Die Kosten des Outsourcings

21.04.2006
Von Eberhard Schott
Anwender wollen mit der IT-Auslagerung sparen, unterschätzen aber oft die damit einhergehenden Kosten.
Wenn die Kosten zu stark ins Gewicht fallen, können sie das gesamte Outsourcing-Projekt gefährden.
Wenn die Kosten zu stark ins Gewicht fallen, können sie das gesamte Outsourcing-Projekt gefährden.

Für Auslagerungsprojekte müssen sich Anwender darüber im Klaren sein, dass vor, während und zum Ende eines solchen Vorhabens Kosten entstehen. Und damit sind noch nicht einmal die monatlichen Zahlungen gemeint, die nach Betriebsübergang dem beauftragten Service-Provider zustehen. Die Höhe der darüber hinaus erforderlichen Aufwendungen hängt von Art, Besonderheit und Komplexität des Outsourcings ab. Solche Transaktionskosten sind der Preis, den Anwender für die mit der Auslagerung angestrebten Einsparungen zu zahlen haben.

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Die Kostenblöcke:

• Anbahnungskosten:

- Outsourcing-Strategie bestimmen;

- RFI/RFP (Ausschreibung) entwickeln und die Antworten auswerten;

- Dienstleister auswählen;

- Due Diligence vorbereiten;

- Verträge verhandeln.

• Opportunitätskosten:

- IT-Abteilung ist mit sich selbst beschäftigt;

- Management-Attention;

- Verunsicherung der Mitarbeiter.

• Transformationskosten:

- Reorganisation aufgrund der Übergabe;

- Retained Organisation aufbauen;

- neue Prozesse einführen;

- Change Management.

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572448: Versteckte Outsourcing-Kosten;

565738: Outsourcing-Risiken;

567012: Personalkosten lassen sich kaum drücken.

Schon die Projektvorbereitung, das Erstellen der Ausschreibungsunterlagen, das Bewerten der Angebote und die Auswahl des Dienstleisters erfordern einen hohen Einsatz interner und externer Ressourcen. Auch die Due Diligence, also die Sichtung des auszulagernden IT-Bereichs durch potenzielle Auftragnehmer, ist für beide beiden Seiten aufwändig. Doch der wichtigste Kostenfaktor liegt oft im Verborgenen und ist schwer zu beziffern: Während der Dauer des gesamten Prozesses ist die interne IT überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Die in das Vorhaben eingebundenen Mitarbeiter stehen nicht mehr für anderweitige Aufgaben zur Verfügung. Zwar ist der laufende Betrieb in der Regel gesichert, doch es bleibt wenig Raum für Verbesserungen, und die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der internen Kunden schwindet.

Darüber hinaus belastet die Verunsicherung der Mitarbeiter das Arbeitsklima in der IT-Abteilung. Loyalität, Motivation und Produktivität leiden, was durchaus zu Abwanderungen wichtiger Know-how-Träger führen kann. Zumindest während der Entscheidungs- und Übergangsphase ist der Bedarf an "Management Attention" der Unternehmungsführung enorm, zudem müssen weitere Bereiche etwa die Personalabteilung und das Controlling das Outsourcing-Projekt unterstützen.

Der Mitarbeiterübergang, die Neudefinition von Prozessen und der Aufbau einer Retained Organisation, um den IT-Dienstleister zu steuern und zu kontrollieren, sind nicht umsonst zu haben. Umfangreiche Outsourcing-Projekte mit Personalübergang stellen große Herausforderungen an das Change-Management, das - wenn es professionell betrieben werden soll - teuer ist. IT-Outsourcing-Verträge führen zu komplexen und bindungsintensiven Geschäftsbeziehungen, die vielfältiges Konfliktpotenzial bergen. Grundlage sind Kontrakte, die eher einem Rahmenabkommen ähneln, da sich zum Start des Vorhabens weder die Leistungen noch die Kosten detailgenau bestimmen lassen. Nachträgliche Anpassungen sind häufig notwendig, die dafür erforderlichen Koordinations- und Kommunikationsaufgaben belasten den Etat.

SLAs müssen entwickelt werden

Doch selbst wenn alles reibungslos läuft, schlagen sich die im Normalbetrieb erforderlichen detaillierten Ist- und Sollanalysen auf das Budget nieder. Zudem müssen Messkriterien und Kontrollmechanismen entwickelt und implementiert werden. Kosten- und Leistungstransparenz gibt es nicht zum Nulltarif: Gut durchdachte Service Level Agreements (SLAs) können beispielsweise zu verbesserten Leistungen und weniger Kosten führen. Allerdings gilt es erst einmal solche SLAs zu entwickeln, zu verhandeln, zu messen und zu managen.

Eine interne Mannschaft bleibt

Outsourcing-Beziehungen brauchen organisatorischen Rückhalt beziehungsweise Prozesse, mit denen sich die langfristige Geschäftsbeziehungen steuern lässt. Einen erhebliche Aufwand müssen die Anwenderunternehmen für die Retained Organisation kalkulieren, der das Dienstleister-Management obliegt. Hier wählen die auslagernden Unternehmen häufig eine zu große Organisation. Hintergrund ist der Wunsch, den Dienstleister möglichst umfassend kontrollieren und wichtige strategische Bestandteile der IT behalten zu können. Zu große Retained Organisations führen nicht nur zu hohen Kosten auf Seiten des Anwenderunternehmens, sie beschäftigen mit ihren Forderungen zumeist auch den Anbieter übermäßig und verhindert damit mögliche Kosten- oder Leistungsverbesserungen.

Die Retained Organisation sollte sich nur dezent in die Leistungserbringung des Outsourcing-Partners einmischen. Andernfalls gefährdet sie das mögliche Synergiepotenzial und droht zu einem ständigen Konfliktherd zu werden. Aber nicht nur die Größe sondern auch die Besetzung der Inhouse-Mannschaft ist häufig problematisch, weil verdiente Mitarbeiter aus dem Team, das zum Dienstleister wechselt, im Hause bleiben. Unbeachtet bleibt dabei, dass die Aufgabe der Dienstleistersteuerung eine völlig andere als die der Führung einer internen IT-Funktion ist. Die ehemaligen Führungskräfte sind zudem sehr gut bezahlt Kräfte. Eine Retained Organisation, die zu sehr auf ehemals interne IT-Manager setzt, ist daher teuer.

Auch das Ende ist nicht umsonst

Zum Lebenszyklus einer Outsourcing-Beziehung gehört auch das Auslaufen eines Vertrags. Die damit verbundenen Kosten werden in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen kaum berücksichtigt. Selbst eine Vertragsverlängerung ist aufwändig, weil eine Neuverhandlung ansteht und Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Entscheidet sich das Unternehmen gegen eine mögliche Rückabwicklung (Backsourcing) oder einen Anbieterwechsel, und für einen Anschlussvertrag mit dem bisherigen Provider, entfallen zumindest die Transformationskosten. Deshalb hat der bestehende Outsourcing-Partner meist einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Strebt das Unternehmen ein Backsourcing oder einen Anbieterwechsel vor Ablauf des Vertrags an, stehen zumeist sämt- liche bisherigen Einsparungen auf dem Spiel. Eingeplante Synergien lassen sich nicht mehr nutzen, zudem werden häufig Kompensationszahlungen fällig.

Individualität hat ihren Preis

Grundsätzlich stellen sich Einsparungen dann ein, wenn die Vorteile einer günstigen Produktion die für die Transaktion erforderlichen Ausgaben übersteigen. In die Kostenrechnungen fließen auf der Habenseiten mögliche Finanzierungs- und Steuervorteile ein, belastend könnten sich eventuell entstehende Steuernachteile beispielsweise in nicht mehrwertsteuerpflichtigen Betrieben im öffentlichen Bereich auswirken.

Spezifisch auf die Bedürfnisse des Anwenderunternehmens zugeschnittene IT-Umgebungen sparen im Betrieb wenig, verursachen jedoch sehr hohe Transaktionskosten. Falls die Individualität tatsächlich benötigt wird, ist unter rein wirtschaftlicher Betrachtung das Outsourcing der falsche Weg: In manchen Fällen übersteigen die Kosten des Outsourcings die erzielten Einsparungen, so dass der Betrieb nach einer Auslagerung sogar teurer wird, als zuvor. Zwar fließen in eine Outsourcing-Entscheidungen eine Vielzahl von Überlegungen ein, regelmäßige Umfragen bestätigen jedoch , dass Unternehmen vor allem auslagern, um IT-Kosten zu sparen. Dieses Ziel wird am besten durch partielles oder selektives Outsourcing unspezifischer und wenig komplexer IT-Funktionen erreicht. (jha)