Darstellungsprobleme in der Textverarbeitung:

Die Qualität reicht nur zum Briefeschreiben

05.03.1982

Von Dr. Wolfgang Appelt, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsvorhaben Bürokommunikation der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung, (GMD), 5205 St. Augustin 1, Schloß Birlinghoven.

Ein noch nicht zufriedenstellend gelöstes Problem im Rahmen der Textverarbeitung ist die Ausgabe digital gespeicherter Texte auf Papier in hoher Darstellungsqualität. Dies liegt hauptsächlich daran, daß die Druckqualität der bislang verfügbaren mechanischen Drucker (Kettendrucker, Matrixdrucker, Typenraddrucker etc.) recht gering ist und nur für bestimmte Anwendungsbereiche, zum Beispiel für übliche Geschäftsbriefe oder einfachere Formulare, nicht aber für Veröffentlichungen, bei denen in etwa Buchdruckqualität gewünscht wird, oder für technisch-wissenschaftliche Veröffentlichungen. In denen umfangreiche Sonderzeichen oder etwa chemische oder mathematische Formeln benötigt werden, ausreicht.

Für die Testverarbeitung im Bürobereich steht bisher nur wenig Software zur Verfügung, mit der sich mit einem vertretbaren Aufwand Texte zum Drucken in guter Qualität aufbereiten und gestalten lassen. Die zur Zeit auf dem Hardware- und Softwaresektor zu beobachtenden Tendenzen lassen erwarten, daß sich demnächst Lösungsmöglichkeiten für diese Probleme finden werden.

Für die Zukunft ist zu erwarten, daß im Druckwesen übliche Techniken auch für die Textverarbeitung im Bürobereich eingesetzt werden. Insbesondere ist damit zu rechnen, daß Laserdrucker und Lichtsatzanlagen zu gebräuchlichen Ausgabegeräten werden. Im Büro der Zukunft wird der Autor technisch-wissenschaftlicher Texte diese an einem Rasterdisplay erstellen, Arbeitsabzüge auf einem Laserdrucker drucken und den fertigen Text dann auf einer Lichtsatzanlage setzen.

Eine exakte Definition, was unter Darstellungsqualität zu verstehen ist, etwa in dem Sinne, daß man eine Maßskala für die Qualität der Darstellung eines Textes angeben könnte, ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Sie ist nicht zuletzt auch vom Inhalt des Textes abhängig. Drei wesentliche Faktoren, von denen die Druckqualität eines Textes abhängt, sind allerdings der Umfang des zur Verfügung stehenden Zeichensatzes, die Flexibilität bei der Zeichenpositionierbarkeit sowie die Formatierung des Textes (Umbruch).

Was ist Darstellungsqualität?

Der Zeichensatz, der auf einem bestimmt Ausgabegerät dargestellt werden kann, ist erstens festgelegt durch den zur Verfügung stehenden Zeichenvorrat (wie verschiedene Alphabete, Sonderzeichen, mathematische Symbole etc.), zweitens durch den Zeichenfont, in dem der Zeichenvorrat dargestellt werden kann (Antiqua, Grotesk, Fraktur, Helvetica), drittens durch die Art der Darstellung, in der ein Zeichenfont gedruckt werden kann (normal, kursiv, fett, fett-kursiv) und viertens noch durch die Zeichengröße.

Bei vielen Ausgabegeräten läßt sich ein Zeichen nicht an eine beliebige Stelle des Papiers positionieren; die Positionierungsmöglichkeiten sind auf ein festes und meist recht grobes Raster beschränkt. Dieses Raster wird häufig durch die (oft für alle Zeichen identische) Zeichenbreite und den Zeilenabstand festgelegt. Ein wesentlich besseres Druckbild und eine bessere Lesbarkeit eines Textes ergeben sich bei variabler Zeichenbreite (Proportionalschrift) und variabler Positionierung eines Zeichens relativ zur Schriftzeile (zum Beispiel für Indizes, Verweise auf Fußnoten und so weiter). Bei technisch-wissenschaftlichen Texten ist häufig (etwa für mathematischen Formelsatz) eine große Flexibilität bezüglich der Zeichenpositionierbarkeit erforderlich.

Von großer Bedeutung für die Darstellungsqualität ist ferner, wie ein Text formatiert ist, das heißt wie die Zeichen des Textes auf das zweidimensionale Medium Papier verteilt sind. Eine Formatierung kann die Lesbarkeit eines Textes ganz wesentlich beeinflussen. Optische Hilfsmittel zur Erhöhung der Lesbarkeit sind zum Beispiel der Textumbruch (Randausgleich, mehrspaltiger Druck etc.), Wechsel des Zeilenabstands, Gliederung des Textes durch Abschnitte oder Einrücken von Textteilen.

Als Ausgabegerät bezeichnen wir hier ein Gerät, mit dem ein digital gespeicherter Text für den Menschen lesbar gemacht werden kann (Datensichtgeräte, Drucker und Lichtsatzanlagen). Als Ausgabegeräte, die den Anforderungen für eine gute Druckqualität auch die komplizierteren Texten genügen, kommen im wesentlichen nur hochauflösende Rasterdisplays, Laserdrucker und Lichtsatzanlagen in Frage- die konventionellen Terminal- und Druckertypen scheiden auf Grund ihres geringen Zeichensatzumfangs und der geringen Flexibilität bei der Zeichenpositionierbarkeit aus.

Geeignete Ausgabegeräte

Hochauflösende Rasterdisplays, deren Auflösung etwa in der Größenordnung von 800 x 1000 Punkten liegt und die ursprünglich für die grafische Datenverarbeitung entwickelt wurden, dürften in Zukunft in Verbindung mit Personal Computern verstärkt auch im Bürobereich eingesetzt werden. (Typische Vertreter dieses Gerätetyps sind etwa der Star von Xerox oder der Perq von Three Rivers, in Europa von ICL vertrieben.) Während in der Vergangenheit der Einsatz dieser Geräte im Bürobereich (von Spezialfällen abgesehen) wegen der hohen Kosten praktisch ausschied, wird sich dies in Zukunft auf Grund der sinkenden Preise ändern. Diese Geräte gestatten schon bei der Texteingabe eine Darstellung der Texte, und zwar inklusive mathematischer oder technischer Formeln sowie von Grafiken, in der Form, die diese später auf dem Papier annehmen sollen. Dies erleichtert die Erstellung von technisch-wissenschaftlichen Texten ganz erheblich. Die im Vergleich zu konventionellen Terminaltypen höheren Kosten dürften sich für diese Textarten schnell amortisieren.

Ebenso ist damit zu rechnen, daß in Zukunft verstärkt Laserdrucker anstelle der konventionellen mechanischen Drucker oder Schreibmaschinen im Bürobereich eingesetzt werden. Dies werden weniger Laserdrucker mit sehr hoher Druckleistung wie etwa der Siemens-Drucker 3352 oder der damit vergleichbare 3800 von IBM sein, als vielmehr relativ preiswerte (dafür allerdings langsamere) Laserdrucker, wie etwa der Canon LBP-10 oder der Xerox 8044, deren Funktionsumfang jedoch weit über den der konventionellen Drucker hinausgeht (für diese Druckertypen wird häufig die Bezeichnung Intelligente Kopierer oder Image Printer verwendet). Diese Drucker genügen weitgehend den oben aufgeführten Anforderungen an die Darstellungsqualität eines Textes: Sie besitzen einen sehr großen Zeichensatz, eine sehr variable Zeichenpositionierbarkeit und häufig auch die Möglichkeit zur Erzeugung von Grafiken. Mit ihnen lassen sich auch wissenschaftlich-technische Texte fast in Lichtsatzqualität drucken.

Einen wesentlichen Impuls zur Einführung dieser Druckertypen werden die lokalen Netze geben: Es ist dann einerseits nicht mehr erforderlich, jedem Arbeitsplatz in der Textverarbeitung ein eigenes Hardcopy-Gerät zuzuordnen, andererseits gestattet der in Zukunft relativ niedrige Preis dieser Drucker bei gleichzeitig wesentlich höherem Funktionsumfang eine dezentrale Aufstellung, zum Beispiel in den einzelnen Abteilungen eines Unternehmens, ohne daß der zeitraubende Umweg über die Ausgabegeräte der zentralen DV-Anlage erforderlich ist.

Prinzipielle Hardware-Probleme gibt es dabei heute nicht mehr. Was noch fehlt, ist eine ausgereifte, auf den Bürobereich zugeschnittene Software sowie eine Integration der einzelnen Komponenten in ein abgestimmtes Gesamtkonzept.

Dargestellt wird per Software

Die Ausnutzung der Fähigkeiten von hochauflösenden Rasterdisplays, Laserdruckern und Lichtsatzanlagen ist in der Regel nicht trivial und erfordert einen erheblichen Aufwand, der sinnvoll nur mit Unterstützung komplexer Bedienungssoftware in den Griff zu bekommen ist. Für den Autor eines Textes relevante Software besteht im wesentlichen aus Editoren und Formatierern, wobei insbesondere letztere für die Darstellungsqualität eines Textes von Bedeutung sind.

Ein Formatierer ist ein Programm, das einen digital abgespeicherten Text nach bestimmten (im Text selbst enthaltenen) Vorschriften "sinnvoll" auf einem zweidimensionalen Medium (Papier, Film, Kathodenstrahlröhre) ausgibt. Übliche Funktionen eines Formatieres sind die Gestaltung des Seiten-Layouts (Zahl der Zeilen pro Seite, Länge der Zeilen, Kopf- und Fußzeilen, Seitennumerierung etc.), Textumbruch (Umbruch mit oder ohne Randausgleich, ein- oder mehrspaltiger Umbruch, Worttrennung, Tabellensatz) und Auswahl verschiedener Zeichensätze.

Der Funktionsumfang eines Formatierers ist dabei sehr von dem Ausgabegerät abhängig, für den der Text aufbereitet werden soll. Zur Zeit findet man im Bürobereich in der Regel recht simple Formatierer oder Editoren mit einfachen Formatiermöglichkeiten. Dies liegt zum einen daran, daß die dort eingesetzten Ausgabegeräte auf Grund ihrer Hardware-Eigenschaften nur recht geringe Möglichkeiten zur Druckaufbereitung eines Textes besitzen. Zum anderen besitzen diese Geräte nur wenig (lokale) Rechenleistung, so daß komplexe Software nicht verwendet werden kann.

Typologische Kenntnisse

Auf der anderen Seite sind im Druckwesen, speziell für die Lichtsatztechnik, komplexe Systeme zur mehr oder weniger automatischen Formatierung von Texten für hohe Darstellungsqualität im Einsatz (etwa das System Cosy für Lichtsatzanlagen). Der Nachteil dieser Systeme ist allerdings, daß sie meist sehr stark auf bestimmte Hardware zugeschnitten und zu ihrer Bedienung umfangreiche typografische Kenntnisse erforderlich sind, die einen Einsatz im Bürobereich praktisch ausschließen.

Neben diesen beiden Extremen - simple Formatiermöglichkeiten im Bürobereich und hochspezialisierte Formatierer im Druckwesen - sind in den letzten Jahren vorwiegend in amerikanischen Forschungslabors eine Reihe von Systemen entwickelt worden (zum Beispiel Script von IBM, TEX an der Stanford University Troff von Bell Laboratories). Sie verlangen von den Benutzern zwar nur recht geringe typografische Kenntnisse, dafür aber eine höheren Ansprüchen genügende Textformatierung (auch mathematischen Formelsatz) für Lichtsatzanlagen oder Laserdrucker.

Der Nachteil dieser Programme für den Einsatz im Bürobereich besteht zur Zeit noch darin, daß sie wegen ihres Umfangs nur auf mittleren bis größeren DV-Anlagen lauffähig sind. Dieses Problem wird demnächst allerdings entfallen, da die Bürosysteme der Zukunft über ausreichende Rechenleistung verfügen werden. Der Perq von Three Rivers ist heute schon mit 1 Megabyte lieferbar.

Die GMD* hat inzwischen mit Arbeiten auf dem Gebiet der Textausgabe in hoher Druckqualität begonnen.

Integrations-Konzepte

Zu entwickeln sind etwa noch Konzepte zur Integration verschiedenartiger Ein-/Ausgabegeräte in ein geschlossenes System sowie die Einbettung solcher Systeme in dezentrale Rechnernetze. Ebenso ist das Problem der Schaffung geeigneter Benutzerschnittstellen solcher Systeme noch nicht befriedigend gelöst. Ferner müssen Editoren und leistungsfähige Formatierer etwa speziell für technisch-wissenschaftliche Texte entwickelt und auf die im Vergleich zu konventionellen Terminals wesentlich größeren Fähigkeiten von Personal Computern mit Rasterdisplays hin ausgerichtet werden. Bisher im Großrechnerbereich beziehungsweise im Bereich der Textverarbeitung mit Textautomaten vorhandene Lösungen können dabei nur teilweise übernommen werden.