Interview mit Rüdiger Spies

"Die Krise beschleunigt Innovationen"

30.04.2009
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

In der Krise die richtigen Akzente setzen

Rüdiger Spies: Aber immerhin sind dieses Mal andere Fehler begangen worden als bei der letzten Krise. Das heißt, dass die Fehler von 2001/02 vermieden worden sind, weil in der Regel die gleichen Leute wie damals Verantwortung tragen und sich durchaus als lernfähig erweisen. Das setzt sich übrigens jetzt fort, indem die richtigen Akzente in der Krise gesetzt werden. BI-Suiten sind nach wie vor gefragt, weil die Bedeutung einer detaillierten Geschäftsplanung erkannt worden ist. Zurecht genießen Planung und Budgetierung, Financial Consolidation Tools, Daten-Qualität und Data Governance Priorität. Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass für die Sicherung der Daten-Qualität nicht die IT, sondern die Anwender verantwortlich sein sollten. In dieser Frage gibt es in manchen Unternehmen leider Unklarheiten.

Ist die Krise dadurch ausgelöst oder verschärft worden, weil in Firmen immer noch nach Bauchgefühl statt auf Grundlage valider Daten entschieden wird.?

Rüdiger Spies: Auf der Ebene der Geschäftsleitung kommt es durchaus noch vor, dass bewusst anders entschieden wird, als die harten Daten nahe legen. Im mittleren Management ist dies aber mittlerweile so gut wie ausgeschlossen. Dort sind Leute einer jüngeren Generation am Werk, denen eine engineering-artige Arbeitsweise in Fleisch und Blut übergegangen ist. Schon aus Sorge um den eigenen Erfolg wird dort auf eine tragfähige Entscheidungsbasis vertraut. Aber im Wettbewerb kommt es eben darauf an, als erstes die zündende Idee zu haben - wie etwa beim Beispiel mit dem Kindergeld von vorhin. Die Krise beschleunigt solche Innovationen, weil man in den Unternehmen inzwischen weiß, dass es gerade jetzt auf sie ankommt.

Wie hat sich denn die Krise auf die BI-Nachfrage ausgewirkt? Und was ist dran an den viel diskutierten Trends Open Source und BI as a Service?

Rüdiger Spies: BI steht nach wie vor - wie seit vielen Jahren - ganz oben auf der Prioritätenliste. Wie gesagt hat sich der Fokus bei den Tools jetzt stärker auf Controlling oder Data Quality verlagert. Open Source ist tatsächlich stark im Aufwind, was sich auch am Preisverfall für BI-Software ablesen lässt. Dieser Trend gilt auch für den Backend-Bereich. Software as a Service würde ich im BI-Segment nicht unbedingt empfehlen. Auch die Unternehmen halten sich da bislang merklich zurück, vor allem aus Sorge um die Daten. Das ist schlichtweg eine Vertrauensfrage.