Public-Cloud-Anbieter im Porträt

Google Cloud Platform soll AWS Paroli bieten

12.09.2017
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Google Cloud: Machine Learning und Internet of Things

Ein Feld, auf dem sich Google von AWS, Azure und anderen Public-Cloud-Diensten abheben möchte, ist die Sparte maschinelles Lernen (Machine Learning). Angeboten werden cloudgestützte Dienste für die Bildanalyse, die Spracherkennung und für Übersetzungsdienste. Interessanter ist jedoch die Cloud Machine Learning Engine. Sie greift auf das TensorFlow-Framework zurück, das als Open Source frei verfügbar ist. Das Framework nutzen auch Googles eigene Angebote, etwa Google Photos und Google Cloud Speech.

Derzeit umfasst Googles Angebot sieben Services im Bereich Machine Learning. Cloud Speech wandelt beispielsweise Sprache in Text um. Cloud Vision API extrahiert Informationen aus Bildern (Fotos); Cloud Video Intelligence, das sich derzeit noch im Betatest befindet, ermöglicht dasselbe mit den Metadaten von Videos.

Maschinelles Lernen wird künftig eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise in Diagnosesystemen in der Medizin, bei Analyselösungen für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sowie bei autonomen Systemen, etwa selbstfahrenden Fahrzeugen und Robotern. Services wie Cloud Video Intelligence lassen sich beispielsweise nutzen, um Videodatenbanken nach bestimmten Bildmustern zu durchsuchen. Als Einsatzgebiet kommt somit auch die Auswertung der Aufnahmen von Überwachungskameras in Betracht.

Ein weiteres Feld mit hohem Potenzial ist das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). In diesem Bereich stellt Google mit Cloud IoT Core eine IoT-Plattform aus der Cloud bereit. Sie greift für das Speichern und Auswerten der Daten auf weitere Services der Google-Cloud zu, etwa Cloud Dataflow, BigTable und Data Studio. Bei Cloud IoT Core arbeitet Google mit mehreren Partnern zusammen, darunter Intel, Sierra Wireless, NXP (jetzt Qualcomm), ARM und Cisco. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich Googles IoT-Cloud-Plattform auf dem Markt durchsetzt. Neben AWS (IoT Platform) und Microsoft (Azure IoT Hub, IoT Suite) sind in diesem Bereich weitere namhafte Unternehmen aktiv, etwa SAP, Oracle und Automatisierungsspezialisten wie Siemens (Mindsphere).

Mit Cloud IoT Core bietet Google auch eine cloudgestützte IoT-Plattform an. Mit ihr lassen sich Daten erfassen und verarbeiten, die Sensoren in Maschinen, Fahrzeugen und Konsumgütern übermitteln.
Mit Cloud IoT Core bietet Google auch eine cloudgestützte IoT-Plattform an. Mit ihr lassen sich Daten erfassen und verarbeiten, die Sensoren in Maschinen, Fahrzeugen und Konsumgütern übermitteln.
Foto: Google

Schwachpunkt Business-Anwendungen

Zu den Stärken der Google Cloud Platform zählen Tools für Entwickler und Cloud-Services in Bereichen wie Rechenleistung (Compute), Big Data und Datenbanken. In Online-Foren äußern sich Anwendungsentwickler immer wieder lobend über Werkzeuge wie Kubernetes und App Engine. Ähnliches gilt für die Analytics-as-a-Service-Angebote wie BigQuery. Dagegen liegen Bereiche brach, in denen AWS, Microsoft, aber auch SAP, Oracle, die Telekom und VMware punkten können. Dazu zählen Geschäftsanwendungen beispielsweise für das Customer Relations hip Management (CRM) und Enterprise Resource Planning (ERP) aus der Cloud.

Das amerikanische Beratungshaus Dresner Advisory Services stellt denn auch in einer Studie von 2017 fest, dass weltweit 73 Prozent der Unternehmen eine Business-Intelligence-Lösung aus der Cloud am liebsten bei AWS buchen. Google und Microsoft Azure gelten als zweite Wahl. Allerdings hat Googles Cloud Platform dabei leichte Vorteile gegenüber Azure.

Unternehmen setzen vorzugsweise auf AWS, wenn sie Business-Intelligence-Dienste aus einer Public Cloud beziehen möchten. Google rangiert zusammen mit Microsoft auf Platz zwei, noch vor IBM.
Unternehmen setzen vorzugsweise auf AWS, wenn sie Business-Intelligence-Dienste aus einer Public Cloud beziehen möchten. Google rangiert zusammen mit Microsoft auf Platz zwei, noch vor IBM.
Foto: Dresner Advisory Services

Auch Dienste, welche die Ausweitung von Private-Cloud-Umgebungen in die Google-Cloud vereinfachen, sind bei Google nur ansatzweise vorhanden. Zu dieser Kategorie zählen beispielsweise Services für die Migration von Applikationen und Daten in die Cloud-Umgebung. Auch das Angebot an Sicherheitsservices ist noch ausbaufähig. Immerhin stellt Google Dienste für das Identity and Access Management (IAM) und einen Security-Scanner für die App Engine bereit.

Gut ist, dass Google diese Lücken sukzessive schließt. So hat das Unternehmen 2017 eine Partnerschaft mit SAP geschlossen. Im Rahmen der Kooperation werden nicht nur SAP-Applikationen über die Google-Cloud als Service angeboten. Auch bei der Entwicklung neuer Cloud-Applikationen arbeiten beide Unternehmen zusammen. Dadurch versprechen sich beide eine stärkere Akzeptanz ihrer Cloud-Software seitens der Unternehmenskunden.

Cloud Launcher mit mehr als 250 Apps

Ebenso wie AWS, Microsoft, IBM und andere Cloud Service Provider hat Google mit dem Cloud Launcher einen App Store für Cloud-Applikationen aufgebaut. Er enthält derzeit mehr als 250 Anwendungen. Allerdings sind etliche davon parallel in mehreren Rubriken wie "Infrastruktur" und "Datenbanken" aufgeführt. Dadurch reduziert sich das Angebot und liegt deutlich unter dem von Mitbewerbern. So stellt AWS über seinen Marketplace sechs Windows-Server-Versionen und über 100 Distributionen von Linux bereit. Google kommt auf drei Windows-Varianten (Windows Server 2008, 2012 und 2016) sowie ein Dutzend Linux-Distributionen, etwa von Red Hat, Suse, Debian und Ubuntu.

Über Google Launcher stehen Nutzern der Google-Cloud derzeit weniger als 250 Applikationen zur Verfügung. AWS und Microsoft stellen auf ihren Cloud-Plattformen mehrere 1000 Anwendungen bereit.
Über Google Launcher stehen Nutzern der Google-Cloud derzeit weniger als 250 Applikationen zur Verfügung. AWS und Microsoft stellen auf ihren Cloud-Plattformen mehrere 1000 Anwendungen bereit.
Foto: Google

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den unterstützten Datenbanken. Google stellt 50 Produkte bereit, darunter MySQL, PostgreSQL und MongoDB. Dazu kommen mehrere NoSQL-Datenbanken wie Cassandra und der NewSQL-Datenbankdienst Spanner. Bei AWS sind es, inklusive Caching- und Analyse-Lösungen, mehr als 370 Produkte. Zum Vergleich: 2016 lag die Zahl der Lösungen bei etwa 270. Darunter finden sich auch Programmpakete von namhaften Anbietern wie SAP, Microsoft (SQL), Oracle (Oracle Database) sowie MariaDB. Ebenfalls mehr zu bieten hat Microsoft Azure Marketplace. Im deutschen Marketplace waren im Herbst 2017 mehr als 350 Datenbanken aufgeführt.

Selbstverständlich bedeutet "Masse nicht gleich Klasse". Doch ist für Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen möchten, in jedem Fall eine größere Auswahl an cloudbasierten Lösungen von Vorteil.