MWC

Die Mär vom neuen Windows-Phone

16.02.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Um nicht komplett mit leeren Händen auf dem Mobile World Congress (MWC) aufzutreten, griff Microsoft-Chef Steve Ballmer zu einem strategischen Taschenspieler-Trick: Aus der altbekannten Windows-Mobile-Familie wird "Windows Phone".

Für Microsoft wird es im mobile Business langsam peinlich: Während die Konkurrenz mit iPhone und Android neue innovative Idee auf den Markt bringen beziehungsweise brachten, kommt der Software-Gigant mit seinem angestaubten Betriebssystem Windows Mobile nicht zu Pot: Nach der Version 6.1 steht 2009 mit 6.5 ein weiteres Interims-Release an. Statt das Betriebssystem grundlegend zu überarbeiten, betreibt Microsoft Kosmetik-Tuning. So wartet Version 6.5, die im Laufe des Jahres auf Smartphones erhältlich sein soll, mit einem neuen Homescreen, Widgets sowie einem überarbeiteten Browser auf. Zudem soll mit endlich die Touch-Bedienung Einzug halten. Während einer Präsentation erinnerte die von Ballmer viel gepriesene Touch-Funktion stark an Features, wie sie etwa HTC bereits mit TouchFlo realisiert hat. Zudem bleibt abzuwarten, ob das Touch-Bedienkonzept wirklich auf allen Ebenen des Betriebssystems und in anderen Applikationen greift oder nur in den gezeigten Anwendungen Browser und Outlook. Zudem sollen alle Windows-Phone-Geräte der Generation 6.5 künftig einen Windows-Button als Hardwaretaste erhalten - ähnlich dem Windows-Start-Knopf, wie er auf vielen PC-Tastaturen zu finden ist.

Partner sollen profitieren

In Anbetracht der Tatsache, dass die Company eigentlich kaum Neues zu bieten hatte, kann man vor den Marketingkünsten Ballmers nur den Hut ziehen. Aus einer eigentlichen Niederlage in Sachen Innovationskraft kreierte er einen strategischen Vorteil: "Wir bringen die volle Windows-Erfahrung auf das Telefon." Deshalb spreche der Konzern künftig auch vom Windows Phone. Damit, so Ballmer weiter, sei Microsoft der einzige Konzern, der mit Windows ein Betriebssystem für die Plattformen TV, PC, Handy sowie Web habe. Mit Windows Phone offeriere Microsoft der Mobilfunkindustrie, die in den Augen Ballmers nicht immun gegen die globale Finanzkrise ist, eine Plattform, um mehr Umsatz mit Services zu generieren.

Mehr Umsatz verspricht Ballmer auch Entwicklern und Anbietern von Windows-Phone-Software. Wie bei der Konkurrenz von Apple, Blackberry und anderen soll es künftig auch einen Marktplatz für Software geben, der auf den wenig einfallsreichen Namen "Windows Marketplace" getauft wurde. Die dritte News, die Ballmer auf dem MWC im Gepäck hatte, war "Microsoft My Phone". Ohne sich künftig länger mit den Eigenarten von ActiveSync herumärgern zu müssen, sollen Windows-Phone-User künftig ihre auf dem Smartphone gespeicherten Informationen wie Adressen etc. einfach per Web sichern und wiederherstellen können. Zudem sollen sie per Web auch Zugriff auf diese haben und dort bearbeiten können. Bislang war der Benutzer, falls er dies realisieren wollte, auf die Lösungen Dritter angewiesen.