Kongress von BayME und COMPUTERWOCHE zur Rolle des IT-Managements

Die IT muss sich neu justieren

21.05.2004
MÜNCHEN (CW) - Business-Management und IT-Verantwortliche reden zu wenig miteinander. Und wenn sie es tun, reden sie oft aneinander vorbei. Dieses Problem beherrschte einen vom Bayerischen Unternehmensverband Metall und Elektro e.V. (BayME) und der CW in München veranstalteten IT-Kongress.

Das unter dem Motto "Business Partnering by IT" stehende Treffen brachte vor allem eine Erkenntnis: Die IT-Chefs sind gut beraten, ihre Rolle im Unternehmen zu überdenken. Budgetzwänge, Ressourcen optimieren, Flexibilisieren, auf Investitionssicherheit achten, neue Märkte erschließen, bestehende Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern festigen und ausbauen - die Liste der Aufgaben, die (auch) im Pflichtenheft des IT-Managements stehen, ließe sich beliebig fortsetzen. Mehr leisten mit weniger Geld ist heutzutage - darin waren sich die Redner und rund 80 Teilnehmer des Kongresses einig - die zentrale Herausforderung, vor der die CIOs stehen.

IT-Verantwortliche stehen sich selbst im Weg

Die IT müsse sich deshalb, so der Tenor, neu justieren und vor allem deutlicher im Einklang mit der Geschäftsstrategie positionieren. Oft ist dabei, auch das wurde auf dem Münchner IT-Event deutlich, der Kostendruck nicht das eigentliche Problem, sondern eher die Tatsache, dass sich das IT-Management aufgrund alter Gewohnheiten selbst im Weg steht.

Alfred Wörner, Director Consultant der Meta Group, brachte es auf den Punkt. Nach wie vor gebe es, so der Branchenkenner, zwischen den IT- und Business-Verantwortlichen "ein grundlegendes Missverständnis". Während der Vorstand eines Unternehmens von der IT erwarte, dass man dort die eigenen Geschäftsprozesse versteht und diese bei Bedarf möglichst rasch veränderten Marktbedingungen anpassen kann, seien die IT-Leute in aller Regel schon stolz darauf, das Infrastruktur-Management im Griff zu haben. Gerade das könne man aber, wie der Experte in seinem Vortrag betonte, "überall zu meistens günstigeren Konditionen kaufen".

Ungeachtet der Tatsache, dass die IT-Budgets in den kommenden Jahren wieder um jährlich bis zu sechs Prozent steigen dürften, gebe es, so Wörner, für die IT-Verantwortlichen keinen Grund zur Entwarnung. Vielmehr müssten sie sich aus der "doppelten Kostenfalle" befreien, denn die Höhe ihrer Budgets und deren Entwicklung seien nicht mehr der alleinige Gradmesser. Wenn das Geld falsch ausgegeben und/oder die Investments drastisch gekappt würden, sei unter dem Strich der wirtschaftliche Nutzen geringer, als wenn überdurchschnittlich viele Mittel in IT-Projekte flössen, die den "Business Value" erhöhen. Nicht das "Wie viel", sondern das "Wie" und "Wofür" seien entscheidend.

Standards helfen Entscheidern aus der Kostenfalle

Jedes Unternehmen müsse daher, wie der Meta-Group-Berater zusammenfasste, den Wert seiner IT neu definieren und noch stärker im Zusammenhang mit dem geschäftlichen Nutzen sehen. Dieser ergebe sich nicht nur aus Rationalisierungspotenzialen, sondern immer häufiger aus der "Enabler-Funktion" der IT. Als Beispiel für eine solche Funktion nannte Wörner das Thema Customer Relationship Management (CRM). Die Investition in Kundenbindungs- und Kunden-Management-Lösungen sei heute fast schon so wichtig wie der Ausbau der Produktionssysteme.

Lothar Dietrich, früherer langjähriger CIO der Babcock Borsig AG, stieß ins selbe Horn. Die IT müsse, so Dietrich, ihren Wertbeitrag für das Unternehmen zunächst selbst neu definieren und dann "offensiv" gegenüber Vorstand/Geschäftsleitung "verkaufen". Dazu sei es jedoch vorab zwingend notwendig, dass das IT-Budget um unnötige Kosten "entschlackt" werde, um überhaupt finanzielle Luft für neue Projekte und die Gestaltung entsprechender Prozesse zu haben, mit denen das IT-Management die Business-Strategie der eigenen Company besser unterstützen und Wettbewerbsvorteile generieren könne.

Dietrich sprach sich in diesem Zusammenhang für drei goldene Regeln aus: "Erstens: Standards! Zweitens: Standards! Drittens: Standards!" Die Zeiten aufwändiger Programmierung von Individualsoftware seien passé. Darüber hinaus empfahl der erfahrene IT-Manager seinen Kollegen, alle Verträge mit Dienstleistern und Lieferanten auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls "hart nachzuverhandeln".

Grundsätzlich sollte sich, so Dietrich, am seit je her spannungsgeladenen Verhältnis zwischen IT, Fachabteilungen und Geschäftsleitung etwas ändern - im Interesse aller Beteiligten. Es müsse - diese Forderung zog sich durch die meisten Vorträge des Kongresses - mehr miteinander statt übereinander geredet werden, und es müsse sich ein anderes Bewusstsein für die IT entwickeln, wenn diese wieder zur viel zitierten "scharfen Waffe im Wettbewerb" werden soll. Die IT-Professionals seien immer noch zu technikverliebt und hätten zu wenig Sinn für das Machbare beziehungsweise Notwendige. Umgekehrt müssten Geschäftsleitung und Fachabteilungen der IT wesentlich genauer als bisher sagen, was sie von ihr wollten. (gh/uk)