Die unterschätzte Last der E-Mails
Mit E-Mails richtig umzugehen, ist aber nicht nur eine Frage des Benehmens. Sondern auch eine von Selbst-Managements. Die australische Forscherin Melissa Gregg vom Institut für Gender and Cultural Studies an der University of Sydney untersuchte Menschen aus Kommunikationsberufen, die teilweise zuhause arbeiteten: "Menschen rufen ihre E-Mails teils rund um die Uhr ab und glauben, nie ihr virtuelles Büro zu verlassen". Die Belastungen, die die permanente Erreichbarkeit mit sich bringt, werden aber von den Betroffenen oft nicht als solche wahrgenommen.
Greggs Untersuchungen fanden in den vergangenen drei Jahren statt, zeitgleich mit der Etablierung der Social Networks wie Facebook und Twitter. Bisher würden die meisten Menschen diese Plattformen als Teil der Freizeitbeschäftigung sehen, in die man sich eher außerhalb der regulären Arbeitsstunden einklinkt. "Speziell für in Büros tätige Menschen sind sie jedoch schon Teil des Berufs geworden. Dieser Wandel ist meist ohne jede Diskussion geschehen, was das für die Arbeitsbelastung bedeutet", so die Forscherin.
E-Mails vom Bett aus
Viele der Interviewten bezeichneten das Abrufen und Versenden von Nachrichten von zuhause aus nicht als Arbeit. Diese Vorgänge würden oft auch noch nachts im Bett oder vor sechs Uhr morgens vor dem Aufwachen der Kinder geschehen, damit man sich in den Bürostunden der "richtigen Arbeit" widmen könne. "Besonders Eltern in Teilzeit-Anstellung halten die E-Mail-Zugänge an ihren arbeitsfreien Tagen offen. Sie tun das, um am Ball zu bleiben und um Kontakte mit Vollzeit-Anstellung nicht unnötig aufzuhalten."
- Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor. - Formulieren Sie eine klare Betreffzeile
Eindeutige Betreffzeilen helfen allen. Der Empfänger weiß mit einem Blick, worum es geht, der Absender formuliert auch für sich selbst klar sein Anliegen. - Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend. - Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten. - E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit. - Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten. - Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist. - Buchtitel: Wenn E-Mails nerven
Die Ratschläge wurden dem Buch "Wenn E-Mails nerven" von Günter Weick und Wolfgang Schur entnommen. (Zusammengestellt von Ingrid Weidner)
Die Folge dieses Verhaltens sei eine Zunahme versteckter und unbezahlter Arbeit zuhause. "Da Frauen häufiger in Teilzeit oder von zuhause aus arbeiten, verschärft sich somit die ungleiche Bezahlung noch zusätzlich", so Gregg. Stress und Beunruhigung sei bei vielen der Befragten festzustellen, außerdem seien Eltern aufgrund der neuen Kommunikationsformen oft zu abgelenkt oder zu erschöpft, um sich zuhause den Kindern zu widmen. "Einige haben Angst, die Kinder könnten Internet-süchtig werden, dabei zeigten sie selbst alle Anzeichen dafür. Da die Tätigkeiten mit der Arbeit zu tun haben, werden sie nicht als Problem gesehen", so Gregg.
Grundbotschaft der australischen Forscherin ist es, die Situation als strukturelles Problem zu erkennen. "Die meisten halten es für ihr Versäumnis, dass sie nicht mit der Technik und mit der gestiegenen Menge an zu bewältigender Kommunikation gleichzeitig zurecht kommen. Doch das Problem zieht sich quer durch alle Branchen. Daher sollte man es als Problem erkennen, das auf der Strukturebene bewältigt werden sollte, statt die Mitarbeiter zu individuellen Lösungen zu zwingen", betont die Forscherin.