Cloud-Giganten

Die Oracle-Cloud hat noch viel Luft nach oben

11.04.2016
Von 


René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.
Im Rahmen von Multi-Cloud-Szenarien spielen Public-Cloud-Umgebungen eine zentrale Rolle. Die IaaS- und PaaS-Angebote der Oracle Cloud spielen in deutschen Unternehmen zwar noch keine große Rolle. Doch der Datenbankriese versucht, die große installierte Basis seiner On-Premise-Kunden zumindest teilweise in die Public Cloud zu hieven.

Oracle fasst sein Cloud-Angebot unter der Oracle Cloud zusammen. Unter diesem Dach versucht der Konzern, ein umfangreiches Portfolio zu schnüren, um den gesamten Cloud-Stack zu bedienen. Neben SaaS-Lösungen für HCM, ERP, CX, SCM und EPM spielt der Bereich Data-as-a-Service (DaaS), also Oracles Kerndisziplin, eine besondere Rolle.

Oracle fasst sein Cloud-Angebot unter der Oracle Cloud zusammen.
Oracle fasst sein Cloud-Angebot unter der Oracle Cloud zusammen.
Foto: jejim - shutterstock.com

Oracles Cloud-Strategie liegen zwei Ziele zugrunde:

  • Konsistenz: Jede Oracle-Software soll zukünftig auch als Cloud-Service verfügbar sein.

  • Hybrid: Auf Basis eines von Oracle definierten Standards sollen Kunden in die Lage versetzt werden, sämtliche Oracle-Cloud-Angebote ohne Einschränkungen sowohl in der Public als auch in einer Private Cloud zu betreiben und somit Workloads nahtlos verschieben können.

Zur aktiven Unterstützung der hybriden Strategie hat Oracle die Private Cloud Machine vorgestellt. Dabei handelt es sich um einen physikalischen Server, auf dem sich der identische IaaS- und PaaS-Stack befindet, den Oracle auch in seiner Public Cloud verwendet. Die Private Cloud Machine wird im eigenen Rechenzentrum eines Kunden installiert und in einem Managed Private Cloud-Modell von Oracle verwaltet und ständig aktualisiert.

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Oracle Cloud: Infrastructure-as-a-Service

Seit 2014 ist Oracle mit einem Infrastructure-as-a-Service (IaaS) Angebot am Markt. Die Cloud-Services werden über 19 weltweit verteilte Rechenzentren ausgeliefert. Für den deutschen Markt betreibt Oracle zwei Rechenzentren in Deutschland, ein primäres in Frankfurt und ein Backup-Rechenzentrum in München, womit sich eine Georedundanz innerhalb von Deutschland aufbauen lässt. Allerdings sei angemerkt, dass derzeit noch nicht alle Oracle-Cloud-Services aus einem deutschen Rechenzentrum bereitgestellt werden.

Der Infrastruktur liegen diverse Technologien zugrunde, darunter OpenStack, Nimbula (eine Oracle-Akquisition für das Cloud-Management aus dem Jahr 2013), Linux, der XEN Hypervisor und Docker.

Im Rahmen seines IaaS-Angebots konzentriert sich Oracle ausschließlich auf die Bereitstellung von Basis-Infrastrukturleistungen. Dazu gehören:

  • Rechenleistung (Elastic Compute)

  • Speicherplatz (Elastic Block Storage, Elastic Object Storage)

  • Netzwerk (Network)

  • Sicherheit (Secure Identity)

Der Zugriff auf diese Ressourcen erfolgt nicht im typischen Self-Service-Modus einer Public Cloud. Stattdessen lässt sich das Angebot (derzeit nur Storage) in einem 30 Tage Free-Trial ausprobieren.

Die Steuerung der Infrastrukturressourcen erfolgt entweder auf Basis einer REST API, der Python-basierten Kommandozeile oder einer graphischen Weboberfläche. Virtuelle Maschinen können im Self-Service bestellt werden und lassen sich mit von Oracle vorkonfigurierten Images bereitstellen. Die Absicherung der eigenen virtuellen Infrastruktur erfolgt zum einen über Listen und Regeln, mit denen der Netzwerkzugriff auf die einzelnen Instanzen gesteuert wird. Zum anderen anhand von Firewalls, mit denen sich Gruppen von Objekten bilden lassen, um darüber den Zugriff auf mehrere Ressourcen gleichzeitig zu steuern bzw. diese zu isolieren.

Die Rechenleistung bietet Oracle in zwei Varianten an - Compute und Dedicated Compute. Diese unterscheiden sich wie folgt:

Compute

  • Richtet sich an Fachabteilungen und Nutzer von Test- und Entwicklungsumgebungen

  • Gemeinsam genutzte physikalische Infrastruktur

  • Garantierte Kapazität für 50 und 100 Kerne

  • Die Isolation erfolgt anhand des Ressourcenmanagements über die verschiedenen Kundenumgebungen.

Dedicated Compute

  • Richtet sich an Großunternehmen

  • Jeder Kunde erhält seine dedizierte physikalische Umgebung

  • Die benötigte Leistung ist planbar

  • Kapazitäten für 500, 1000, 1500 und 2000 Kerne stehen zur Verfügung

  • Vollständige Netzwerkisolation zu anderen Kunden

  • Exklusives Site-to-Site VPN zwischen der Oracle Cloud und der eigenen Umgebung

Der Zugriff auf die Infrastrukturressourcen erfolgt typischerweise über das Internet. Anhand einer Cross-Connect-Verbindung über Partner-Angebote wie dem Equinix Cloud Exchange lassen sich auch direkte Verbindungen zwischen dem Unternehmensnetzwerk und der Oracle Cloud-Infrastruktur aufbauen.

Oracles Infrastruktur-Angebot fokussiert sich ausschließlich auf Infrastruktur-Ressourcen und vernachlässigt Platform- und Mehrwertservices. Deshalb kann es derzeit kaum ernsthaft mit den führenden Public-Cloud-Anbietern konkurrieren. Oracles Hauptaugenmerk liegt daher immer stärker auf der Platform-Ebene, für die das Infrastrukturangebot die Grundlage bildet. Darüber sollen andere Zielgruppen wie etwa Entwickler angesprochen werden.