Thema der Woche

Die Funkausstellung gewinnt auch für DV-Profis an Bedeutung

05.09.1997

Auch 1997 ist die IFA in erster Linie eine Messe der Unterhaltungselektronik und der Medien. Dies belegt allein schon der Umstand, daß in diesem Jahr nach Aussagen der Veranstalter 41 Fernseh- und 25 Hörfunksender den Weg in die deutsche Hauptstadt gefunden haben - so viele wie nie zuvor. Und so wimmelt das Gelände unter dem Funkturm wie eh und je von Stars und Sternchen aus dem Film- und Musik-Business.

Und dennoch ist zu spüren, daß eine Veränderung stattfindet. Detlev Bu- chal, Vorstand Privatkunden bei der Deutschen Telekom AG, charakterisiert dies als den "Wandel von der Unterhaltungselektronikmesse in eine Elektronikmesse multimedialen Zuschnitts". Damit ist die schon angesprochene Digitalisierung gemeint, aber auch der unaufhaltsame Vormarsch des Internet.

Selbst traditionelle Medien wie Fernsehen oder Hörfunk präsentieren sich in Berlin im digitalen Gewand. Das "Digital Radio", bekannt geworden als Digital Audio Broadcasting (DAB), fand viel Beachtung. Dieses System sorgt nicht nur für Radioempfang in erstklassiger Qualität, sondern erlaubt auch das Versenden von Zusatzinformationen (in Form von Daten, Texten oder Bildern) gemeinsam mit dem Hörfunkprogramm. Infos lassen sich entweder auf einem Display darstellen oder mit einem PC weiterverarbeiten.

Da Digital-Radios jeweils eine eindeutige Kennung tragen, wäre es beispielsweise möglich, Daten oder sogar Software-Updates direkt auf die mit entsprechenden Erweiterungskarten ausgestatteten PCs von spezifischen Benutzerkreisen zu schicken. Eine Anwendung, die besonders für Unternehmen von Interesse sein dürfte.

Auch die Macher des ZDF wollten in Berlin zeigen, daß sie mit den technischen Entwicklungen Schritt halten können. Zusammen mit Intel demonstrierten die Mainzer das "Intercast"-Verfahren, das von dem Chip-Giganten entwickelt wurde und seit einem Jahr in den USA im Einsatz ist. Intercast macht sich nicht genutzte Bandbreiten bei der Übertragung des Fernsehbildes (die sogenannte Austastlücke) zunutze, um Zusatzinformationen zu senden, die im Empfangsgerät dargestellt werden können.

Allerdings krankt das Prinzip momentan noch daran, daß der Empfang nur auf PCs mit TV-Tunerkarte möglich sein soll - dabei nimmt das eigentliche Fernsehbild nur einen geringen Teil des Bildes ein, die überwiegende Fläche des Monitors ist für die zusätzlichen Informationen gedacht. In den USA bieten derzeit nicht einmal zehn Stationen Intercast-Services an, über die Zahl der Nutzer schweigt sich Intel völlig aus.

Ebenfalls für Unternehmen von Interesse - Stichwort Business-TV - sind die in Berlin erstmals vorgestellten Internet-tauglichen Fernseher. Gleich mehrere Hersteller, unter ihnen Loewe Opta, Sharp und Grundig, präsentierten Geräte, mit denen man parallel zum normalen Fernsehempfang im Web surfen, E-Mails schreiben oder chatten kann. Ein integriertes Modem, eine spezielle Fernbedienung sowie gegebenenfalls eine Infrarot-Tastatur machen's möglich.

So bietet die Gerätefamilie "Xelosmedia" von Loewe unter anderem die Möglichkeit, persönliche Termine oder E-Mails automatisch als Untertitel im laufenden Programm anzuzeigen. Wahlweise kann auf eine spezielle Internet-Auswahl, den sogenannten "Loewe-Channel", zurückgegriffen oder via Suchmaschine "Web.de" gesurft werden.

Das Traditionsunternehmen Grundig setzt derzeit mit der "Web-Box" auf ein gesondertes Gerät, das mit allen handelsüblichen 50- und 100-Hertz-Fernsehern mit Scart-Buchse kompatibel sein soll. Komplizierte Installationen entfallen nach Angaben des Herstellers: Nach dem Anschließen löst eine Smartcard, die der Kunde in das Gerät einsteckt, automatisch die Anwahl des Providers aus. Eigenen Aussagen zufolge arbeitet Grundig derzeit aber auch an der Entwicklung eines Fernsehers, der Internet-Fähigkeiten direkt integriert hat. Die Browser-Software zur Darstellung der Web-Inhalte liefert übrigens bei beiden Lösungen der auf eingebettete Internet-Software spezialisierte Hersteller Spyglass.

Thomson ging sogar noch einen Schritt weiter: Das Unternehmen stellte einen Network Computer (NC) vor. Der Javascript-fähige "NC 100" verfügt über ein 33,6-Kbit/s-schnelles Modem, eine Druckerschnittstelle und Anschlußmöglichkeiten für Maus und Tastatur. Allerdings ist die Bezeichnung des Gerätes etwas irreführend, da es doch eher für den Endverbraucher konzipiert ist.

Auch in bezug auf Speichermedien hatte die IFA einiges zu bieten. Gleich mehrere Hersteller, darunter Samsung, präsentierten neue Digital-Versatile-Disk-Systeme auf der Messe. To- shiba beispielsweise stellte das Modell "SD-M1102" vor, das Daten mit doppelter Geschwindigkeit zum Rechner übertragen soll. Das DVD-ROM-Gerät verfügt über eine ATAPI-Schnittstelle und ist laut Hersteller ab September erhältlich.

Noch einen draufgelegt hat der japanische Konzern Matsushita, auf der IFA vertreten mit der Tochtergesellschaft Panasonic. Das Unternehmen demonstrierte ebenso wie Hitachi in Berlin ein DVD-RAM-System, mit dem sich DVDs nicht nur lesen, sondern auch mehrfach wieder beschreiben lassen. Das Gerät soll gegen Ende des Jahres in Deutschland auf den Markt kommen. Außerdem stellte Panasonic das nach eigenen Angaben erste Notebook der Welt mit integriertem DVD-ROM-Laufwerk vor. Das "CF63" mit 166-MHz-Pentium-MMX-Prozessor ist hierzulande ab November 1997 für rund 14000 Mark zu haben.

Weitere Highlights der Messe waren großformatige, ultraflache Plasmabildschirme wie beispielsweise der "GD-V420PZW" von JVC, die wie ein Bild an die Wand gehängt werden können und sich beispielsweise für Gruppenschulungsräume oder Videokonferenzen eignen. Philips zeigte sein "Flat TV 42-9982", das bei einer Bilddiagonale von 107 Zentimetern lediglich zehn Zentimeter tief ist und einen Betrachtungswinkel von 160 Grad bietet.

Panasonic hat mit dem "TH-42PM1" ebenfalls einen Plasma- bildschirm nach Berlin mitgebracht, der sich nach Aussagen des Unternehmens gleichermaßen als Fernseh- und Computerbildschirm eignet. In Deutschland soll das Modell, das 16,77 Millionen Farben darstellen kann, ab der zweiten Jahreshälfte 1998 im Handel erhältlich sein.

Gleich mit mehreren neuen Produkten und Dienstleistungen wartete die Deutsche Telekom in Berlin auf. Sie gab auf der IFA den Startschuß zur Einspeisung digitaler Programme ins Kabelnetz und leistet damit einen deutlichen Beitrag zum digitalen Wandel. Ab Oktober wird zunächst der Sender Premiere seine digitalen Inhalte einspeisen, mit weiteren Anbietern laufen derzeit noch Verhandlungen. Im Zuge der Digitalisierung des Kabelnetzes heißt diese Dienstleistung in Zukunft "T-Medianet".

Mit "T-View" demonstrierte der Carrier ein Bildtelefon, das neben der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht eine Datenbank mit zusätzlichen Informationen und Services bieten soll. Das Einzelgerät kostet laut Telekom rund 1000 Mark, das Paar ist für knapp 1800 Mark zu haben.

Neuerungen haben auch die Handy-Hersteller in Berlin gezeigt. Nokia beispielsweise führte sein Smart-Messaging-Konzept vor, das Mobiltelefonierern den Zugang zum Internet ermöglicht. Dabei soll nach Angaben von Nokia jedes Telefon, das Short Message Service (SMS) beherrscht, diese Dienste auch nutzen können. Unabdingbar ist jedoch ein spezieller Netzwerk-Server, der die Kommunikation zwischen Handy und dem Web regelt. Es handelt sich hierbei um die "Nokia Artus Messaging Platform", mittels derer Netzbetreiber und Diensteanbieter ihren Teilnehmern den Zugang zu Internet-Informationen ermöglichen können.

Server und Handy kommunizieren dabei über die Tagged Text Mark-up Language (TTML). Als erstes Handy, das Smart Messaging bietet, hat Nokia auf der IFA das Modell "8110i" vorgeführt.

Ebenfalls neu ist Nokias "Cellular Data Suite", eine Software-basierte Lösung für drahtlose Datenübertragungen. Hierbei wird ein GSM-DCS-1800-kompatibles Handy (beispielsweise Nokias "8110") in einen tragbaren Rechner mit Windows 95 integriert und somit das Versenden und Empfangen von Faxen, E-Mails, SMS und Daten ermöglicht. Handy und Laptop kommunizieren dabei über die serielle Schnittstelle, der PCMCIA-Schacht bleibt für Netzwerkkarten oder andere Erweiterungen frei. Mit Datenkompression sollen Übertragungsraten von bis zu 38,4 Kbit/s zu erzielen sein.

Professionelle Anwender wird außerdem interessieren, daß der Mobilfunkanbieter E-Plus auf der IFA angekündigt hat, seinen Geschäftskundentarif "Profi Plus" ab dem 1. Oktober 1997 zu verbilligen.

Die Grundgebühr beträgt dann statt bisher 59,95 Mark nur noch 54,95 Mark, die Gesprächsminute in der Nebenzeit wird 49 Pfennig kosten (bisher 59 Pfennig). Außerdem führt der Anbieter den neuen "Profi-Day-Tarif" ein, der das Telefonieren unabhängig von der Tageszeit für 69 Pfennig pro Minute vorsieht (Grundgebühr 59,95 Mark).

Auch die Telekom-Tochter T-Mobil senkt die Preise für Profi-Telefonierer: Statt wie bisher 1,14 Mark kostet die Gesprächsminute beim "Pro-Tel-D1"-Tarif der Bonner seit dem 1. September nur noch 99 Pfennig.

ARD goes digital

In puncto Digitalisierung will das öffentlich-rechtliche Fernsehen dem Radio und dem dort aufkommenden Digital Audio Broadcasting (DAB) natürlich nicht nachstehen. Dementsprechend war in Berlin zu hören, daß die ARD in Kürze ihr Geimeinschaftsprogramm, sämtliche Dritten Programme der Landesrundfunkanstalten, die gemeinsam mit dem ZDF produzierten Kanäle Phoenix und Kinderkanal, außerdem Arte, 3sat und den Online-Kanal der ARD digital als "Free TV" offerieren will. Zu empfangen sind diese Angebote mit einer Set-top-Box, beispielsweise von Thomson oder Panasonic. Nach Angaben von Nokia sollen auch die für das jetzt eingestellte Pay-TV "DF-1" entwickelten "D-Boxen" das kostenlose Digitalprogramm empfangen können.