Mobile Computing/Betreuung der Anwender entscheidet über die Akzeptanz

Die Gretchenfrage bei Mobilrechnern: Werden sie auch genutzt?

10.04.1998

Mit der Automatisierung von Abläufen läßt sich auch die Qualität normen und damit prüfen: Im Vertrieb eine Chance für mehr Kundenbetreuung, mehr Qualität, positives Abheben vom Wettbewerb. Kurzum, kaum ein Unternehmen kann es sich in Zukunft noch leisten, auf eine Computerunterstützung der mobil eingesetzten Mitarbeiter zu verzichten.

So werden immer mehr Projekte realisiert, immer mehr Systeme implementiert, die Zahl der Erfolgsberichte steigt. Werden die Systeme aber auch wirklich genutzt?Oberflächliches Nachfragen ergibt diesbezüglich oft eine positive Antwort. Doch wer tiefer in die Projekte Einblick nimmt, stößt auf ein recht differenziertes Bild: Nur ein Teil der Unternehmen schafft es, die mobilen Systeme flächendeckend und konsequent einzusetzen, somit auch mögliche und eigentlich angestrebte Vorteile auszuschöpfen.

Die Gründe sind vielfältig, finden sich in allen Projektphasen und lassen sich durch einige Fragen erschließen:

- Legt die Bedarfsanalyse die Grundsteine für die Akzeptanz der späteren Anwender?

- Entspricht das System den aktuellen Anforderungen der Anwender oder einem vor mehreren Jahren erhobenen, durch die Änderung von Prozessen überholtem Unterstützungsbedarf?

- Ergibt die Anwendung der Software eine Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit für einen durchschnittlich geübten Anwender, oder wird durch Mehrerfassung, langsame Hardware und komplexe Datenanbindungen das Gegenteil erreicht?

- Entspricht die Datenversorgung in Qualität, Frequenz und Umfang dem Bedarf der Anwender?

Einführungsprojekte reichen von der Bedarfsanalyse bis zur vollständigen Implementierung - danach werden die Systeme als Selbstläufer gesehen. Dabei entscheidet gerade die Betreuung der Anwender über ihre Akzeptanz - und diese definiert die Wirtschaftlichkeit, denn das beste Unterstützungssystem bringt keinen Nutzen, wenn es nicht nachhaltig eingesetzt wird. Der Weg zu einem effizienten, einfachen, gut lern- und anwendbaren System für den mobilen Einsatz birgt viele Fallen. Und manche zeigt sich erst im Einsatz.

Tintenstrahldrucker zum Beispiel sind bekanntlich leise. Doch die Lautstärke so manches hochwertigen Mobildruckers reicht aus, jedes Gespräch im Büro eines Kunden ersterben zu lassen oder doch zumindest die Aufmerksamkeit auf den Drucker zu lenken. Mit einem solchen Gerät wird der Außendienstmitarbeiter stets versuchen, das Ausdrucken eines Angebots oder Vertrags beim Kunden zu vermeiden. Also bekommt der seine Informationen wieder erst am Folgetag - wenn das Angebot der Konkurrenz auch schon vorliegt.

Störfaktoren eliminieren

Produktinformationen sind ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit einer großen Portion Feingefühls, um die Anwender für ein mobiles System zu gewinnen. Da sich Produktdaten immer häufiger ändern, wird es ständig schwieriger, aktuelle Papierdokumentationen für Vertrieb und Innendienst verfügbar zu halten. Wohl dem, der seiner Mannschaft ein stets aktualisiertes System zur Verfügung stellen kann und so Kosten und Ärger wegen veralteter Dokumentationen spart. Doch wie lange braucht der Verkäufer, um im Gespräch mit dem Kunden die aktuellen Produktdaten nachzuschauen? Jede Sekunde ist hier kostbar: Die Such- und Antwortzeit des Systems wird an den vielleicht fünf Sekunden gemessen, die der Griff zum Prospekt und das Aufschlagen der betreffenden Seite bislang in Anspruch nahmen. Hält unsere mobile Lösung da mit?

Es ist ein mühsames und aufwendiges Unterfangen, allen diesen Faktoren nachzugehen, doch führt kein Weg daran vorbei. Nur eine positiv aufgebaute Akzeptanz wird den Anwender eines mobilen Systems dazu bringen, dieses konsequent einzusetzen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Die Mitarbeiter müssen von dem Nutzen überzeugt werden, den das System für ihre Arbeit und für das Unternehmen bringt.

Es geht nicht darum, auch noch den letzten Anwenderwunsch zu erfüllen. Das System muß am Ende so einfach sein, daß sich der User schnell und sicher orientieren und es ohne zu suchen bedienen kann. Als erfolgreich läßt sich die Kür einer Lösung bezeichnen, die dem fortgeschrittenen Anwender alle Funktionalitäten bietet, mit denen er seine Arbeit noch schneller und effizienter ausführen kann, ohne gleichzeitig die Nutzung des Systems durch einen weniger DV-begeisterten Kollegen zu behindern.

Neben der Gestaltung einer mobilen Lösung stellen die Einführung mit der zugehörigen Qualifikation und die laufende Betreuung der Anwender bedeutende Erfolgsfaktoren dar. Bei der Einführung wird häufig der Umgang mit Hard- und Software geschult. Deckt dies den Qualifikationsbedarf der Mitarbeiter? Was sie wirklich wissen müssen ist, wie sie ihren Job mit dem neuen mobilen System in Zukunft erledigen sollen. Der Fokus sollte demnach nicht auf dem einzuführenden System selbst liegen, sondern auf dessen Integration in die bestehenden - oder neu gestalteten - Arbeitsprozesse der Anwender.

Der Einsatz im Vertrieb

Am Beispiel eines mobilen Systems im Vertrieb sind dabei folgende Schritte zu durchlaufen:

1. Bedarfsanalyse,

2. Verkaufsprozeß durchleuchten,

3. Bedarf und Möglichkeiten der Unterstützung identifizieren,

4. neuen Verkaufsprozeß mit Systemunterstützung entwerfen,

5. neuen Verkaufsprozeß an einem Prototyp validieren,

6. Software-Entwicklung,

7. Validierung des Ergebnisses in Pilotversuchen,

8. Einführung,

9. neuen Verkaufsprozeß qualifizieren und

10. Nutzung des Betreuungskonzeptes qualifizieren.

Dabei sollte nicht übersehen werden, daß der ausschlaggebende Erfolgsfaktor für die Akzeptanz eines Systems immer der Endanwender sein wird und nicht die DV-Abteilung. Auf eine frühzeitige Einbindung von beispielsweise Verkäufern in den Generierungsprozeß, sprich in die Entwicklung neuer Verkaufsprozesse, die Bewertung von Prototypen, Pilotierungen etc. darf nicht verzichtet werden. Ebenso sollte man daran denken, daß die einbezogenen Mitarbeiter in der Folge auf nichts anderes achten werden als darauf, ob ihre Anregungen auch ernst genommen und umgesetzt wurden.

Der erfolgreiche, flächendeckende Einsatz mobiler Systeme zur Unterstützung der mobilen und verteilten Arbeitsprozesse wird künftig noch an Bedeutung gewinnen. Er ist und bleibt ein Indikator für die Qualität und Wettbewerbskraft einer Vertriebs- oder Servicemannschaft. Der Weg dorthin ist für manches Unternehmen allerdings noch weit.

ANGEKLICKT

Vertriebsleiter verweisen gerne auf die modernen Hilfsmittel ihrer Außendienstmitarbeiter: "Wir haben alle Vertriebsbeauftragten mit Notebooks ausgestattet. "Den Einsatz und die Akzeptanz solcher Systeme, die längst nicht mehr als Statussymbol angesehen werden, überprüfen sie allerdings nicht. Die Investition in Mobilrechner lohnt sich nur dann, wenn der Anwender den Nutzen für sich und das Unternehmen erkennt. Notwendig für den erfolgreichen Einsatz ist also eine genaue Planung, bei der der spätere Benutzer involviert sein muß und die auch eine laufende Betreuung der Mitarbeiter vorsieht.

Akzeptanz

Haben Sie die Voraussetzungen erfüllt, daß die Anwender das System akzeptieren können?

Performance: Faktoren wie . . .

Kundentauglichkeit: Taugt die Hardware auch aus Sicht des Anwenders für den geplanten Einsatz, oder stört zum Beispiel die Geräuschentwicklung eines Druckers das Verkaufsgespräch?

Schnelligkeit: Kann ein durchschnittlich qualifizierter und geübter Anwender das System so bedienen, daß die Antwortzeit die Arbeitsprozesse nicht behindert?

Standzeit: Halten die Akkus auch einen überdurchschnittlichen Arbeitstag beziehungsweise Arbeitsgang durch?

Anpassung an die Arbeitsprozesse des Anwenders

Analyse des Ursprungszustands: Wurden die Arbeitsabläufe vor Einführung des Systems analysiert, um eine Basis für die Definition der Unterstützungsleistung und für die Einpassung des Systems in die bestehenden Prozesse zu gewinnen?

Ermittlung von Rationalisierungs- und Verbesserungspotentialen: Wurde die Soll-Funktionalität des Systems unter Beachtung der dokumentierten Ursprungsarbeitsprozesse der Anwender festgelegt, um deren Abbildung sicherzustellen und die Wiedererkennbarkeit der abgebildeten Prozesse durch die Anwender zu unterstützen?

Definition der künftigen Soll-Arbeitsprozesse: Wurden die Abläufe festgelegt und dokumentiert, denen die Arbeit künftig folgen wird? Umfassen diese Soll-Prozesse sowohl die systemgestützten als auch die nichtsystemgestützten Tätigkeiten?

Eliminierung der "Zeitfresser": Wurde die Unterstützung von Prozessen daraufhin untersucht, ob sie einen hohen relativen oder absoluten Anteil an der Arbeitszeit der Anwender erfordern?

Einpassung des Systems: Paßt sich das neue System nahtlos in die verbliebenen Altprozesse ein?

Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit

Kommt ein Betreuungskonzept zur Anwendung?

Wurde der Prozeß für regelmäßige, qualitativ hochwertige Updates implementiert und getestet?

Wolfram von Schneyder ist bei der Iltis GmbH in Rottenburg am Neckar verantwortlich für das Geschäftsfeld Computerunterstützung im Vertrieb.