Arbeiten im Innenministerium

Die Ellenbogen kommen nicht zum Einsatz

22.04.2009
Von Anja Dilk und Heike Littger
Nicole Morawe arbeitet im Bundesinnenministerium. Große und interessante Projekte schätzt die IT-Referentin ebenso wie das kollegiale Arbeitsumfeld.

Das Thema Gehalt poppt immer mal wieder auf. "Meine Freunde in der freien Wirtschaft verdienen wesentlich mehr als ich", erzählt Nicole Morawe, Referentin im Referat für Informations- und Kommunikationstechnik des Bundesministeriums des Inneren (BMI). "Dafür bibbern sie jetzt ganz schön." Bangen in der Krise um ihren Arbeitsplatz. Wie sich das anfühlt, weiß die heute 38-Jährige aus eigener Erfahrung. Nach ihrem Mathematikstudium hat sie für ein Berliner Unternehmen als Expertin für IT-Sicherheit und Beratung gearbeitet. Im Dezember 2002 war Schluss damit. "Damals ist nicht nur die Internet-Blase geplatzt", so Morawe, "auch beim Thema IT-Sicherheit haben die Auftraggeber massiv eingespart." Eineinhalb Jahre hat sich die Berlinerin als Selbständige durchgeschlagen und in verschiedene Branchen geschnuppert. "Doch nicht zu wissen, ob ich auch im kommenden Monat genug Geld verdiene, hat mich um den Schlaf gebracht."

Großprojekt mit 100 Mitarbeitern

Beim Blättern durch die Stellenmärkte entdeckte sie eine Ausschreibung vom Umweltbundesamt. "An den öffentlichen Dienst als Arbeitsgeber hatte ich gar nicht gedacht, aber die Stellenbeschreibung klang spannend." Ihr Einsatzbereich für knapp vier Jahre: der Aufbau und Betrieb des elektronischen Emissionshandelsregisters bei der Deutschen Emissionshandelsstelle. "Das war ein extrem vielfältiges Projekt", erinnert sich Morawe. "Rund 100 Mitarbeiter sowie nationale und internationale Stellen haben unter Hochdruck an der Umsetzung des Emissionshandels gebastelt. Nicht nur die Anmeldung sollte via Internet erfolgen, sondern auch die Zuteilung der Zertifikate, das Konto-Management im nationalen Register und die jährliche Emissionsberichterstattung." 2006 wurde die Deutschen Emissionshandelsstelle beim E-Government-Wettbewerb für Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen als "beste virtuelle Organisation" ausgezeichnet.

Nicole Morawe, BMI: Jeder konzentriert sich hier vorrangig auf seine Arbeit und nicht auf das Managen seiner Karriere
Nicole Morawe, BMI: Jeder konzentriert sich hier vorrangig auf seine Arbeit und nicht auf das Managen seiner Karriere

"Das war natürlich toll und die kommenden Jahre wären sicher auch interessant geworden", erinnert sich Morawe. "Aber nachdem die meisten Prozesse etabliert waren, wollte ich einen neuen Schritt wagen." Der führte sie direkt ins Bundesministerium des Inneren. Heute leitet sie dort unter anderem den technischen Projektteil zur Einführung der elektronischen Akte. "Auch ein Aufgabe, bei der viele unterschiedliche Aspekte eines IT-Projektes vereint werden", so Morawe, "von der Hardware-Infrastruktur und Architektur über die Anpassung der Software an die Anforderungen des Hauses bis zur Ausgestaltung der betriebsrelevanten Prozesse." Bis 2012 soll das Projekt abgeschlossen sein. Das erfordert viel Geschick bei der Koordination, Steuerung und Abstimmung. Drei Besprechungen pro Tag mit externen Dienstleistern, internem Fachpersonal und Vorgesetzten sind normal.

Starre Karrierewege haben Vorteile

Verbeamtet ist Morawe nicht. "Ich wollte mir meine Freiheit bewahren. Als Beamtin wäre ein Stellenwechsel nach Lust und Laune nicht so einfach möglich gewesen." Außerdem kann sie sich "zumindest theoretisch" vorstellen, irgendwann in die freie Wirtschaft zurückzukehren. "Einmal Behörde immer Behörde - das ist eine Mär. Ich mache hier klassische Projektarbeit mit allen Aufgaben, die dazugehören." Neben der Arbeitsplatzsicherheit genießt Morawe vor allem den kollegialen Umgang in ihrem Referat. "Der Karrierepfad ist beim Staat relativ starr vorgegeben, es gibt also keinen Grund, sich mit aller Macht in den Vordergrund zu spielen, seine Ellenbogen zu benützen. Jeder konzentriert sich vorrangig auf seine Arbeit und nicht auf das Managen seiner Karriere."

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