Die Industrialisierung der Informationsverarbeitung

11.07.1980

Diplomkaufmann Thomas H. Adenauer, Professor an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz

Die Wirtschaftlichkeit von Computern gegenüber der menschlichen Denk- und Arbeitsleistung steht bei der Informmationsverarbeitung außer Zweifel. Die Miniaturisierung der Systeme erscheint als weiterer Schritt zu mehr Wirtschaftlichkeit. Doch gerade unter diesem Aspekt müssen für den EDV-Einsatz wesentliche Voraussetzungen geschaffen werden, damit durch die arbeitsteilige Prozeß-Abarbeitung der Industrialisierungs-Effekt in Form von erhöhter Produktivität eintritt. Um dies zu gewährleisten muß sich, so beschreibt es der Autor, das traditionelle EDV-Denken von der Hardware lösen und in Zukunft software-orientiert ansetzen: Denn die Organisier- und Programmierkosten kleiner Computer sind genauso teuer wie die großer Zentraleinheiten.

Grundlagen wirtschaftlicher Computeranwendung

Wie auch immer die Geschichte den breiten Strom der Prozesse unserer Zeit beschreiben mag, die Wirtschaftsgeschichte wird die Phase unserer Arbeitsgeneration als die zweite Industrialisierungsepoche beschreiben.

Unsere Gegenwart betreibt nach der Industrialisierung der Güterproduktion und nach dem Wiederaufbau im Gefolge des zweiten Weltkrieges, etwa beginnend in der Mitte der fünfziger Jahre, eine zweite Industrialisierung- die Industrialisierung der Informationsversorgung. Sie setzt die güterwirtschaftliche Industrialisierung fort, dient ihr, beschleunigt sie, unterliegt den gleichen Voraussetzungen und hat die gleichen Folgen und Erfolge.

Anders jedoch als die rein güterwirtschaftliche Industrialisierung verändert die Industrialisierung der Informationsversorgung nicht nur tiefgreifend die Arbeitswelt. Fachgerecht angewandt verbessert sie auch substantiell die Leistungskraft menschlichen Arbeitens.

Weil Informationsvorgänge alle, aber auch alle Facetten menschlichen Seins durchdringen, dringt die Industrialisierung der Informationsversorgung tief in unser Leben ein. Sie ändert unsere Lebensumstände wahrscheinlich tiefer und schneller, als dies jemals in der Menschheitsgeschichte geschah.

Die allumfassende Industrialisierung der Versorgung der Informationsbedürfnisse

- der Unterhaltung,

- der Kunst

- der Bildung,

- der gesellschaftlichen Beziehungen,

- der Wirtschaft

zeitigt anwendungsspezifische Folgen. So hat zum Beispiel die explosive Zugangsverbreiterung zu Vielfachkommunikationsmitteln in der Kunst, der Unterhaltung, der Bildung und der Wissenschaft auf der einen Seite zu erheblicher Herstellungs- und Verbrauchsverflachung geführt; zugleich aber auch breiteres, wenngleich flacheres Wissen und breiteste, wenn meist auch flachere Artikulationsbereitschaft und Artikulationsfähigkeit erzeugt.

Industrialisierung besteht in der Automation von Vorgängen und Prozessen unter Verwendung von Maschinen. Da die Maschinen vorgangs- beziehungsweise prozeßspezifisch installiert werden ist ein Prozeß um so eher industrialisierbar, je größer der Wiederholungsfaktor homogener Vorgänge ist, aus denen er besteht. Wenn der Wiederholungsfaktor nicht ausreicht, einen gesamten Prozeß zu automatisieren, teilt man den Gesamtprozeß und mechanisiert Teilvorgänge. Es ist ohnehin überproportional billiger, nur Teile eines Gesamtprozesses zu automatisieren oder einen Gesamtprozeß in seinen einzelnen Teilen zu automatisieren, als von vornherein gleich eine Gesamtprozeßautomation, eine Automation des gesamten Prozeßumfangs zu planen und zu realisieren.

Das ist ein wichtiger Grundsachverhalt der Automation und Industrialisierung überhaupt, dessen Ursache und Folgen in der Automation der Informationsprozesse später ausführlich behandelt werden.

Es verkürzt den Sachverhalt, einfach zu sagen, Voraussetzung von Prozeßautomation sei Wiederholungsproduktion und Arbeitsteilung. Richtig ist:

1. Es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Wiederholungsfaktor von Vorgängen und Prozessen und deren Automatisierbarkeit. Je größer der Wiederholungsfaktor ist, desto mehr kann für die Automation wirtschaftlich aufgewandt werden.

2. Es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Prozeßbreite und der Automatisierbarkeit des Prozesses. Je kleiner der Vorgangsanteil an einem Gesamtprozeß ist, desto weniger (überproportional) muß für dessen Automation aufgewandt werden.