"Die mittlere Datentechnik ist kein Feind des Service-Gedankens"

23.07.1976

Mit Dipl.-Kfm. Kurt Rupprecht, Vorsitzender der Geschäftsleitung der rational Rechenzentren-Gruppe, München, und Vorstandsvorsitzender des Verbandes Deutscher Rechenzentren e. V., sprach CW-Redakteur Dieter Eckbauer

CW: Hartnäckig hält sich das Vorurteil, Service-Kunden seien "halbherzige" Datenverarbeiter. Trifft das eigentlich zu?

Rupprecht: Die Frage hat vielleicht in der Vergangenheit ihre Berechtigung gehabt. Wir haben jedoch das letzte Mal bei einer Untersuchung festgestellt, daß mindestens 50 Prozent aller Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten in irgendeiner Form EDV einsetzen. Und von dieser Zahl wiederum 90 Prozent sich in irgendeiner Form der Datenverarbeitung außer Haus bedienen. Dabei verstärkt sich dieser Trend, was die Betriebsgröße angeht, sowohl nach oben als auch nach unten. Das heißt, die Betriebe, die zum Service-Rechenzentrum finden, werden einmal immer kleiner, andererseits lösen größere Betriebseinheiten, die eigene Datenverarbeitungsanlagen haben, diese zum Teil oder ganz auf und verlagern die entsprechenden Aufgabengebiete auf die externe Datenverarbeitung. Darüber entscheidet im Einzelfall der Rechenstift. Dazu kommt, daß die technischen Möglichkeiten gerade zur Datenfernverarbeitung und der vielgepriesenen Intelligenz vor Ort hier zu einer Arbeitsteilung führen, das heißt, vor Ort zu erledigende Arbeiten werden auch dort von Anlagen der mittleren Datentechnik oder Minicomputern durchgeführt, große Auswertungen, die nicht unbedingt zeitgebunden sind, im Rechenzentrum ausgewertet.

CW: Nun sind es ja gerade die MDT-Hersteller, die arbeitsplatz-orientierte Datenverarbeitung propagieren und damit auch Kleinbetrieben die eigene Anlage schmackhaft machen wollen.

Rupprecht: Da die Meinungen unserer Mitglieder noch sehr unterschiedlich sind, haben wir auf unserer letzten Jahrestagung im Mai 76 beschlossen, eine Dokumentation über die Datenverarbeitung in den 80er Jahren unter besonderer Berücksichtigung der Datenverarbeitung außer Haus zu erarbeiten. In dieser Dokumentation wird sowohl die Stellung der kleineren und mittleren Service-Rechenzentren "contra oder mit MDT" als auch der großen Service-Rechenzentren in Verbindung mit DFÜ und der Zusammenarbeit mit der mittleren Datentechnik besonders untersucht.

CW: Intimfeinde der Service-Branche behaupten oft, das Service-Geschäft sei damit belastet, daß die freien Rechenzentren mit ihrem Dienstleistungsangebot den gestiegenen Anforderungen des Marktes auch hinsichtlich der Qualität nicht nachkommen können.

Rupprecht: Wir stellen seit Jahren einen Trend zur Verbesserung der Service-Leistungen in den Rechenzentren fest, und zwar schon allein deshalb, weil eine Vielzahl von sogenannten "Rucksack-Rechenzentren" zwischenzeitlich am Markt ausgeschieden ist und sich nur noch wirklich kaufmännisch und technisch einwandfrei geführte Firmen ihren Platz erobert haben. Gerade der Trend zum immer kleineren Mandanten hat sicherlich zu einem gewissen Strukturwandel geführt. Lag früher die Hauptaufgabe des Service-Rechenzentrums in der Zurverfügungstellung von Maschinenkapazität, so hat heute die Kundenbetreuung einschließlich der Programmerstellung und Programmwartung mindestens gleiches Gewicht.

CW: Welche Möglichkeiten hat ein potentieller Kunde, sich über das Angebot der Rechenzentren zu informieren?

Rupprecht: Wenn der Anwender vollkommen ohne Marktkenntnisse an die Dinge herangeht, wäre natürlich der günstigste Weg, einmal im Handbuch der Rechenzentren, das vom VDRZ herausgegeben wird, nachzusehen, welche Leistungspalette die einzelnen Rechenzentren - vielleicht örtlich gesehen - für ihn anbieten.

Anschließend wird der Weg bei größeren Angeboten immer wieder in der Form beschritten, einen Leistungskatalog zusammenzustellen und von den einzelnen Rechenzentren Angebote aufgrund dieses Leistungskatalogs anzufordern. Sicherlich ist jedoch nicht nur der Preis entscheidend, sondern vielmehr die Referenzen, die das einzelne Rechenzentrum hat, nämlich auf Sicherheit und Pünktlichkeit der Lieferung und als fast wichtigsten Punkt - auf die laufende Betreuung des Kunden.

CW: Wie wirkt sich die Datenschutz-Gesetzgebung auf die Branche aus?

Rupprecht: Die Bestimmungen des Datenschutz-Gesetzes, soweit sie bis jetzt bekannt sind, werden eigentlich in der Vielzahl unserer Betriebe bisher schon - abgesehen von technischen Einzelheiten - zum Beispiel der genauen Registrierung von personenbezogenen Daten - erfüllt. Wir glauben deshalb, daß die Service-Rechenzentren in dieser Richtung ohne weiteres mit den Gesetzesbestimmungen einig gehen können.

CW: Trifft es zu, daß die Service-Rechenzentren immer größere Anlagen einsetzen?

Rupprecht: Der Durchschnitts-Umsatz pro Kunde, der vor ungefähr drei Jahren noch bei DM 100,- pro Monat lag, ist inzwischen auf etwa 1000 Mark gestiegen. Insofern können wir bei unseren Verbandsmitgliedern einen allgemeinen wirtschaftlichen Trend feststellen, daß nämlich die Einheiten als solche weniger, jedoch die Maschinenausstattungen der verbleibenden immer größer werden und auch der Gesamtumsatz steigt. Kleinere Rechenzentren werden sicherlich ihre Daseinsberechtigung behalten, nämlich dann, wenn sie in ausgesprochenen Marktnieschen sehr kundennah angesiedelt sind. Vielleicht ist der Vergleich mit dem Einzelhandel erlaubt - neben den großen Kaufhäusern gibt es auch immer noch die kleine Boutique für den Spezialkäufer.