Schwache Schwellenländer

Die fetten Aktienjahre sind vorbei

10.09.2008
Von pte pte
Nach mehreren guten Jahren bricht wieder eine kleine Eiszeit an den Börsen an. Betroffen sind auch Werte aus Schwellenländern.

In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Aktienkurse zugunsten der Anleger international überdurchschnittlich hoch entwickelt. Damit soll es nun jedoch vorbei sein, wie die Boston Consulting Group (BCG) aufzeigt. Besonders Unternehmenswerte aus Schwellenländern hätten die heftigsten Einbrüche verzeichnet und würden auch künftig eine enttäuschende Performance vorlegen. "Die vergangenen fünf Jahre waren mit einer jährlichen Aktienrendite von durchschnittlich 17,1 Prozent historisch eine Ausnahme. In den kommenden Jahren müssen sich die Anleger wieder an einstellige reale Aktienrenditen gewöhnen", wird BCG-Geschäftsführer Daniel Stelter von der "WirtschaftsWoche" zitiert. Topwerte wie jene des chinesischen Schnapsbrenners Kweichow oder des Motorenbauers MAN mit Wertsteigerungen von 100 beziehungsweise 60 Prozent pro Jahr würden der Vergangenheit angehören.

Zwar werde es Ausnahme-Aktien mit überdurchschnittlichem Wachstum auch in Zukunft geben, diese würden jedoch bedeutend schwieriger zu finden sein als bisher. "Allgemein betrachtet sind Schwellenländer in den vergangenen Jahren stark gewachsen, entsprechend auch ihre Finanzmärkte. Ich würde nicht generell davon ausgehen, dass sie einen geringeren Return abwerfen als in der Vergangenheit", meint Peter Westerheide, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), auf Anfrage von pressetext. Allerdings sei es den Schwellenländern in diesem Jahr nicht wie erwartet gelungen, die Wirtschaftsflaute in den USA auf globaler Ebene zu kompensieren.

Die Berater der BCG ziehen einzelne Titel heran und bewerten diese am Fundamentalwert des Unternehmens. Dieser beschreibt die reine Wertschöpfung eines Betriebs anhand von Umsatzwachstum, Gewinnmargen, Schuldenabbau oder Rückkaufprogrammen. Durch die Analyse, welcher Teil der Kursgewinne auf dem gestiegenen Fundamentalwert beruht und welcher auf gestiegene Anlegererwartungen zurückgeht, will die BCG Top-Papiere und möglichst krisensichere Kurse ausfindig machen. So bewege sich beispielsweise das Papier des Düngemittelproduzenten K+S aufgrund der erwartungsgetriebenen Rekordentwicklung in den vergangenen Jahren 50 Prozent über dem Fundamentalwert. Einige Beobachter erkennen bereits wieder eine Gewinnblase, die mit der Dotcom-Blase 2000 vergleichbar sei.

"Aktien aus konjunktursensiblen Branchen wie Stahl und Maschinenbau sollte man - trotz teilweise günstiger Bewertung - wirklich nur kaufen, wenn man nicht an eine Rezession glaubt", warnt Stelter. Die wirtschaftlichen Turbulenzen, steigende Inflationsraten sowie Lohn- und Preissteigerungen setzen auch Unternehmen in Schwellenländern unter Druck. Aufgrund der Inflationsgefahr könnten sich Zentralbanken von ihrer Politik "des billigen Geldes verabschieden", schreibt die "WirtschaftsWoche". Die Bereitstellung von Fremdkapital für Firmen-Investitionen könne so zurückgeschraubt werden. "Umsatzwachstum, Margensteigerung, Schuldenabbau - egal, welchen unserer Parameter für fundamentalen Börsenwert wir uns anschauen - wir sehen derzeit kaum noch irgendwo Potenzial", so Stelter. (pte)