Die drei Programmierer

27.08.1976

An der Kreuzung der Karriere

trafen sich zu früher Stunde

drei Eliteprogrammierer

der Erfahrungsaustauschrunde.

Existenzangst stand geschrieben

in den Mienen zweier Männer;

weniger geschockt der dritte

(offenbar ein Branchenkenner).

Nach dem Checkout aller Chancen,

da verstärkte der Verdacht sich,

daß ein großer Wandel Platz

greift -

so ab neunzehnhundertachtzig.

Dies erkannten die Gefährten

an der Kreuzung der_Karrieren.

Und sie huben an, sich hurtig

interaktiv zu beschweren:

Unsre Lage, sprach der erste,

zeigt sich krisenhaft belämmert,

weil im Kreise der Experten

es gefährlich götterdämmert.

Wo, beim Zeus und bei Centauri,

mag ich morgen noch codieren?

Wo (mit IF-NOT-ELSE-Befehlen)

Logikschleifen reich verzieren?

Ach! Mir, hat ein Generator

schwuppdiwupp den Job genommen,

denn mein Chef ließ sich den Super-

System-Selbermacher kommen.

Dieses Org-Modell, ihr Freunde,

läßt sich seine Vorarbeiten

aus den Fachbereichskanälen

direkt in die Hardware leiten.

Blutige Computerlaien

definieren Daten-Arten.

(Die Methode kann des Könners

COBOL-Kenntnis kühn entraten!)

Ohne mich - am Oline-Bild-

schirm -

programmieren die Kollegen.

Ich bin virtuell verschaukelt.

Abgesägt. Der Kosten wegen.

Unsre Lage, sprach der zweite,

zeigt sich, mit Verlaub, beschissen.

Denn was nützet mir mein COBOL-,

FORTRAN- und ASSEMBLER-

Wissen,

wenn ein Allerwelts-Compiler,

Generator, Syntax-Bauer

meine Laufbahn mir vermasselt?

Sapperlot! Was bin ich sauer!

Dabei habe ich seit Jahren

mit Top-Down-Approach

gefummelt

fernwirkfreie Flowcharts fordern,

ingeniös die Zeit verbummelt.

Früh begann ich, mir zur Freude

(und der Branche zum Entzücken),

mit normierten Struktogrammen

einen Status mir zu stricken.

Ich erfand das Turnkey-System

für geschützte Datenbanken.

Solches sollte mir die Menschheit

durch einen Nobelpreis danken!

Doch wer schenkt uns denn noch

Blumen?

Und wer ehrt die alten Meister?

Jeder programmiert sich selbst was.

Das frustriert mich. Scheiben-

kleister!

Jeder kennt zwei Parameter

EDV als Volksbewegung!

Keiner feilt mehr optimierend

an der Speicherplatzbelegung.

Nicht mehr lange kann es dauern

bis ein Selbstbedienungsladen

modulare Allzweck-Software

offeriert. Dann geh'n wir baden!

Unsre Lage, rief der dritte

Programmierer voll Entsetzen,

können nur die kleinkarierten

Byte-Beschneider fehleinschätzen!

Ihr tut so, als ob Entwicklung

stets in eine Richtung liefe.

Doch ein Rundblick durch die Praxis

zeigt die wahre Perspektive:

Sind (weil automatisierbar)

Cocktailmixer-Jobs veraltet?

Hat der Trend zur Großkantine

Koch und Küchen ausgeschaltet?

Gibt's nicht für Gynäkologen

Kleinarbeit in reicher Fülle?

Trotz - oder gerade wegen

dieser Antibabypille?

Freilich, wenn ein RPG-Mann

einschläft hinter der Dreisechzig;

wenn ein Kartenperforierer

nichts dazulernt-so was rächt sich.

So was rächt sich bei Experten

aller Kon- und Professionen.

Wer indessen vorn am Ball bleibt,

den wird Mißlichkeit verschonen.

Sicher wird man künftig kaum noch

Standardhilfsroutinen pütschern,

oder ein ASSEMBLER-Solo

zwischen Integriertes zwitschern.

Aber auf dem hohen Level,

dort, wo Eierköpfe rauchen,

wird man hinfort mehr als früher

EDV-Fachleute brauchen.

Hochkomplexe Großsysteme

werden kreativ gesteuert.

Profis meistern Prozessoren.

(Wer's nicht glaubt, der ist bescheuert.)

Generator-Fortentwicklung

muß ja schließlich jemand machen,

ebenfalls die Software-Wartung,

Strukto-Dingsbums und so Sachen.

Bald organisiert man Speicher

auf assoziative Weise,

bald lenkt man mit Einzweck-Minis

maximale Regelkreise.

Informatik schreit nach Brainware,

Spezialisten, Koryphäen.

Tüchtige und Talentierte

werden ernten, was sie säen!

An der Kreuzung der Karrieren

machten drei sich auf die Beine:

Denn die Zukunft des Computers

programmiert sich nicht alleine...