Die Produktionskosten steigen

18.09.2001

Auch die Situation des niederländischen Elektronikriesen Philips straft den Intel-Optimismus Lügen. Die Nummer elf im weltweiten Halbleitermarkt veröffentlichte Ende vergangener Woche ebenfalls eine Gewinnwarnung. Bereits im ersten Quartal war der Nettogewinn des Konzerns auf 106 Millionen Euro geschrumpft, während im Vergleichszeitraum 2000 noch 1,14 Milliarden Euro Gewinn erzielt wurden. Für das laufende zweite Quartal erwartet Philips allein im Halbleitergeschäft einen Betriebsverlust von 175 Millionen Euro. Wie das Unternehmen mitteilte, werden die Einnahmen der Sparte, die rund 15 Prozent zum Gesamtumsatz beitragen, nochmal um 20 bis 25 Prozent geringer ausfallen als im ersten Jahresviertel. Symptomatisch für die gesamte Branche drücken auch bei Philips die steigenden Produktionskosten aufs Geschäft. Bereits im vergangenen Jahr rechnete der Hersteller vor, dass der Kapitalbedarf für die Produktion "in den letzten Jahren beträchtlich schneller gestiegen ist als der Umsatz". Die Konsequenz: Gelinge es nicht das Verhältnis zwischen Umsatz und Produktionskosten zu verbessern, "könnte die Entscheidung getroffen werden, den Halbleiterbereich teilweise zu verkaufen - durch eine selbständige Börsennotierung - oder in ein Joint Venture mit einem anderen Anbieter einzubringen", so eine Unternehmensmitteilung.

Dass die schlechte Stimmung nicht nur auf Europa beschränkt ist, bestätigt ein Blick in die USA. Auch SIA-Mitglied National Semiconductor (Natsemi) schaut nicht so optimistisch in die Zukunft wie sein Verband. Erst Mitte Mai raffte sich das Unternehmen zu einem rigiden Sparkurs auf und kündigte den Abbau von 1100 Stellen und damit rund zehn Prozent seiner Belegschaft an. In dem am 27. Mai beendeten vierten Geschäftsquartal rutschten die Kalifornier in die roten Zahlen. Dem Nettogewinn von 153,9 Millionen Dollar im Schlussquartal 2000 steht nun ein Minus von 44,4 Millionen Dollar gegenüber. Der Quartalsumsatz von 401,2 Millionen Dollar fiel um gut ein Drittel niedriger aus als im Vorjahr. Auch für das laufende Quartal konnte Natsemi-CEO Brian Halla wenig Zuversicht verbreiten. "Es ist gut möglich, dass das Schlimmste hinter uns liegt", versuchte der Firmenchef Hoffnung zu demonstrieren. Immerhin habe sich im Mai eine leichte Erholung auf der Auftragsseite gezeigt. Das war aber auch schon alles.

Mit noch handfesteren Problemen kämpft der US-Handy- und Chiphersteller Motorola, der gleich in beiden Kernbereichen starke Einbußen hinnehmen musste. Für das erste Finanzquartal wurde im Halbleitersektor ein Umsatzrückgang um 22 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar sowie ein Gewinneinbruch von plus 128 Millionen im Vorjahresquartal auf minus 131 Millionen Dollar gemeldet. Für das zweite Jahresviertel geht das Unternehmen von noch höheren Einbußen aus. Neben dem Verkauf einiger Geschäftsbereiche - Gerüchten zufolge steht derzeit dass Geschäft mit Regierungsorganisationen zur Disposition - setzte der Konzern 26000 Mitarbeiter seiner 147000 Mann starken Belegschaft auf die Straße. Trotz dieser Sparbemühungen stufte Standard & Poor´s die Kreditwürdigkeit von Motorola bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr herunter. Es sei noch nicht bekannt, wie die Umstrukturierungsmaßnahmen greifen und die Kosten senken würden, begründete die Rating-Agentur den Schritt.

Mit Altera stimmt ein weiterer US-Chiphersteller in das Klagelied ein. Das Unternehmen hatte zwar für das zweite Quartal sinkende Verkäufe erwartet, jedoch nicht in diesem Ausmaß. Gegenüber dem ersten Quartal des laufenden Jahres erwartet der US-Anbieter nun nicht wie vorgegeben einen Umsatzeinbruch um 20, sondern wahrscheinlich um 25 Prozent von 287,4 Millionen auf 215,6 Millionen Dollar. Die Einnahmen des Vorjahresviertels hatten sich noch auf 340,7 Millionen Dollar belaufen. Obwohl der Hersteller von programmierbaren Bauteilen sowie integrierten Schaltkreisen (ICs) in den vergangenen Wochen eine leichte Erholung der Auftragseingänge und Verkäufe registrierte, bleibt die Situation angespannt.

Doch nicht jeden hat die Krise erwischt. Neben einigen Spezialisten wie Nvidia, das sich auf hochwertige Grafikchips spezialisiert hat und im gerade abgeschlossenen ersten Finanzquartal einen Zuwachs um knapp 60 Prozent verzeichnen konnte, scheint auch Intel-Rivale AMD keine Gewinnwarnung abgeben zu müssen. Nach vierjähriger Durststrecke war es dem Konzern im vergangenen Jahr erstmals wieder gelungen, bei Einnahmen von 4,64 Milliarden Dollar mit einem positiven Nettoergebnis von 983 Millionen Dollar aufzuwarten. Auch im neuen Geschäftsjahr stieg der Umsatz im ersten Quartal immerhin um neun Prozent gegenüber dem Vorjahreswert auf 1,18 Milliarden Dollar, allerdings bei einem von 178 auf 125 Millionen Dollar gesunkenen Nettoprofit, was nicht zuletzt an dem von AMD angestachelten Preiskampf mit Intel liegen dürfte. Eigenen Angaben zufolge war es AMD gelungen, Intel vor allem bei Consumer-PCs Marktanteile abzuluchsen und die aktuellen Prozessorlinien "Athlon" und "Duron" erfolgreich zu verkaufen.