Nahezu alle Indikatoren sprechen für einen Aufschwung

Die ITK-Krise ist weitgehend überstanden

13.02.2004
MÜNCHEN (CW) - Die Krise im weltweiten Markt für IT und Kommunikationstechnik ist vorüber. Wie die Geschäftsergebnisse der meisten Konzerne im letzten Quartal 2003 zeigten, geht es inbesondere in den USA wieder aufwärts. Auch in Europa scheinen die Anwender ihre Investitionszurückhaltung aufzugeben.

"Das Investitionsverhalten der Kunden wird immer besser", beobachtete Samuel Palmisano, CEO und Chairman von IBM. "Was unsere Vorhersagen für 2004 und die Folgejahre angeht, sind wir enthusiastisch." Palmisano wähnt den IT-Markt am Anfang eines mehrjährigen Wachstumszyklus, von dem Big Blue besonders profitieren werde.

Mit seiner Euphorie stand der IBM-Chef nicht allein. "Das Klima für IT-Ausgaben hat sich verbessert und scheint gut zu bleiben", ließ sich beispielsweise Gary Bloom vernehmen, Chef des auf Speichersoftware spezialisierten Anbieters Veritas. Auch John Chen, CEO von Sybase, stellte fest: "Es ist wesentlich einfacher geworden, Deals abzuschließen. Die Kunden sind jetzt viel offener für neue Projekte. Für 2004 sind wir bullish."

Die Liste der positiven Statements ließe sich beliebig fortführen. Bei Microsoft war die Rede von der "wohl besten Bilanz auf diesem Planeten". Kein Wunder, denn in ihrem zweiten Fiskalquartal 2004 konnte die Gates-Company ihren Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um weitere 19 Prozent auf 10,15 Milliarden Dollar steigern. Das Unternehmen zeigte sich "sehr zufrieden"; Privatkunden und Unternehmen gäben wieder mehr Geld für IT aus, hieß es. SAP-Frontmann Henning Kagermann gab sich ebenfalls alles andere als bescheiden: 2004 wollen die Walldorfer ihre Vertriebs- sowie Marketing-Anstrengungen intensivieren und mindestens um zehn Prozent wachsen. Zudem berichtete der deutsche Softwareriese von zuletzt "glänzenden Geschäften" in den USA, wo die Lizenzeinnahmen auf eine Trendwende zum Positiven hindeuten.

Nur Cisco traut der Euphorie nicht

Lediglich John Chambers, CEO des Netzausrüsters Cisco Systems, reihte sich nicht in den Chor der Optimisten ein und erklärte gegenüber Analysten, dass viele Unternehmen bei ihren IT-Ausgaben immer noch vorsichtiger seien, als man dies in einer Phase der Erholung normalerweise erwarten könnte. Vieles spricht allerdings dafür, dass der Cisco-Chef wie gewohnt die Messlatte für seine Company niedrig halten wollte. Die Zahlen, die die Kalifornier für ihr Ende Januar abgeschlossenes zweites Fiskalquartal vorlegten, gaben jedenfalls wenig Anlass zu Pessimismus: Der Umsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14,5 Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar, der Nettogewinn ging aufgrund der geänderten Abschreibung von Firmenwerten von 991 auf 724 Millionen Dollar zurück. Ohne neue Bilanzierungsvorschriften wäre er um 567 Millionen Dollar höher ausgefallen. Alle genannten Kennziffern lagen deutlich über den Erwartungen der Wallstreet; für das laufende dritte Quartal stellte Chambers einen Umsatzzuwachs von bis zu 20 Prozent auf maximal 5,65 Milliarden Dollar in Aussicht.

Was ist nun von diesem Stimmungsbild zu halten? Der Aufschwung hat, so viel ist sicher, in der zweiten Jahreshälfte 2003 eingesetzt und vor allem im vierten Quartal zu sehr guten Ergebnissen geführt. Einige Unternehmer und Marktbeobachter trauen dieser Euphorie immer noch nicht, doch die Skeptiker wie Cisco-Chef Chambers werden zusehends weniger.

Auch die Fakten sind gut

Wichtiger als eine gute Stimmung sind allerdings Zahlen und Fakten, mit denen sich die These der konjunkturellen Erholung erhärten lässt. Und davon gab es in den vergangenen Wochen reichlich: Lucent Technologies, Nortel Networks, Ericsson, Juniper Networks und Siemens ICN - bei nahezu allen TK- und Netzausrüstern brachte das vierte Quartal zum Teil wieder deutliche Gewinne. Selbst die Tatsache, dass Alcatel (6000 von 60000 Arbeitsplätzen stehen konzernweit noch zur Disposition) und Siemens ICN (600 Stellen sollen am Standort Bruchsal, wo DSL-Modems produziert werden, gestrichen werden) weitere Restrukturierungsmaßnahmen ankündigten, ändert nichts an dem Aufwärtstrend.

Auch in anderen Bereichen der ITK-Industrie stehen die Zeichen schon seit Monaten auf Aufschwung - etwa in der Halbleiterbranche oder im Hardwaregeschäft, wo allerdings der heftige Preiskampf so manchem Anbieter unverändert zu schaffen macht. So gehen zwar die Stückzahlen nach oben, die Umsatzentwicklung stagniert jedoch. Wenig Neues lässt sich auch vom IT-Servicemarkt berichten: Beratung und Systemintegration stecken noch immer in der Krise. Zwar steigt die Nachfrage deutlich, doch die Stundensätze erholen sich nur langsam. Bestens läuft dagegen das Outsourcing-Geschäft. IBM, HP, EDS und Co. überbieten sich derzeit geradezu bei der Bekanntmachung von Neuabschlüssen großer Verträge.

Auch in das Softwaregeschäft ist neues Leben zurückgekehrt. Die großen Anbieter von Business-Applikationen (SAP, Oracle, Siebel, Peoplesoft) erwarten nicht nur wieder stärkeres Wachstum, sie kamen zum Teil bereits wieder in den Genuss besserer Geschäfte. Stark präsentierten sich im Schlussquartal 2004 einmal mehr die Security-Marktführer Symantec und Network Associates sowie die Business-Intelligence-(BI-)Spezialisten Hyperion, Informatica, Microstrategy und Business Objects. Unsicher ist indes die Lage bei Anbietern von Lösungen im Bereich Enterprise Application Integration (EAI) wie Webmethods, Seebeyond oder Tibco, die zunehmend Gefahr laufen, von den großen Infrastrukturspezialisten und ERP-Häusern aufgesogen zu werden. Tatsache ist jedenfalls: Die Kunden sind wieder bereit, in neue Software zu investieren. Auch der schwache Dollar, der zuletzt so manchem US-amerikanischen Anbieter im Ausland einen unverhofften Umsatzzuwachs bescherte, kann den Eindruck einer erkennbaren Aufwärtstendenz nicht schmälern.

Wichtig für eine aktuelle Situationsanalyse ist zudem, dass das Jahr 2004 auch eine neue Wachstumsphase bei den IT-Budgets großer Anwenderunternehmen einläutet, die bis 2007 je nach Branche ein Plus zwischen zwei und acht Prozent jährlich bringen dürfte. Die vergangenen Monate haben übrigens gezeigt, dass die IT-Budgets in einer Erholungsphase schneller steigen, als es in der Rezession ursprünglich prognostiziert wurde. Unabhängig davon gehen alle Experten davon aus, dass die effiziente Nutzung von IT-Ressourcen trotz der wieder besseren Budget-Lage auch in Zukunft das zentrale Thema für die IT-Manager bleiben wird. (gh)

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