CW-Blitzumfrage belegt positive Entwicklung der Systems, aber:

Die Hannoveraner haben noch die Nase vorn

06.11.1987

MÜNCHEN (ujf) - Die "Südmesse" Systems hat sich bei der ausstellenden Industrie zwar Ihren festen Platz Im Terminkalender erobert, läuft aber der "Nordmessen CeBIT noch nicht den Rang ab. Das "Off Limits" für CAD-Anbieter auf beiden Messen findet allerdings wenig Anklang. Am deutlichsten sagt es Unisys-Sprecher Jochen Rössner: "Viele unserer Kunden fühlen sich regelrecht veralbert."

Eine Woche nach Schluß der Systems 87 bat die COMPUTERWOCHE eine Reihe von Ausstellern um eine erste Bilanz. Einhellig fanden alle DV-Hersteller, die sich an der Blitzumfrage beteiligten, daß die Systems dabei ist, ihren Weg zu machen. Doch sie ist, so der Tenor der Aussagen, noch weit davon entfernt, eine internationale Messe zu werden.

Fachkundigeres Publikum als auf der Systems 85

Eine deutliche Verbesserung gegenüber 1985 diagnostizierte Jochen Rössner von der Presseabteilung der Unisys Deutschland GmbH: "Das Publikum ist wesentlich fachkundiger geworden. Wenn dieser Trend anhält, werden beide Messen in Kürze gleiche Bedeutung haben." Die Systems entwickle sich mehr und mehr zu einer Messe von überregionaler Bedeutung. Auch Jörg Michael Pläskere Sprecher der Kölner Bull AG, betont das -"Noch", wenn er von Hannover spricht: "Kommerziell und inhaltlich ist CeBIT noch immer die interessantere Messe - auch die eher überregionale von beiden. Aber es ist unübersehbar, daß die Systems eine ganze Menge an Boden gewonnen hat."

Für Peter Salminger, Abteilungsbevollmächtigter im Unternehmensbereich Kommunikationssysteme (UBK) der Siemens AG, ist - trotz Bekenntnis zur Spitzenposition von Hannover - die Systems "als Fachmesse vor unserer Haustür sehr wichtig". Die "mit Abstand größte internationale Ausstrahlung" hat für den Siemens-Mann die Genfer Telecom, die nur alle vier Jahre stattfindet. Sie wird, so Salminger, "durch die zunehmende Integration von Kommunikations- und Informationstechnik noch weiterhin an Bedeutung zunehmen". Für Viviane Reeb von der Marketingabteilung der Telex Computer Products in Eschborn ist inhaltlich zwar das CeBIT interessanter, "da ein breiteres Produktspektrum vorgestellt wird". Kommerziell liegt für sie aber die Systems vorn, "da relativ mehr neue Kontakte geknüpft werden".

Als überzeugter Münchner gibt sich Eberhard Färber, einer der Geschäftsführer der Mannesmann-Tochter PCS Periphere Computer Systeme GmbH und Mitglied des Systems-Ausstellerbeirats: Sowohl inhaltlich als auch kommerziell ist die Systems für uns interessanter. Denn in Hannover hat die Entscheiderkompetenz aus vielerlei Gründen erheblich nachgelassen. Ein erfreulicher Aspekt für mich: Die erkennbare Dezentralisierung der DV-Entscheidungen in den Unternehmen auf die Fachebenen, denen man mit Show und purer Größe weniger imponieren kann." Außerdem hätte PCS am Münchner Messestand auch Fachleute aus Norddeutschland und aus dem Ausland "in erfreulicher Zahl" registriert.

"Für uns als internationales Unternehmen ist die Telecom eine willkommene Ergänzung zu den nationalen Messen wie Systems und CEBIT", relativiert Wilfried Lortz, Vertriebsdirektor von Northern Telecom in Frankfurt die Bedeutung der deutschen Messen. Innerhalb der Bundesrepublik sieht er das CEBIT auf Platz eins, will aber unter den wichtigen Fachmessen die Orgatechnik nicht vergessen wissen.

Auch für Karl Stadtherr von der Abteilung Information der Telenorma GmbH in Eschborn ist die Telecom "wegen des internationalen Charakters die interessanteste von diesen Messen". Kommerziell sei aber nach wie vor das CEBIT die wichtigste Messe.

"Nahezu gleichrangig" beurteilt Christian Kätzner, Abteilung Marketing/ Kommunikation bei der MAI Deutschland GmbH, beide Veranstaltungen: "Das traditionelle Gewicht des CeBIT bietet kommerziell Vorteile; inhaltlich ist für uns die Systems von steigender Tendenz." Die Nachmesseaufträge würden gleichwohl weniger aus dem Norden kommen: "Nach der Systems wird sich das Geschäft besonders in Süddeutschland beleben."

Die Trennung von kaufmännischen und technischen Anwendungen in Hannover und München findet bei den Ausstellern nur wenig Beifall. PCS-Chef Färber ist loyal zur Münchener Messegesellschaft: "Die Dezentralisierung der Anwenderentscheidungen macht eine Trennung der Bereiche "kommerziell" und "technisch" möglich, teilweise sogar wünschenswert. Maschinenbauingenieure wollen in einer anderen Sprache angesprochen werden als CICS-Spezialisten. Der Integrationsaspekt braucht dabei nicht zu kurz zu kommen." Zwei zeitlich getrennte Zielgruppen-Messen seien besser als eine "Giganten-Messe, bei der der Überblick für den Anwender endgültig verlorengeht".

Trennung der Messesparten schlecht für die Industrie

Skeptisch dagegen Bull-Sprecher Pläsker: "In Hannover hat sich gezeigt, daß es problematisch ist, die Bereiche zu trennen. Das wird man auch in München spüren." Siemens-Abteilungschef Salminger wägt ab; obwohl eine Teilung der Messen zur Übersichtlichkeit und Vollständigkeit des Angebots" beitrage, könne sie für Interessenten aus der Industrie auch nachteilig sein.

Die deutlichsten kritischen Worte findet Unisys-Öffentlichkeitsarbeiter Rössner: "Wir sind mit der Abtrennung der CA-Welt nicht zufrieden. Vor allem fühlen sich unsere Kunden veralbert, wenn sie auf zwei maßgeblichen Computermessen nur unvollkommen oder hinter vorgehaltener Hand über den Computereinsatz in allen Bereichen informiert werden."