Klagen über mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit

Die DV-Hersteller wollen von Fachhochschülern nichts wissen

14.06.1991

MÜNCHEN (hk) - In Zeiten wachsender Anforderungen seitens der Wirtschaft an die praxisbezogene Qualifikation der deutschen Hochschulabsolventen bleibt die dringend notwendige Unterstützung aus. So lautet das knappe Urteil Münchner Fachhochschulstudenten, die bei ihren ersten Praxiserfahrungen, speziell mit DV-Herstellern, auf die Nase gefallen sind.

Unternehmen verlangen in ihren Stellenangeboten vom Bewerber unter anderem auch Praxiserfahrung. Die Fachhochschulen tragen diesem Wunsch bekanntlich dadurch Rechnung, daß sie eine am zukünftigen Berufsleben orientierte Ausbildung durchführen.

Nicht immer läßt sich jedoch dieser Anspruch verwirklichen, wie dies Studenten der Fachhochschule München mit dem Studienschwerpunkt Organisation und Datenverarbeitung feststellen mußten. Sie beabsichtigten, eine wirklichkeitsnahe Fallstudie durchzuführen. Für ein fiktives Unternehmen wollten die Studiosi Angebote von DV-Herstellern einholen.

Dabei sollten die Studenten unter anderem lernen, wie Pflichtenhefte zu erstellen sind, aber auch wie Angebote auszuwerten beziehungsweise vergleichbar gemacht werden können.

Die Studenten kontaktierten eigenen Angaben zufolge mehr als zehn namhafte DV-Hersteller im Raum München. Zeigten die Hersteller beim ersten Anruf noch reges Interesse, so ebbte beim Hinweis auf ein Pflichtenheft das Interesse bei den meisten schnell ab.

Man ließ sich das Pflichtenheft zwar noch zusenden, aber selbst bei angesehenen Herstellern konnten die fleißigen Fachhochschüler den Weg dieser Unterlage nicht mehr verfolgen. Hatte man dann schließlich den zuständigen Mitarbeiter eruiert, folgten prompt die mündlichen öder schriftlichen Absagen.

Die Palette der Ausreden ist, wie die zukünftigen Betriebswirte wissen, sehr breit gefächert. Hier ein kleiner Auszug:

- Wir sehen keinen Sinn darin, für Studenten ein Angebot zu erstellen.

- Das Pflichtenheft ist umfangreicher, als der zumutbare Rahmen.

- Das Pflichtenheft ist nicht ausführlich genug.

- Ein persönliches Gespräch ist nicht erwünscht, Prospekte schicken wir zu.

- Wir müssen unser Soll erfüllen und haben keine Zeit für Scheinangebote.

- Wir haben schlechte Erfahrungen mit Fallstudien, da Daten für private Angebotsvergleiche benutzt wurden.

- Wir geben aktuelle Zahlen für solche Zwecke ungern weiter.

Die enttäuschten Fachhochschüler werfen zu Recht die Frage auf: Wie können Studenten praxisorientiert ausgebildet werden, wenn die Praxis nicht mitmacht? In einer solchen Situation wollen die lernwilligen Münchner von den Herstellern wissen, was diese unter einem praxisorientierten Studium verstehen. "Uns interessieren nicht Vorträge, sondern der direkte Kontakt zum Unternehmen", so der konkrete Wunsch der Enttäuschten.