Die Grenzen von Itil 3

16.08.2007
Von Frank  Zielke, Jürgen Groß und Jürgen  Dierlamm

Der Lifecycle hat noch Lücken

Nichts ist so perfekt, dass es nicht gleich wieder einer Verbesserung unterliegen könnte. So verhält es sich auch mit den "Financial Management for IT Services", einem wichtigen Prozess aus Itil 3. In der vorherigen Ausführung war dieser Bereich Teil der Service-Delivery-Gruppe und in den anderen vier Prozessen zur taktischen Planung und Steuerung von IT-Services entsprechend tief verankert. Ein Credo lautete zum Beispiel: kein SLA ohne entsprechende Passagen zur Preisgestaltung und Leistungsverrechnung. Leistung (IT-Service) und Gegenleistung (Preis) sollten sich gegenüberstehen und entsprechen. Juristen nennen das Synallagma. Bei vertraglichen SLAs ist diese Entsprechung ohnehin erforderlich. SLAs und deren Umsetzung in der Erbringung von IT-Services müssen kostendeckend sein, egal welches Geschäftsmodell und welche Art der Verrechnung der Service-Provider betreibt. Auch bei der Planung und Optimierung von Verfügbarkeit und Kapazität gab es dedizierte Nahtstellen zum Financial-Management. Selbst Service-Support-Prozesse haben vor allem über das Change-Management darauf Bezug genommen.

Itil 3 definiert das Financial-Management, richtet sich dabei aber vornehmlich an Service-Provider.
Itil 3 definiert das Financial-Management, richtet sich dabei aber vornehmlich an Service-Provider.

Inhaltlich blieb der Prozess in Version 2 zwar auf einer Ebene des betriebswirtschaftlichen Basiswissens stehen: Budgetplanung, Kostenrechnung (Kostenstellen, -arten, -träger), Preisgestaltung, Leistungsverrechnung auf Basis Kostenträger, ansatzweise auch Controlling sind Know-how auf Basis eines betriebswirtschaftlichen Grundstudiums ohne besonderen Bezug auf IT-Service-Management. Allerdings war dies auch schon mehr, als viele Firmen im Bereich IT-Controlling und vor allem in der Leistungsverrechnung (Pricing, Charging/Billing) bis vor wenigen Jahren zu leisten imstande waren.

Itil 3 definiert Financial-Management grundsätzlich gleich, und zwar folgendermaßen: "The Function and Processes responsible for managing an IT Service Provider's Budgeting, Accounting and Charging Requirements". Allerdings ist der Prozess nun noch konsequenter ausgerichtet an IT-Services aller Liefermodelle von Service-Providern, am Budget als strategischem Service-Asset und an Return-on-Investment-Analysen sowie Business-Cases für IT-Services. Financial-Management ist Teil der Service-Economics in der Service-Strategy – und das ist grundsätzlich auch gut so.

Wer die Aufteilung der bisherigen Itil-2-Prozesse in die fünf Core-Bücher von Itil 3 kennt, würde vermuten, dass in allen Bereichen Teile des Financial-Managements enthalten sind. Aber dem ist nicht so. Als Prozess oder Rolle findet es sich nur in der Kernpublikation "Service Strategy" wieder. Einzige Ausnahme sind RoI-Betrachtungen im Band "Continual Service Improvement".

Hier ist ein klares Manko auszumachen: Ein Service kann ohne Prüfung der finanziellen Machbarkeit der Service-Level-Requirements nicht gestaltet werden (Service-Design) und ohne Betrachtung der Kosteneinhaltung sowie -Vorgaben nicht in den Betrieb übernommen beziehungsweise dort nicht zielführend betrieben werden (Transition und Operation). Im Service-Lifecycle sind in verschiedenen Stadien Antworten auf Fragen rund um Servicekosten und Budgets erforderlich. Wenn man bedenkt, dass fast alle Itil-2-Prozesse in der neuen Version auf die fünf Bände aufgeteilt wurden, ist es schon verwunderlich, dass gerade das Financial-Management nur unter "Service Economics" im Strategy-Teil auftaucht.

Keine Frage: Geld ist immer noch der Motor des IT-Betriebs, und diese Ressource ist auch in Itil 3 als wichtiges Service-Asset hervorgehoben. Geld kommt immer noch vom Kunden und dessen Business, zumindest in der Refinanzierung der Service-Provider. Die strategische Bedeutung steht damit unumstritten fest. Im Band "Service Design" wäre deshalb ein Teil des Financial-Managements gut aufgehoben, am besten verankert mit dem Service-Level-Management-Prozess.