Roboter vernichten Arbeitsplätze - Forderung der IG Metall:

Die Entkoppelung von Mensch und Maschine

09.11.1984

FRANKFURT (CW) - Industrieroboter vernichten Arbeitsplätze. Das spiegelt sich in einer Untersuchung der IG Metall wieder Lediglich aus sechs Prozent von gut 1100 befragten Unternehmen aus der Metallwirtschaft berichteten Betriebsräte über positive Beschäftigungswirkungen durch Robotereinsatz. Bei zwei Drittel der Firmen hingegen folgten nach dem Einzug der modernen Fertigungsautomaten der Abbau von Arbeitsplätzen. Roboter können die Arbeit humanisieren helfen. sie können aber auch neue Belastungen hervorrufen, urteilt die Abteilung Automation/Technologie der Frankfurter Metallgewerkschaft.

Die IG Metall befragte 1982/83 Betriebsräte in mehr als 1100 Betrieben der Metallwirtschaft unter anderem nach dem Einsatz von Industrierobotern und deren Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen. Da die Befragung einen repräsentativen Querschnitt der Betriebe in der Metallwirtschaft erfaßte, ergibt sich aus der Befragung, daß in etwa 820 Anwenderbetrieben knapp 5000 Industrieroboter im Einsatz waren. 72 Prozent aller Industrieroboter befanden sich in Großbetrieben mit 1000 und mehr Beschäftigten. Mit 70 Prozent aller Einsatzfälle dominierte der Automobilbau. Mit weitem Abstand folgten die Branchen elektrotechnische Industrie, Stahl- und Waggonbau, Feinmechanik und Optik, Metallwarenindustrie und der Maschinenbau. Weitgehen herrscht in diesen Branchen der Einzeleinsatz und die Erprobung von Industrierobotern noch vor.

Prognosen wissenschaftlicher Institute weisen jedoch darauf hin, daß die Vormachtstellung der Autoindustrie in diesem Bereich zurückgehen wird. Andere Branchen, wie die elektrotechnische Industrie, der Maschinenbau und die Metallwarenindustrie werden schon in den 80er Jahren die Anwendung von Industrierobotern wesentlich verstärken.

Alarmierend ist die Tatsache, daß sich schon jeder sechste befragte Betrieb mit Robotern auf ein weniger verbreitetes Einsatzfeld vorwagt, den Montagebereich, der noch besonders beschäftigungsintensiv ist.

Der Montagebereich wird zu einem zentralen Einsatzfeld von Industrierobotern Ende der 80er und in den 90er Jahren werden.

Besonders hohe Beschäftigungsrisiken sind immer dann zu erwarten, wenn die Roboter in verketteter Form eingesetzt werden: Sei es in Verkettung untereinander, oder in Verbindung von Robotern mit anderen teilautomatischen Geräten wie CNC-Werkzeugmaschinen beziehungsweise Bearbeitungszentren.

Roboter können zu neuen Belastungen führen

In der Mehrzahl der Fälle gab es eine Zunahme von Belastungen beim Einsatz von Industrierobotern. Einer überwiegenden Abnahme körperlicher Belastungen standen die Erhöhung des Arbeitstempos, die Einengung von Handlungsspielräumen, die Zunahme der Monotonie, psychischen Belastungen und der sozialen Isolation sowie von Resttätigkeiten meistens entgegen.

Trotzdem sind die Auswirkungen des Robotereinsatzes auf Arbeitsinhalt und Qualifikationsanforderungen widersprüchlich. Auf der einen Seite entstehen Arbeitssysteme mit überwiegend hohem Qualifikationsbedarf und auf der anderen Seite Arbeitsplätze, bei denen die Anforderungen verringert sind. Das hängt davon ab, wie die Tätigkeiten nach der technischen Umstellung organisiert werden.

Resümee: Industrieroboter können zur Humanisierung der Arbeit beitragen, indem sie Belastungen und gesundheitliche Gefährdungen beseitigen. Sie können aber auch zu neuen Belastungen führen, Handlungsspielräume für Menschen abbauen und eine Polarisierung der Qualifikation bringen. Oft sind Restarbeitsplätze entstanden, die inhumaner waren als die vorhergehenden Tätigkeiten.

Von der Arbeitsplatzvernichtung durch Industrieroboter wird in den nächsten Jahren besonders der Montagebereich betroffen sein. Eine weitere Arbeitszeitverkürzung - gerade in diesem Bereich - ist deshalb unabdingbar.

Dabei ist, neben der weiteren Verkürzung der Wochenarbeitszeit, vor allem auch an innerbetrieblichen Arbeitszeitverkürzungen durch Einführung zusätzlicher Erholzeiten zu denken.

Über den Stop bestimmter Anwendungen diskutieren

Da der Arbeitsplatzvernichtungseffekt der Industrieroboter belegt ist, sollte über einen Stop bestimmter Industrieroboteranwendungsfälle diskutiert werden. Ihr Einsatz sollte sich verstärkt auf Verschleißarbeitsplätze konzentrieren und begrenzen. Dazu gehören Arbeitsplätze an oder in der Umgebung von Industrieöfen, in Kühlhäusern oder im Freien, an chemischen Bädern, in Lackierereien, in Wickeleien, Spulereien, bei kurz-Zyklischen Tätigkeiten in Serienmontage (weniger als zwei Minuten Taktzeit).

Dieser Einsatz wäre jedoch zu kombinieren mit entsprechenden Aufgabenstrukturierungen. Da davon auszugehen ist, daß eine gewisse Aufgabenteilung der Tätigkeiten auch bei Industrierobotereinsatz noch notwendig ist, wäre an folgende Einteilung zu denken:

1. Facharbeiter führen die Instandhaltung, komplizierte Wartung, komplizierte Störungsbeseitigung durch.

2. Meister beschäftigen sich mit übergeordneten Aufgaben der Fertigungssteuerung.

3. Angelernte erhalten die Arbeitsaufgaben Programmieren, einfache Wartung, kurzfristige Fertigungssteuerung, Programmwechsel, Produktkontrolle, Nacharbeit, einfache Störungsbeseitigung, Überwachung, Einlegung/Entnehmen.

Übergeordnetes Ziel ist die Mensch-Maschine-Entkopplung

Vor allem die Übertragung von Aufgaben der kurzfristigen Fertigungssteuerung ermöglicht eine Bereicherung des Arbeitsinhaltes. Im einzelnen betrifft dies folgende Tätigkeiten:

- Auftragsreihenfolge festlegen (in Abstimmung mit anderen Bearbeitungsstationen),

- Material transportieren und bereitstellen,

- Fertigungsfortschritt überwachen,

- Qualität prüfen,

- Termine überwachen

- Auftragsweitergabe sichern,

- Fehlbestand ermitteln.

Ein übergeordnetes Ziel bei der technischen Planung des Einsatzes von Industrierobotern muß deshalb darin bestehen, eine Entkoppelung des Menschen vor der Maschine zu gewährleisten. Arbeitsplatz-, Arbeitssystem- und Layout-Auslegung ist der Gestaltung von Arbeitsinhalten unterzuordnen.