Die Generation ist nicht alles

01.11.1991

Sprachen der dritten Generation, Sprachen der vierten Generation, Sprachen der fünften Generation - es ist wie bei einer Versteigerung. Die Numerierung erweckt den Eindruck einer kontinuierlichen und gradlinigen Evolution: je höher die Nummer, desto höher entwickelt und folglich besser die Sprache.

Der Eindruck täuscht: In Wahrheit sagt die Generation einer Sprache absolut nichts über ihre Eignung für den konkreten Einsatzfall - sie ist allenfalls ein Indiz für ihren intellektuellen Unterhaltungswert.

Ständig erscheinen neue Programmiersprachen, und die wenigsten von ihnen wollen so recht in dieses einfache Generationenraster passen, alte Sprachen werden aufgepeppt, jedes Textverarbeitungsprogramm hat seine eigene Makrosprache, für Drucker werden Seitenbeschreibungssprachen entwikkelt.

Es erscheint deshalb sinnvoll, wie André Bartels in unserem ersten Beitrag, statt von 4GLs von einer 4GT zu sprechen, von einer "Technologie der vierten Generation". Für die Qualität und die Schnelligkeit der Software-Entwicklung ist nicht so sehr die Programmiersprache entscheidend als vielmehr die gesamte Entwichlungsumgebung. Und hier kann man guten Gewissens sagen, daß eine neue Ära angebrochen ist, verglichen mit den "klassischen" Cobol- und Fortran-Zeiten.

Eines allerdings sollte man nicht vergessen: Die besten Programmierwerkzeuge helfen nichts, wenn die Daten nicht zu ihnen passen. Alte Datenbestände - und die meisten Datenbestände sind alt - sind oft viel zu komplex. Sie sind durchsetzt, mit Daten zu Verarbeitungssteuerung; sie sind optimiert für die Bearbeitung mit den Programen, die zur Zeit ihrer Entstehung für sie geschrieben wurden (Stichwort: Bit-Operationen).

Wer hier nicht aufräumt, kann sich schnell dabei wiederfinden, wie er mit seiner schönen 4GL unter vielen Verrenkungen 3GL-Programme schreibt. Dieses Aufräumen ist lästig: Es kann bedeuten, daß sämtliche Programme und Datenbestände neu konzipiert und aufgebaut werden müssen. Wer die neuen Möglichkeiten jedoch wirklich nutzen will, sollte sich früzeitig damit befassen.