Die High-Tech-Company steht am Scheideweg (Teil 2 und Schluss) Akzeptanz in Grossunternehmen entscheidet Schicksal von Apple

24.03.1995

MUENCHEN (CW) - Apple hat seine Zukunft auf Gedeih und Verderben auf die Zukunftstraechtigkeit der Power-PC-Architektur abgestellt. Die eher peinliche Vorstellung der Trias Apple, IBM und Motorola (AIM) auf der CeBIT '95 machte dabei vor allem eins deutlich: Die Abhaengigkeit von der Power-PC-RISC-CPU koennte fuer die Spindler- Company ausgesprochen problematisch werden.

Trotz solcher Bemuehungen, sich als Anbieter einer fuer heterogene Welten konzipierten Rechnergarnitur in den Vordergrund zu spielen, bleiben jedoch sogar Mac-Anwender skeptisch. Greg Hunter etwa, PR- Verantwortlicher der DV-Abteilung Boeing Computer Services des weltgroessten Flugzeugbauers in Seattle, sagt, sein Arbeitgeber loese sich von Mac-Rechnern und setze vermehrt auf standardisierte PC- basierte Systeme, weil "wir Rechner brauchen, die unkompliziert miteinander kommunizieren koennen".

Zwar moniert Apples Power-PC-Produkt-Manager Jim Gable, hier beurteile einer das Unternehmen danach, wie es vor einem Jahr aussah und nicht danach, was es heute zu bieten habe. Einige Versprechen der Apfel-Leute bezueglich der Kooperationsfaehigkeit von Macs auf der Netzwerk- und Applikationsebene sind bislang jedoch nur Zukunftsmusik. Ihre Einloesung ist fruehestens fuer 1996 zu erwarten.

Der groesste Hemmschuh fuer den ersehnten Durchmarsch bei Unternehmen ist jedoch die Befuerchtung der Anwender, die Power-Macs unterstuetzten zuwenig Applikationen.

Zwar verschickt Apple gerne Informationsmaterial, das rund 400 Native-Anwendungen fuer die Power-PC-Umgebung auflistet. Hierunter befinden sich etwa Adobes "Persuasion", die Claris-Software "Macwrite Pro" oder Novells "Wordperfect". Noch nicht zum Kreis der Apple-Software-Anbieter gehoert aber etwa Lotus mit "Notes". Angeblich soll die Groupware jedoch Mitte 1995 ausgeliefert werden. Sybase hingegen hat noch keine genaue Vorstellung, wann "Powerbuilder" auf den RISC-Macs verfuegbar sein wird.

Ueberdies handelt es sich bei den meisten der 400 aufgefuehrten Produkte um Multimedia- oder Grafik-Tools sowie Spiele. Deshalb duerfte es Apple besonders gefreut haben, als Microsoft im August 1994 die Killerapplikations-Suite "Office" fuer die Power-Mac- Architektur vorstellte.

Mehr als ein Wermutstropfen: Die Datenbank "Access" ist nicht Bestandteil des Programmpakets. Nach Microsoft-Aussagen bleibt sie ausschliesslich der Windows-Plattform vorbehalten. Anbieter wie Computer 2000 ueberlegen deshalb bereits, ein Third-party-Produkt wie "Filemaker pro" von Claris zuzuschiessen. Anwender, die sich auf Microsoft-Anwendungen eingeschworen haben, muessen sich gesondert Lizenzen von "Foxpro" kaufen.

Ein anderes Vorurteil gegen die Apple-Welt hat sich mehr oder weniger erledigt: Galten die Mac-Rechner frueher als Mercedes der Branche mit entsprechend deftigen Preisen, so hat sich nach den Worten von Udo Fussbroich, Apple-Produkt-Manager beim groessten deutschen DV-Distributor Computer 2000, in den vergangenen zwei Jahren vieles geaendert. Monitore sind heutzutage in der Regel sowohl in der PC- als auch in der Mac-Welt zu nutzen und praktisch preisgleich. Auch Zusatzkomponenten wie etwa Modems kosten fuer beide Einsatzbereiche nahezu dasselbe.

Druckerhersteller bieten haeufig Alternativgeraete mit einer Appletalk-Schnittstelle oder koennen ueber die seriellen Interfaces an Macs andocken.

Unterschiede gibt es allerdings noch bei Grafiksubsystemen. Hier fungiert das proprietaere Apple-Bus-System "Nubus" als Preistreiber beziehungsweise bieten Dritthersteller in der Regel nur mehr teure Grafikkarten an.

Das liegt auch daran, dass ein Grafik-I/O-Port von Haus aus auf den Mac-Systemplatinen vorhanden ist. Nur wirklich leistungsorientierte Anwender ergaenzen ihre Mac-Systeme durch eine zusaetzliche Grafikkarte, die dann in den sogenannten Processor Direct Slot (PDS) gesteckt wird. Sobald Apple die versprochenen PCI-Bus-Systeme herausbringt, hat sich allerdings auch dieses Thema erledigt.

Im Unterschied zu den PC-Anbietern liefert Apple bekanntermassen Audio-Befaehigung ebenfalls standardmaessig frei Haus und integriert 16-Bit-Sound auf dem System-Board.

Ein Indikator dafuer, dass Anwender Apple-Systeme dann vorziehen, wenn sie ueber Windows-Tauglichkeit verfuegen, koennten die Verkaufserfolge des "Power-Macs 6100" sein. Das Einstiegssystem in die Power-Mac-Welt wird auch im Buendel mit der "DOS-Compatibility- Card" verkauft und laeuft laut Aussagen von Fussbroich "wie rasend". Man koenne nicht in der nachgefragten Menge liefern, weil Apple den Bedarf "voellig unterschaetzt hat".

Stoerend fuer Apples Zukunft sind demgegenueber die Signale, die aus dem Power-PC-Lager selbst kommen: Die anhaltenden Diskussionen etwa, ob und wenn ja, wann Apple und seine Buendnispartner IBM und Motorola (AIM) die auf der Comdex 1994 beschlossenen Standards der Power PC Reference Platform (Prep) einhalten werden, sorgen nach wie vor fuer Irritationen. Auch zur CeBIT konnte der Oeffentlichkeit ein letztendlich gueltiger Prep-Standard noch nicht praesentiert werden.

Ob Big Blue fuer das Mac-OS Lizenzrechte erwirbt oder dieses nur wiederverkauft, steht ebenso in den Sternen. So entsteht in der Oeffentlichkeit der Eindruck, dass die drei AIM-Musketiere zwar gegen Intel und Microsoft reiten wollen, sich aber noch nicht ueber die Richtung einig sind.

Industriebeobachter glauben indes, dass sich jenseits aller Spekulationen an der grundsaetzlichen Marktsituation fuer Apple nicht viel aendern wird. Meinte Analyst Michael Katinetz von Paine Webber: "Wir sehen nicht, dass viele Windows-Anwender auf die Macintosh-Plattform wechseln." Allerdings haben auch Mac- Anwender laut Katinetz kein gesteigertes Interesse, auf Windows 95 umzusteigen.

Apple hofft hingegen, in Unternehmen vor allem die Benutzer von leistungsschwaecheren 286- und 386-PCs ins Power-Mac-Lager ziehen zu koennen. CISC-Prozessoren liessen keine Wachstumsoptionen mehr, der Pentium-Chip habe - so, etwas polemisch, die Apple-Leute - seine eigenen Probleme. Zudem muesse sich jeder PC-Benutzer fragen, welche Zukunft ihn erwarte eingedenk der Prozessor- Entwicklungskooperation zwischen HP und Intel. Mit den Planungen und Absichtserklaerungen der AIM-Gruppe hingegen befinde sich der Anwender in jedem Fall auf der sicheren Seite.

Apples Problem ist die alte Denke der DV-Manager

Apples Power-PC-Produkt-Manager Gable gibt sich denn auch recht optimistisch: Wenn erst einmal der einheitlich gueltige Prep- Standard die sogenannte Common Hardware Reference Platform verbindlich vorschreibe, koenne jeder, der wolle, einen Power-Mac produzieren. Schon heute biete sich Apple mit den angebotenen Netzoptionen als ernsthafter Anbieter fuer den Grosskundenbereich an. "Wenn dann 1996 "Copeland" (Apples Mac-OS-Nachfolger, d. Red.) auf den Markt kommt, gibt es buchstaeblich nichts mehr," so Gable, "das ein Apple-Rechner nicht koennte, was Windows-, Unix- und Warp- Systeme offerieren."

Anders sei nur, dass Apple dann auch noch die bisher schon bekannten Staerken einbringen koennte wie etwa die besonderen Grafik- und Multimedia-Befaehigungen der Mac-Rechner. Und bei den Preisen werde man schon dafuer sorgen, dass man absolut wettbewerbsfaehig bleibe.

Ein Jahr ist aber in der DV-Szene eine Ewigkeit. Apples zukuenftige Erfolgsstory duerfte in hohem Masse davon abhaengen, ob seine Marketing-Strategen es schaffen, alte Denkmuster aus den Koepfen der IS-Verantwortlichen zu vertreiben. Wenn sie den Managern klarmachen koennen, dass die Apfel-Company genauso grenzueberschreitend offen ist wie die Konkurrenz, dann hat Michael Spindler in Grossunternehmen moeglicherweise doch noch seinen grossen Auftritt.

So oder so - fuer Apple-Aktionaere duerfte sicher sein: Sie werden ihren Schnitt machen.