TELEKOM-DIENSTE

Die Mehrwertdienste stehen vor einem neuen Aufschwung

14.02.1992

Im internationalen Vergleich bei der Verbreitung, von Mehrwertdiensten ist die Bundesrepublik zwar kein Entwicklungsland, aber auch nicht Vorreiter, wenn es um die Nutzung entsprechender Services geht. Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls Erich Rösch und Claus Sattler* und verweisen dabei auf Impulse, die von neuen Techniken und der fortschreitenden Liberalisierung ausgehen können.

*Erich Rösch und Professor Claus Sattler sind Consultants bei der Eutelis Consult, Beratungsgesellschaft für Telekommunikation und Mehrwertdienste mbH, Ratingen.

Mit der Neustrukturierung des Fernmeldewesens in Deutschland im Jahre 1989 wurden auch neue Freiräume für den Wettbewerb zwischen den Anbietern von Mehrwertdiensten geschaffen. Das Fernmeldeanlagengesetz regelt in °1, Abs. 4, daß jedermann berechtigt ist, TK-Dienstleistungen für andere über Fest- und Wählverbindungen, die von der Telekom bereitgestellt werden, zu erbringen. Dies gilt nicht für das Betreiben von Fernmeldeanlagen, soweit es der Vermittlung von Spräche für andere dient. Dieses Recht, das als Telefondienstmonopol bezeichnet wird, steht ausschließlich dem Bund zu, wobei der Bund die Ausübung dieses Rechts auf das Postunternehmen Telekom übertragen hat.

Verschiedene Marktstudien, die immer wieder aus unterschiedlichen Blickwinkeln den Markt der Mehrwertdienste welt- und europaweit analysieren, zeigen, daß die Bundesrepublik hinsichtlich der Verbreitung und des Einsatzes von Mehrwertdiensten immer noch hinter anderen Ländern zurückliegt. Eine EG-Studie (Scicon, 1989) weist beispielsweise Deutschland mit 239 Mehrwertdiensten nach der Anzahl der Dienste hinter Großbritannien auf Platz zwei in Europa aus (siehe Abbildung 1). Betrachtet man allerdings den mit den Diensten erzielten Umsatz, so reiht sich Deutschland hinter Großbritannien, Frankreich und sogar Italien auf Rang vier ein. Für das Jahr 1992 prognostizierte diese Studie, daß der deutsche Markt immerhin zum drittgrößten in Europa wird, wobei Wachstumsraten von 40 bis 60 Prozent als Schätzung zugrunde gelegt wurden.

Massive Umverteilungen prägen den US-Markt

Das in der EG-Studie prognostizierte Jahr 1992 hat begonnen, und es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Liberalisierung des Fernmeldewesens auf den Markt für Mehrwertdienste gezeigt hat und welche Tendenzen bei der Entwicklung einzelner Marktsegmente im Bereich der Mehrwertdienste zu verzeichnen sind. Speziell zur Trendfrage ist es interessant, inwieweit die Entwicklungen in den USA sich auf dem deutschen Markt widerspiegeln. Nach einer neuen Studie von Frost & Sullivan gibt es in den USA derzeit auf dem Sektor der Mehrwertdienste bei einem eher moderaten Marktwachstum massive Umverteilungen.

Diese sind bedingt durch den Einsatz neuer Technologien wie Glasfasertechnik, Metropolitan Area Networks und neuer Satellitendienste. Hinzu kommt ein zunehmend härter werdender Wettbewerb durch neue Anbieter.

So hat sich im amerikanischen Markt der Anbieter von Weitverkehrsnetzen (Long Distance Carrier) mit "Wiltel" ein relativer Neuling bereits mit neun Prozent (1991) hinter den alteingesessenen Unternehmen wie AT&T (50 Prozent), MCI (20 Prozent) und US Sprint (neun Prozent) etabliert.

Die verschiedenen Marktuntersuchungen zu Mehrwertdiensten gehen zumeist von unterschiedlichen Ansätzen bezüglich der einbezogenen Dienstleistungen aus, die zudem oft nur ungenau beschrieben sind. Daraus ergeben sich dann Differenzen in den Abschätzungen (siehe, Abbildung 2).

Eine Studie aus dem Jahr 1986 nennt rund 4200 Mehrwertdienste in Deutschland, daß heißt, der deutsche Markt. dokumentierte schon 1986 eine entsprechend breiten Basis. Die durch das Bundesministerium für Post und Telekommunikation veröffentlichte Liste der registrierten Anbieter von TK-Dienstleistungen (Stand Ende 1991) weist hingegen nur

rund 110 Anbieter auf.

Ausgangspunkt einer aktiven und systematischen Erfassung von Mehrwertdiensten, die wiederum die Basis für genaue Marktuntersuchungen darstellt, muß ein klares und aussagekräftiges Klassifikationsschema sein. Ein sich zur Zeit in der Ausarbeitung befindliches Schema betrachtet daher die Mehrwertdienste unter folgenden

Aspekten:

- Art der Dienstleistung, die erbracht wird,

- Branche, für die die Dienstleistung erbracht wird,

- Typ der Informationen, die bei der Dienstleistung auftreten,

- Bedingungen, unter denen die Dienstleistung in Anspruch genommen werden kann, und

- geographischer Einzugsbereich.

Nach der Art der Dienstleistung werden als Grundklassen übermittlungsorientierte und inhaltsorientierte Dienste unterschieden, die sich entsprechend weiter unterteilen lassen.

Ohne den Begriff der Mehrwertdienste hier näher definieren zu wollen, sollen darunter sowohl Netze (Value Added Networks - VAN) als auch Dienste (Value Added Services - VAS) verstanden werden. Der weiteren Betrachtung wird eine schematische Einteilung des Mehrwertdienste-Marktes in die vier Klassen zugrunde gelegt (siehe Abbildung 3): Unter dem Terminus Transportnetze und -dienste sind alle Netze und Dienste der Telekom subsummiert.

Neue Mehrwert-Optionen durch TK-Liberalisierung

Darauf aufsetzend positionieren sich die Value Added Networks, die sich in Europa oft nur sehr wenig von den zugrundeliegenden Transportservices unterscheiden. Value Added Networks bieten auf der Basis der vorhandenen TK-Netze technische Dienstleistungen wie Netzwerk-Management, Gateway-Services und Corporate Networks an, darüber hinaus unterscheiden sie sich gegenüber den reinen Netzwerk-Providern durch ihre umfassende Palette an ergänzenden Dienstleistungen, beispielsweise One-Stop-Shopping und Garantien bezüglich der Leitungsqualität.

Horizontale VAS bezeichnen Dienste, die branchenunabhängig Mehrwertdienste in Form dedizierter Übertragungsleistungen von Informationen erbringen, zum Beispiel den Austausch strukturierter Geschäftsdaten (Electronic Data Interchange - EDI) oder das Store-and-Forwarding von Daten (E-Mail). Vertikale VAS sind entweder auf die Bedürfnisse einer Branche oder auf eine spezielle Funktion optimiert, wie etwa das Reservierungssystem Amadeus oder die Finanzdienstleistungen von Reuters.

Dieses Schema, ursprünglich entwickelt für die Untersuchung von Daten-Mehrwertdiensten auf Basis terrestrischer Festnetze, muß heute erweitert werden, da sich durch die fortschreitende Liberalisierung in der Telekommunikation vielfältige Möglichkeiten für neue Dienste ergeben. Dazu gehören zum einen Sprach-Mehrwertdienste, die das Telefondienstmonopol nicht berühren und die als operatorgestützte Dienste oder als automatisierte Sprachdienste (Audiotex) zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Zum anderen sind die Mehrwertdienste auf der Grundlage neuer Technologien und Netzformen zu berücksichtigen, die entweder das Netzmonopol des Bundes an Übertragungswegen nicht berühren oder auf der Basis von Lizenzen und Genehmigungen angeboten werden können. Hierzu zählen vor allem die mobilen Netze, die zum Teil völlig andere Möglichkeiten für Mehrwertdienste eröffnen, als in den ursprünglich monopolisierten Festnetzen waren. Und schließlich sind auch die Hochgeschwindigkeitsnetze nach FDDI- und DQDB-Standards mit einzubeziehen.

Durch die wachsende Kooperation und Integration wächst auch ständig der Bedarf nach firmeninternen, und firmenübergreifenden Netzen. Zwei Tendenzen sind dabei zu beobachten. Zum einen hat die Liberalisierung des Fernmeldewesens im Jahre 1989 neue Möglichkeiten eröffnet, indem bislang unternehmensinterne Netze für Sprache und Daten mit Fest- und Wählverbindungen der Telekom zusammengeschaltet werden können.

Dort, wo dem nicht Sicherheitsvorkehrungen entgegenstehen, kann zunehmend mit einer Öffnung dieser Netze für andere Benutzer gerechnet werden. Beispiele dafür sind die IBM und die Sparkassen-Informatik-Gesellschaft Rheinland-Pfalz. Zum anderen entsteht zunehmend Bedarf nach kompletten Dienstleistungen für firmeninterne Netze bis hin zum Outsourcing in dem Sinne, daß vollständige Firmennetze durch Dritte bereitgestellt und verwaltet werden. Dies können im Einzelfall gesonderte physikalische Netze oder auch virtuelle Netze sein.

Telekom konzentriert sich auf Netz-Management

Die Telekom begegnet diesen Anforderungen im nationalen Bereich mit der Strategie des Telekom Datennetzes (TDN). Dieser Full service soll im Bereich der Corporate Networks ein entsprechendes marktgerechtes Auftreten ermöglichen. Wesentliche Leistungsmerkmale von TDN sind das Angebot von Komplettlösungen auf der Basis virtueller Netze im öffentlichen Netz (derzeit im Datex-P) und physikalisch eigenständiger Netze, beispielsweise das Wissenschaftsnetz für den DFN-Verein.

Daneben bietet die Telekom erweiterte Netzwerk-Management-Funktionen an beziehungsweise will sich im Bereich des Facilities Management und des Equipment Housing betätigen. Diese Umorientierung ist dringend erforderlich, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die internationale Konkurrenz, etwa BT und AT&T drängt vehement in den deutschen Markt für Corporate Networks. Sowohl BT als auch AT&T werden 1991 ihr Engagement in Deutschland deutlich verstärken.

Auch im internationalen Markt für Corporate Networks zeichnen sich Veränderungen ab. Nach Schätzungen von Andersen Consulting soll der internationale Markt für Corporate Networks derzeit schon rund 4,6 Milliarden Mark betragen, bei Wachstumsraten von 15 Prozent bis 20 Prozent pro Jahr. BT hat hier den Wettbewerb mit der Diskussion um Syncordia ungeheizt. Syncordia soll als neue Gesellschaft internationale Sprach- und Datennetze mit umfassenden Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Dadurch gerät Syncordia allerdings in direkte Konkurrenz zu Infonet, das ebenfalls internationale Corporate Networks anbietet.

Infonet konnte lange Zeit als Art verlängerte "Speerspitze" der PTTs bei internationalen Corporate Networks gelten, da die elf Anteilseigner an Infonet, darunter auch die deutsche Telekom, in der Mehrzahl PTTs sind. Es stellt sich hier darüber hinaus die Frage, wie sich das TDN-Angebot der Telekom mit Infonet verträgt.

Funknetze gewinnen mehr und mehr an Bedeutung

Ein weiteres interessantes Feld für Mehrwertdienste stellen die entstehenden Funknetze der verschiedenen Kategorien dar. Auch hier haben sich mit der Liberalisierung des Fernmeldewesens neue Chancen für private Netzbetreiber ergeben, neben der Telekom in die lukrative Sprachkommunikation einzusteigen. Allerdings reduziert sich derzeit diese Markteintrittschance mit der Vergabe der für die einzelnen Bereiche vorgesehenen und auch sinnvollen Lizenzen bereits wieder.

Im Bereich der Mobilfunknetze erhielt neben der Telekom, die das D1-Netz betreiben wird, mit der Mannesmann Mobilfunk GmbH ein privater Anbieter eine zweite Lizenz zum Betreiben des D2-Netzes. Für das Jahr 1992 kann erneut ein intensiver Wettbewerb um die ausstehende D3-Lizenz für Personal Communication Networks (PCN) erwartet werden. Da D1 und D2 auf vier Jahre vom PCN-Wettbewerb ausgeschlossen bleiben, andererseits PCN auch in den Kundenbereich der Zellularnetze D1 und D2 hineinreicht, ist hier für eine Belebung des Marktes gesorgt.

Bündelfunk: Bisher sechs A-Lizenzen vergeben

Im Bereich der Bündelfunknetze wurden neben dem Checker-Angebot der Telekom bisher sechs sogenannte A-Lizenzen für bestimmte Regionen vergeben. 22 weitere A-Lizenzen befinden sich jetzt in der Ausschreibung, die Mitte 1992 abgeschlossen sein wird. Daneben dürften sich auch B- und C-Lizenznehmer herausbilden.

Die Lizenzierung im Bereich der Satellitendienste hat bisher zu 13 Lizenzen geführt, vor denen zehn auch eine auf die neuen Bundesländer eingeschränkte Genehmigung für Sprachübertragung enthalten. Lebhaft wird sicher auch der entstehende Markt von Mehrwertdienst-Anbietern auf der Basis der zuvor genannten Funknetze werden, da sich der Wettbewerb der Netzbetreiber und Service-Provider vorrangig auf diesem Gebiet entfalten wird. Bei zum Teil hohen Risiken bestehen hier durchaus noch reelle Gewinnchancen.

Die Telekom hat sich darüber hinaus auch der Thematik der Daten-Hochgeschwindigkeitsnetze im Stadtbereich angenommen. So ist 1991 in Darmstadt ein FDDI-Netz der Telekom in den Probebetrieb gegangen. In der ersten Phase sollen vier Teilnehmer an das Netz angeschlossen sein. Mit dem Pilotversuch wird die Vernetzung unterschiedlicher LANs unter einer zentralen Überwachung und Kontrolle getestet.

Metropolitan Area Networks sind ebenfalls 1991 als Versuchsnetze in München und Stuttgart in Betrieb genommen worden. Der Versuch ist auf drei Jahre ausgelegt. Teilnehmer in München sind BMW, Siemens und die TU München, in Stuttgart Daimler Benz, Porsche und die Universität Stuttgart. Geplant ist, diese beiden Ringe zu verbinden beziehungsweise bei positiven Erfahrungen schon 1993 weitere Stadt-Ringe aufzubauen.

FDDI-Netze und mehr noch die DQDB-Netze stellen zweifelsohne den ersten Schritt in eine wirkliche Breitbandkommunikation dar. Sollten sich die Versuche bewähren, bieten sich diese Hochgeschwindigkeitsringe als Träger für neue Mehrwertdienste an, die ähnlich wie beim Bündelfunk eine vor allem lokale Orientierung aufweisen müssen.

Breitbandkommunikation wird wieder zum Thema

Unter Umständen bringen die FDDI/DQDB-Versuche auch wieder neuen Elan in die Diskussion über die Vorteile von Breitbandkommunikation im Bereich von 140 Mbit/s. Durch die gewaltigen Erfolge in den Komprimierungstechniken könnten zudem eine Reihe vermeintlicher Breitbandanwendungen bereits in naher Zukunft kostengünstig auch über das ISDN-Netz (2 Mbit/s) abgewickelt werden.

Zeigen sich bei Transportnetzen und -diensten sowie den Value Added Networks eine große Anzahl vielversprechender Ansätze, so stagniert die Situation bei horizontalen VAS eher. Electronic Mail beispielsweise wartet als schon klassischer, horizontaler Mehrwertdienst in Deutschland immer noch auf den Durchbruch. Das führt dazu, daß zwar Anbieter mit anderen Diensteschwerpunkten E-Mail-Dienste mit zur Verfügung stellen, der spezielle Anbietermarkt für die elektronische Post sich aber kaum entwickelt. Neuen Schwung soll der Dienst durch die Protokolle X.400 und X.500 sowie durch anwendungsorientierte Ergänzungen wie EDI bekommen.

Ebenso gebremst entwickelt sich der EDI-Markt. Zwar prognostizierte Input bis 1995 einen europäischen EDI-Markt von 350 Millionen Dollar (1990: 50 Millionen Dollar), was einem jährlichen Wachstum von 48 Prozent entspräche. Doch trotz aller immer wieder beschworenen und auch gegebenen Vorteile hat EDI in seiner weltweit standardisierten Form Edifact noch keinen Durchbruch erzielt. Die 19 Edifact-Nachrichten, die inzwischen als stabile "Status 2"-Normen verabschiedet wurden, reichen hier bei weitem noch nicht aus. Vor allem sind die heute eingeführten EDI-Standards wie VDA (Automobilbranche) und Sedas (Handel) immer noch zu stark etabliert, um einen breiten Trend zu Edifact zuzulassen.

Auch Bildschirmtext (Btx) als horizontaler Mehrwertdienst der Telekom befindet sich wieder in der öffentlichen Diskussion. Obwohl Btx inzwischen mehr als 300000 Teilnehmer hat, arbeitet der Dienst nicht kostendeckend, vor allem ist der Service immer noch kein vom Massenmarkt akzeptiertes Angebot. Zwei Konzepte stehen im Mittelpunkt der bevorstehenden Umgestaltung von Btx: Zum feinen wird durch den Einsatz kleiner dezentraler Zugangsrechner Btx näher an den Kunden gebracht. Das bisherige Zubringernetz läßt sich dadurch wesentlich reduzieren. Die Zugangsrechner sind dann ausschließlich, also auch für die bestehenden analogen Btx-Anschlüsse, über das ISDN erreichbar, was zu Geschwindigkeitsvorteilen führt.

Schließlich werden beim Zugang zu externen Rechnern auch alternative Protokolle wie X.29 zwischen Btx-Terminal und externem Rechner möglich sein, wodurch sich das Btx-Netz als Zubringernetz für Rechner etablieren könnte. Darüber hinaus soll auch ein neuer Marketing-Ansatz realisiert werden. Kristallisationspunkt ist dabei die Idee der Btx-Container. Ein Btx-Container soll zielgruppenspezifisch interessante Btx-Angebote unter einem Oberbegriff zusammenfassen, durch interessierte Anbieter aufgebaut und als Ganzes mit einem eigenen "Brand Name" vermerktet werden. Dies wird sicherlich dazu führen, daß der Markt für Mehrwertdienste auf diesem Gebiet wieder durchsichtiger wird und eine Belebung erfährt.

Im Oktober 1991 startete die Telekom in Nordrhein-Westfalen einen Betriebsversuch für private Informationsdienste über das Telefonnetz. Das Prinzip dieser Informationsdienste beruht darauf, daß private Anbieter automatisierte Sprachinformationsdienste mit Auswahlmöglichkeiten (Audiotex-Dienste) anbieten. Die Nutzung eines solchen Dienstes wird durch die Telekom als Netzbetreiber mit einem erhöhten Gebührentakt versehen, von dem der Informationsanbieter wiederum einen Teil erhält. Auf diese Weise läßt sich das Problem des Inkassos bei öffentlich und ohne spezielle Anmeldung angebotenen Mehrwertdiensten lösen.

Zur Zeit werden alle Informationsdienste mit dem gleichen Gebührentakt belegt. Zukünftig ist auch durch die intelligenten Netze eine Differenzierung möglich. Da durch die Orientierung auf das Telefonnetz mit seinen rund 30 Millionen Hauptanschlüssen und zwölf Millionen Nebenanschlüssen in den alten sowie sieben Millionen Anschlüssen in den neuen Bundesländern von vornherein ein großes Nutzerpotential gegeben ist, versprechen diese Dienste gute Umsatzmöglichkeiten. Zwei Bedingungen sind dabei allerdings zu erfüllen: Zum einen sollten auch weiterhin rosarote Dienste ausgeschlossen bleiben, um den Dienst nicht um den potentiell guten Ruf zu bringen, zum anderen muß das Angebot sich stärker auf den geschäftlichen Bereichen ausrichten.

Zusammenfassend läßt sich also feststellen: Der Bereich der Mehrwertdienste hat durch neue Netze, neue Technologien und die zunehmende Liberalisierung vielfältige Impulse erhalten. In den nächsten Jahren werden die digitalen Mobilfunknetze und die intelligenten Netze in großer Breite zum Einsatz kommen. Dies wird auch bei den Sprach-Mehrwertdiensten und bei den privaten Informationsdiensten zu einem neuen Aufschwung führen.

Zahlreiche andere Mehrwertdienste, die schon länger im Gespräch sind, jedoch bisher noch nicht den entscheidenden Marktdurchbruch erzielen konnten, stehen nach wie vor auf der Warteliste. Dazu gehören beispielsweise die ISDN-Mehrwertdienste sowie Breitbanddienste mit ihren Multimediamöglichkeiten, aber auch E-Mail-, EDI- und X.500-Verzeichnisdienste.

Alternativen in den neuen Bundesländern

"Monopol und Dienstleistung das verträgt sich nicht", hieß das Fazit der COMPUTERWOCHE vor Jahresfrist an gleicher Stelle. Was für den Angebotsmix der Telekom-Dienste und -Dienstleistungen im allgemeinen gilt, trifft insbesondere auch für den Bereich der posteigenen Mehrwertdienste zu. Daran hat sich - wen überrascht es? - bis heute nichts geändert.

Die Definition von Mehrwertdiensten bezieht sich auf Services, die über das reine Vermitteln von Informationen hinausgehen. In die gegenwärtige Praxis umgesetzt, bedeutet dies meist die Subsummierung verschiedener Dienstleistungen von der Bereitstellung von Transport- und Netzkapazitäten bis hin zu Corporate Networks, dem kompletten Outsourcen von Netz-Management.

Legt man diesen Mehrwert-Begriff zugrunde, zeigt sich sehr schnell, was die TK-Kundschaft im Tante-Emma-Laden der Telekom vorfindet: außer den ursprünglich monopolisierten Festverbindungen nicht viel oder jedenfalls nichts anwendungsspezifisches für den Einzelfall - trotz Datex-P, Datex-L, Mobil- und Bündelfunk sowie ISDN und VSAT. Mehrwert ist eben nicht gleichzusetzen mit Mehrzahl, auch wenn man in Bonn derzeit noch so manche Totgeburt, etwa Btx, künstlich am Leben erhält.

Daß die Telekom nun für ihre Verhältnisse durchaus schnell auch den Markt für Netz-Management entdeckt hat, ändert nichts an der Tatsache, daß ihr hier private Anbieter wahrscheinlich um (entscheidende) Nasenlängen voraus sind. Hier wird sich der bundesdeutsche Carrier wohl gewaltig ins Zeug legen und sein Heil in zusätzlichen, internationalen Kooperationen (Stichwort: Syncordia) suchen müssen.

Darin aber schon eine erfolgreiche Liberalisierung des Marktes zu sehen wäre unangemessen, auch wenn private Diensteanbieter - vor allem in den neuen Bundesländern - zu einer zunehmend interessanten Alternative werden. Große Netzbetreiber wie IBM und General Electric hatten seit je her ihr Standbein im Markt, während kleine Anbieter mit auf spezielle Anwenderbedürfnisse zugeschnittenen Services aufgrund hoher Leitungsgebühren der Telekom nach wie verfehlen oder kleine Brötchen

backen müssen. gh