieferanden übernommen hat. Der Anwender sollte dafür sorgen daß die Software im Leasingvertrag erwähnt wird.

Weil manche Leasinggeber Software nicht oder nur zu einem begrenzten Anteil am Wert der Leasingsache in den Leasingvertrag aufnehmen wollen, wird die Software häufig teilweise oder ganz aus dem Leasingvertrag ausgespart; insoweit bleibt der Vertrag zwischen Lieferant und Anwender für die ausgesparte Software bestehen. Hier ist es für den Anwender besonders wichtig, daß im ursprünglichen Liefervertrag die Einheit von Hardware und Software betont wird, zum Beispiel: "Vertragsgegenstand ist die Lieferung eines DV-Systems für die Bereiche xyz. Der Anwender kann den Teil Hardware über Leasing finanzieren." Die Koppelung braucht also gegenüber dem Leasinggeber gar nicht betont zu werden.

Manchmal will der Anwender nur dann einen Vertrag mit dem Lieferanden schließen, wenn sich tatsächlich eine Leasinggesellschaft findet, die zur Finanzierung bereit ist. Das muß gegebenenfalls sehr deutlich betont werden. Eine Formulierung, daß der Anwender den Kaufpreis über Leasing finanzieren kann, reicht kaum aus.

Lieferant drängt auf die Unterschrift

Das erste, worauf der Lieferant nach Lieferung drängt, ist die Unterzeichnung der Übernahmebestätigung, auch wenn die Anwendungssoftware noch nicht eingerichtet ist. Für den Leasinggeber ist es gar nicht so wichtig, wann. er den Kaufpreis zu zahlen hat und ab wann er Anspruch auf Leasingraten hat. Der Anwender könnte sich mit einer Unterschrift eigentlich Zeit lassen. Es gibt sehr viele Urteile zu dem Vorgang, daß der Leasingnehmer die Übernahmebestätigung unterschreibt, obwohl die Leasingsache noch nicht einsatzfähig ist Die Rechtsprechung ist sehr großzügig zu dem Leasingnehmer. Die Übernahmebestätigung wird wie eine Quittung behandelt. Der Leasingnehmer kann sich also auf die Unvollständigkeit der Leistung berufen; er muß dann beweisen, daß die Leasingsache noch gar nicht einsatzfähig war. Dieser Beweis kann aber Schwierigkeiten bereiten. Außerdem führt die Übernahmebestätigung zur Zahlung des Kaufpreises durch den Leasinggeber. Regelmäßig beginnt damit die Gewährleistungsfrist für Mängel gegenüber dem Lieferanden, die ohnehin nur sechs Monate beträgt

Will der Anwender dem Drängen des Lieferanden nachgeben, damit dieser sein Geld bekommt, sollte er die Übernahmebestätigung wie folgt formulieren: "Es fehlen noch folgende Leistungen: (...). Der Leasingvertrag soll dennoch mit dem Datum dieser Erklärung beginnen Der Anwender behält sich vor, Rechte wegen unvollständiger Lieferung geltend zu machen, wenn die Termine für die restlichen Leistungen vom Lieferanden nicht eingehalten werden. "

Das bezieht sich auf die nicht vollständige Leistung seitens des Lieferanden, der noch in Verzug kommen kann. Das nächste Problem sind fehlerhafte Leistungen. Der Leasinggeber will seine Haftung für Fehler ausschließen. Er tritt deswegen die Gewährleistungsansprüche aus seinem Kaufvertrag mit dem Lieferanden an den Leasingnehmer ab. Die Rechtsprechung erkennt das an, wenn diese Abtretung uneingeschränkt erfolgt. Das heißt, daß der Leasingnehmer nur während der Gewährleistungsfrist aus dem Kaufvertrag sich auf Mängel berufen kann und daß er diese Gewährleistungsansprüche auch rechtzeitig gegenüber dem Lieferanden durchsetzen muß. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt nur sechs Monate. Es empfiehlt sich also, bei Lieferverträgen unabhängig vom Leasing eine längere Gewährleistungsfrist zu vereinbaren.

Anwender berücksichtigen häufig nicht, daß die Gewährleistungsfrist so kurz ist und daß sie für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Lieferanten allein verantwortlich sind. Hier liegt ein großes Risiko in der Praxis.

Etwas undeutlich ist die Rechtsprechung in der Frage, ob Fehler auch gegenüber dem Leasinggeber gerügt werden müssen. Das spitzt sich dann zu, wenn der Anwender den Lieferanden hinauswerfen will. Das verlangt grundsätzlich eine förmliche Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung (ein sehr beliebtes Feld für Anwender, formale Fehler zu machen und ihre Rechte zu verlieren). Durch die Rechtsprechung geistert immer wieder die Auffassung, daß der Anwender auch dem Leasinggeber Nachfrist mit Ablehnungsandrohung für die Beseitigung der Fehler setzen muß. Das ist bei Verzug verständlich, wenn der Leasinggeber seine eigene Haftung für Verzug nicht dadurch ausgeschlossen hat, daß er alle Verzugsansprüche gegenüber dem Lieferanden an den Anwender abgetreten hat (parallel zur Abtretung von Gewährleistungsansprüchen). Denn dann ist er noch Schulder für die ausstehenden Leistungen.

Ob das nun dogmatisch richtig oder falsch ist: Der Anwender sollte sich dadurch absichern, daß er auf jeden Fall Schreiben an den Lieferanden, in denen er Nachfrist mit Ablehnungsandrohung setzt, auch an den Leasinggeber in Kopie schickt und mit einem Anschreiben des Inhalts ergänzt, daß diese Nachfristsetzung auch für den Leasinggeber gelten soll Sollen Verzugsansprüche geltend gemacht werden, ist das dringend anzuraten.

Eine letzte Empfehlung bezieht sich auf die Synchronisierung von Leasingvertrag und Wartungsvertrag mit dem Lieferanden. Wartungsverträge sind sehr häufig so formuliert, daß sie zum Ende eines Jahres gekündigt werden können. Das ist sehr häufig das Kalenderjahr Man kann sich viele Konstellationen ausdenken, in denen das Ende des Leasingvertrages nicht mit dem Termin übereinstimmt, zu dem der Wartungsvertrag gekündigt werden kann. Deswegen sollte in den Wartungsvertrag die Klausel aufgenommen werden, daß der Anwender den Wartungsvertrag auf jeden Fall zu demjenigem Zeitpunkt kündigen kann, zu dem der Leasingvertrag endet.

*Diplom-Volkswirt Dr. Christoph Zahrnt, Rechtsanwalt in Neckargemünd, beschäftigt sich ausschließlich mit DV-Vertragsrecht und Softwareschutz.