25 Jahre Windows

Die Qual der CW-Redakteure

02.08.2010

Begeistert, ernüchtert

Meine ersten prägenden Erfahrungen mit der Fenstertechnik sammelte ich 1990 während eines Auslandspraktikums bei Digital Equipment. "DECwindows" nannte der seinerzeit zweitgrößte IT-Hersteller nach IBM das System. Dahinter steckte eine schicke grafische Oberfläche, die die Komplexität des eigentlich für Midrange-Computer konzipierten Betriebssystems VMS recht gut kaschierte. Der große Unterschied zum "echten" Windows: Auf den mächtigen DEC-Workstations ließen sich fast beliebig viele Fenster öffnen und Programme gleichzeitig ausführen, ohne dass der Nutzer die berüchtigten Microsoft-Bluescreens fürchten musste.

Auf die Begeisterung mit dem DEC-System folgte schnell Ernüchterung, als ich mir den ersten persönlichen Computer (Modell "Highscreen" von Vobis mit 386-CPU) leistete. Vobis installierte standardmäßig Windows 3.0 auf den Rechnern. Um das System einigermaßen im Griff zu behalten und komfortabel bedienen zu können, waren seinerzeit noch jede Menge zusätzliche Werkzeuge nötig. "PC-Tools" und "Norton Commander" hießen zwei prominente Vertreter einer ganzen (Software-)Industrie, die im Grunde nur von den Unzulänglichkeiten des "grafischen DOS-Aufsatzes" lebte.

Dann kam Linux, und die Begeisterung der Open-Source-Protagonisten wirkte auf mich zunächst durchaus ansteckend. Nichts weniger als eine Revolution in der IT prophezeiten die Anhänger der quelloffenen Software, natürlich zu Lasten von Microsoft, das nach den zahlreichen Kartellverfahren vielen nur noch als Reich des Bösen galt. In der Backend-IT etlicher Unternehmen hat sich Linux tatsächlich als robustes Server-Betriebssystem etabliert, allerdings litten darunter vor allem die klassischen Unix-Derivate. Auf dem Desktop hingegen hielt sich die Akzeptanz der Linux-Distributionen von Suse und Co. in engen Grenzen. Ihrer zugedachten Rolle als Windows-Killer werden die Linux-Desktops bis heute nicht gerecht, auch wenn Distributionen wie Ubuntu in Sachen Bedienkomfort kaum noch Wünsche offen lassen. Vieles spricht dafür, dass Linux auf dem Desktop auf absehbare Zeit ein Nischenmarkt bleibt. Windows dürfte also auch die nächsten 25 Jahre noch erleben, auf dem Desktop, im Rechenzentrum oder irgendwo in den Weiten der Cloud.