Die Logik des Gebrauchtcomputerhändlers ICC:IBM-VB als Gehilfe des PCM-Anbieters

24.04.1981

Mit immer ausgeklügelteren Methoden versuchen sich IBM-Second-hand-Dealer und IBM-PCM-Anbieter gegenseitig auszutricksen.

In einem Newsletter an IBM-Anwender (Überschrift: "IBM unterstützt die PCMs - aber nicht mehr lange") nimmt die Hamburger ICC Internationale Computer & Consulting GmbH "Amdahl, Siemens, BASF & Co." (ICC-Originalton) aufs Korn.

Abschließende Empfehlung des IBM-Gebrauchtcomputer-Händlers: "Wenn IBM versucht, Sie, verehrter Anwender, in die Arme der PCM-Verkäufer zu treiben, retten Sie sich und IBM durch IBM-Hardware zu ICC-Preisen."

Im folgenden drucken wir den Inhalt des "Flugblattes" in gekürzter Form ab, wobei wir die Firmenbezeichnungen der angegriffenen Anbieter IBM-kompatibler Zentraleinheiten bewußt weggelassen haben. Auch so ist der Text brisant genug.

Noch im Jahre 1977, ja bis ins Jahr 1978 hinein, war eine IBM 370/168 "Top of the line", der größte und schnellste Rechner, den ein Großkunde von IBM beziehen konnte.

Nach Ankündigung der 303X-Serie am 1. April 1977 wurden einige tausend der neuen Großrechner bestellt und dann auch in 1978/79 installiert. Die nachrückenden Aufsteiger aus der 370/158-Größenordnung hatten die Wahl, als Übergang eine 3031 zu installieren (Lieferzeit?), auf 370/168 (von IBM oder Second-hand) aufzusteigen, oder aber einen der IBM-kompatiblen PCM-Rechner zu bestellen, die mit kurzer Lieferzeit, niedrigem Preis, großer Leistung und hoher Vertrags-Flexibilität in den Markt gedrückt wurden.

Nun ersetzte IBM die bisherige 370/168 Modell 3 durch die neu angekündigte 3032.

Bis heute ist es neutralen Fachberatern ein Rätsel geblieben, mit welchen Argumenten die IBM-Vertriebs-Mannschaft die Anwender bewegen konnte, statt der 370/168 eine 3032 zu installieren, denn die Maschinen sind sich in Leistung und Funktion sehr ähnlich.

Eine 370/168 Modell 3 zum Second-hand-Preis erfüllte dann auch bei den aufgeklärten Anwendern den gleichen Effekt: dieselbe Leistung, jedoch billiger und ohne Lieferzeiten. Wenn wir mit 370/168- und 3032-Anwendern Erfahrungswerte austauschen, drängt sich sogar der Eindruck auf, daß häufig die 370/168 in der Betriebssicherheit überlegen ist.

Der Anwender befand sich nun im Spannungsfeld zwischen IBM-Kauf oder Miete zum Neupreis, Second-hand-Kauf oder Miete zum Marktpreis oder PCM-lnstallation zum "Werbepreis".

In dieser Situation wurde der IBM-VB regelmäßig zum Erfüllungsgehilfen des PCM-Anbieters, ohne es zu wissen, geschweige denn, es zu wollen.

Immer wenn ein PCM eine 2-MIPS-Anlage beim Anwender zu plazieren versuchte, diskutierten die IBM-Vertreter auf der Basis der IBM-Listenpreise. Merke: Ein IBM-VB erhält keine Provisionspunkte, wenn sein Anwender eine Original-lBM-Anlage von einem Dritten liefern läßt. Der PCM-VB sieht sich nun in der erfreulichen Situation, daß IBM sozusagen Sperrfeuer gegen gebrauchte IBM-Produkte schießt. Hierdurch kann sich der PCM-Anbieter nun endlich in aller Ruhe, ohne ernsthafte Konkurrenz, beim Kunden profilieren, derweil IBM die eigenen Produkte schlechtmacht. Wenn der Anwender nun den Lockungen der PCM-Leute schon fast erlegen ist und der IBM-VB seinen Verkaufsleiter alarmiert, daß der Kunde "gerettet" werden muß, zieht IBM alle Register, damit der Anwender wenigstens in der "Familie" bleibt. VB und VL sitzen beim Kunden und sind plötzlich geneigt, auf den zweiten Markt hinzuweisen (auf den Gebrauchtcomputer-Markt, d. Red.), um den Kunden nicht ganz zu verlieren. In der Zwischenzeit jedoch hat der PCM-Anbieter den Anwender, nämlich den EDV-Chef und gerne auch ein Vorstandsmitglied nach San Francisco oder Tokio eingeladen. EDV-Chef und Vorstand sind natürlich mittlerweile schon recht aufgeschlossen gegenüber den Argumenten des IBM-kompatiblen Billig-Anbieters. Plötzlich kann der - wie wir wissen, völlig unnötige - Schritt zum PCM-Vertrag vollzogen sein. Wenn IBM endlich aufwacht, ist der Anwender oft schon anderweitig gebunden. Ein schneller Schritt zurück ist dann so unmöglich wie die Aufhebung einer italienischen Ehe.

Was jetzt kommen kann, ist möglicherweise die für alle, aber auch alle Beteiligten, denkbar schlechteste Entwicklung dieser Love Story: Der frischgebackene PCM-Anwender glaubt sich noch im Rauschgefühl der Flitterwochen, gibt sogar der Fachpresse stolze Interviews über seine neue "Ehe", als der PCM-Partner, den er im Hause hat, plötzlich aus irgendwelchen Gründen den Namen oder die Muttergesellschaft wechselt, das EDV-Geschäft aufgibt, Konkurs anmeldet, sich aus Europa zurückzieht - wenn dies nicht geschieht, wird er zumindest recht bald die hohen Kosten für die Software-Kompatibilität nicht mehr verkraften können und gezwungen sein, mittels eigener Software den Anwender zu nötigen, die sichere Welt der IBM endgültig zu verlassen.