Die Minis kommen Quo vadis MDT ?

27.03.1975

MÜNCHEN - Solange sich betroffene Anwender durch die - eventuell dubiose

- Einstufung ihrer Anlage in die MDT nicht als Betreiber eines "Sozial-Computers für organisatorisch Minderbemittelte" abgestempelt fühlen, ist die Frage der theoretischen Abgrenzung des Begriffs "MDT" von sekundärem Interesse. Eine CW-Schwerpunktausgabe "Mittlere Datentechnik" ist nicht der Rahmen, diese Frage eingehend zu diskutieren. Zur Definition nur soviel: weil Geräte mit Magnetkonten-Verarbeitung Anfang der sechziger Jahre die herkömmlichen Buchungs- und Fakturierautomaten ablösten, gilt ,"MDT" seitdem fast nur als anderer Ausdruck für "Magnetkonten-Computer".

Neuartige Speichermedien, das Vordringen alternativer Produkte (Mini- und Mikrocomputer), die Ausweitung des Anwendungsspektrums und Fortschritte in der Software-Entwicklung geben dem Begriff einen neuen Inhalt.

Kommen die Minis?

Die Techniker sprechen von MOS/LSI-Technologie, Mikroprogrammen, Buslines, Interrupts und Throughput: die Zeiten des Fädelns von Magnetkernen sind vorbei. Schwerpunkt der weiteren Entwicklung der Mittleren Datentechnik wird, was die Hardware betrifft, ein stärkerer Einsatz der Elektronik sein: Größere Hauptspeicherkapazitäten, zunehmender Einsatz von Magnetplatten (zum Beispiel Floppy Disks), erweiterte Peripherie verschafft Zugang zu Betriebsformen, die man bisher nur in der Groß-EDV kannte.

So dringen in den kommerziellen Bereich immer mehr Rechner ein, die eigentlich für technisch-wissenschaftliche Aufgaben konzipiert wurden. Im Preisbereich der "klassischen MDT" sind heute Rechner zu haben, die Multiprogramming und Echtzeitverarbeitung - unterstützt durch komfortable Betriebssysteme - sowie Dialogbetrieb mit Terminals bieten.

So hat zum Beispiel MAI mit den Basic Four Systemen seit seinem Markt-Eintritt in der bis dahin friedlichen MDT-Landschaft erheblichen Flurschaden angerichtet. Andere Hersteller drängen nach: Minicomputer-Hersteller wie Digital Equipment, Wang, Datapoint, Quantel - diese Aufzählung ist beileibe nicht vollständig - haben den etablierten MDT-Herstellern (Nixdorf, Kienzle, Philips etc.) den Kampf angesagt. Welchen Einfluß die Ankündigung des IBM-Systems/32 haben wird, ist noch nicht abzusehen. Daß die MDT-Spezialisten die Herausforderung angenommen haben, beweist die jüngste Ankündigung des Modells 8830 von Nixdorf: in Paderborn sieht man für das Magnetkonto nach wie vor ein breites Anwendungsspektrum.

Neue Applikationen

Fast noch interessanter als die Entwicklung von Produktalternativen scheint eine Betrachtung unter organisatorischen Gesichtspunkten.

Wurden bisher MDT-Computer überwiegend als Stand-alone-Maschinen eingesetzt, so profitieren die Hersteller von Anlagen der Mittleren Datentechnik jetzt von dem Trend in Mittel- und Großbetrieben, Datenverarbeitungsaufgaben zur besseren Handhabung und schnelleren Auskunftsbereitschaft wieder nach außen, an den Arbeitsplatz des Sachbearbeiters, quasi an die Front, zu verlegen.

Die Tendenz, MDT-Anlagen als Terminals in Verbundsystemen und für intelligente Datenerfassung einzusetzen, wird sich weiter verstärken.

Einfache Programmierung

Bei der Entwicklung von Software für MDT-Anlagen zeichnet sich eine Konzentration auf Programmiertechniken ab, die eine unmittelbare Umsetzung von Anwenderdaten in Programme ermöglichen: Für die Erfassung der Organisation, Datenprofile und Sollkonzeption werden den Kunden Checklisten an die Hand gegeben, nach denen Programme mit individuellem Zuschnitt aus vorhandenen Moduln "komponiert" werden (ein Beispiel dafür ist Firm von Nixdorf).

Diese Blätter sind nichts anderes als Programmier-Grundlagen, aus denen ohne Umweg über Ablaufdiagramme und Befehlslisten Programme erstellt werden können: ein großer Vorteil für zukünftige MDT-Benutzer, die nicht über das Know-how erfahrener EDV-Anwender verfügen - das trifft sowohl auf Kleinbetriebe als auch auf Abteilungen in Mittel- und Großbetrieben zu.

Aber auch für die arrivierten MDT-Anwender - speziell für die "Dezentralisierer" - zeichnen sich bessere Zeiten ab: Kienzle hat für die Anlagen vom Typ 6100 höhere Programmiersprachen angekündigt - Cobol und Basic. Dezentrale Anlagen sollten aus Gründen der besseren Kommunikation in den gleichen Sprachen programmiert werden können wie der Zentral-Rechner. Ob sich das durchsetzt? Auf die weitere Entwicklung darf man gespannt sein.