Mini-PCs im Test

Die besten Nettops im Vergleich

17.07.2009
Von Alexander Kuch und
Michael Schmelzle ist seit 1997 Hardware-Redakteur der PC-WELT. Daneben verantwortet der Diplom-Biologe und Buchautor Projekte wie die Höllenmaschine und die PC-WELT-PCs.

Shuttle XPC X2700B

Der Intel Atom 330 soll mit der Kraft der zwei Kerne Netbooks und Nettops mehr Leistung bescheren. Shuttle kreiert mit dieser CPU einen schicken Nettop und installiert darauf Windows Vista. Shuttle hat mit dem "XPC X27D" ein Mini-Gehäuse im Angebot, für das der Hersteller eine spezielle Hauptplatine entworfen hat. Diesen Barebone können Sie als Grundlage verwenden und einen eigenen Nettop auf Basis des Intel Atom 330 zusammenstellen - der Prozessor ist im Barebone bereits eingebaut. Shuttle bietet zusätzlich mit dem "XPC X2700B" einen fertig konfigurierten PC an, der sofort einsatzbereit ist. Dabei möchte der Hersteller beim Nettop-Einerlei nicht mitmachen, sondern seinen Rechner durch verschiedene Alleinstellungsmerkmale auszeichnen. Shuttle verabschiedet sich beispielsweise vom Netbook-Prozessor Intel Atom 230 mit nur einem Kern und von Windows XP als Betriebssystem. Die spannende Frage ist allerdings, ob die Neuerungen den deutlich höheren Anschaffungspreis wert sind.

Ausstattung: Der Shuttle XPC X2700B ist der erste Nettop mit Intels Prozessor Atom 330, den wir ins Testcenter bekamen. Dieser Atom-Prozessor hat eine Taktfrequenz von 1,6 GHz und verfügt im Gegensatz zu seinem Schwesternmodell Atom 230 über zwei Prozessorkerne. Da die CPU zusätzlich noch Hyperthreading beherrscht, arbeitet der Atom 330 als virtueller Vierkerner. Der Front Side Bus hat eine Taktfrequenz von 133 MHz, die beiden L2-Caches verfügen über eine Kapazität von jeweils 512 KB. Shuttle kühlt die CPU mit einem etwa 4 Zentimeter hohen Kühlkörper, der beinahe den ganzen verfügbaren Raum zwischen Prozessor und DVD-Laufwerk einnimmt. Aus diesem Grund sitzt der Prozessorlüfter seitlich am Kühlkörper.

Der Arbeitsspeicher besteht aus einem DDR2-Modul mit einer Kapazität von 2 GB. Dieser Speicher-Riegel steckt im einzigen Speichersteckplatz auf der Hauptplatine - eine spätere Erweiterung des Speichers ist nicht vorgesehen, da die Hauptplatine ohnehin nur 2 GB RAM maximal unterstützt. Der Shuttle XPC X2700B hat keine eigene Grafikkarte, für die Bilderzeugung sorgt der integrierte Intel-Grafikchip GMA950. Der Ethernet-Controller Realtek RTL8168/8111 unterstützt Gigabit-LAN. Wie andere Nettop-Hersteller setzt Shuttle für die Klangerzeugung auf den Soundchip Realtek High Definition Audio.

Bei den Speichermedien möchte Shuttle allerdings mehr bieten als die Nettop-Konkurrenz: Die SATA-Festplatte Samsung HM320JI verfügt über eine Speicherkapazität von 320 GB - Nettops in der Preisklasse um 300 Euro haben lediglich Festplatten mit 160 GB zu bieten. Die Samsung-Festplatte im Shuttle XPC X2700B hat eine Umdrehungsgeschwindigkeit von 5400 Umdrehungen pro Minute, der Cache ist 8 MB groß. Nach unserer Recherche beträgt der Preisunterschied zu einem Festplattenmodell mit derselben Kapazität, 7200 Umdrehungen und 16 MB Cache etwa 15 Euro - Shuttle hat sich wohl wegen der Geräuschentwicklung für das langsamere Modell entschieden. Dafür erhebt sich der Shuttle XPC X2700B dank seines eingebauten DVD-Brenners über die Nettop-Konkurrenz - der TSST SN-S083A liest und brennt alle gängigen CD- und DVD-Formate.

Glänzen kann der Rechner auch bei der Vielfalt der Anschlüsse: Neben 2 PS/2-Schnittstellen verfügt der PC über sechs USB-Schnittstellen, davon liegen zwei auf der Vorderseite hinter einer Klappe. Bildinformationen gibt der Shuttle-Mini über DVI und VGA aus. Zum ersten Mal haben wir bei einem Nettop eine 9-polige serielle Schnittstelle vorgefunden. Die Fähigkeit des Onboard-Soundchips zur Wiedergabe von Mehrkanalton können Sie allerdings nicht nutzen: zwei Line-out-Anschlüsse, zwei Mikrofon-Buchsen und ein Line-in-Port sind verfügbar. S/P-Dif- und Lautsprecheranschlüsse für eine Mehrkanal-Lautsprecheranlage suchten wir vergebens.

Im Gegensatz zur Nettop-Konkurrenz, die beim Betriebssystem überwiegend auf Windows XP setzt, installiert Shuttle auf dem XPC X2700B Windows Vista Home Basic in der 32-Bit-Version. Das System liegt auf einer Recovery-DVD bei. Im Vergleich mit Windows Vista Home Premium fehlen damit solche Elemente wie die das Windows Media Center, Windows Movie Maker, Windows DVD Maker, der Datensicherungsassistent und natürlich die Aero-Oberfläche. Shuttle macht auch keinerlei Anstalten, diese fehlenden Funktionen durch Software-Beigaben wie Powerproducer oder Power DVD auszugleichen. Ein Brennprogramm (außer der simplen Vista-Brennfunktion) ist ebenfalls nicht vorhanden - das ist ärgerlich. Sie müssen die fehlende Software also entweder zusätzlich erwerben oder sich nach kostenlosen Alternativen umsehen.

Tempo: In unseren Benchmark-Tests erreicht der Shuttle XPC X2700B ein etwas besseres Ergebnis als seine Kollegen mit Intels Einkern-Prozessor Atom 230: Im Benchmark 3D Mark 06 überspringt der PC in unserem Testcenter als zweiter Rechner mit Atom-CPU die Marke von 100 Punkten und erreicht 136 Punkte. Zum Vergleich: Der MSI Wind PC Nettop mit Atom 230 schaffte 90 Punkte, der Averatec All-in-One A1 mit Atom N270 erreichte 124 Punkte. Im Benchmark PC Mark 05, das noch etwas mehr Wert auf die Prozessorleistung legt, ist die Steigerung allerdings nicht so üppig ausgefallen: Der Shuttle erreicht hier 1937 Punkte, der MSI Wind PC Nettop schaffte bereits 1639 Punkte. Von einer echten Multimedia-Tauglichkeit ist die Atom-Familie also noch weit entfernt: Billig-PCs um 300 Euro mit Dualcore-Prozessor liegen bereits über der Marke von 6000 Punkten. Für die DVD-Wiedergabe und Büro-Arbeiten reicht die Leistung allerdings problemlos.

Ergonomie: Im Desktop-Modus verbraucht der Shuttle XPC X2700B 28,4 Watt, dies ist der drittbeste jemals von uns gemessene Wert für einen Desktop-PC nach der Asus Eee Box B202 mit 15 Watt und dem Averatec All-in-One A1 mit 26,2 Watt. Auch unter Volllast kann der Shuttle diese Position halten: Mit 39,6 Watt arbeitet der PC sehr sparsam.

Bei der Geräuschentwicklung kann der Shuttle XPC X2700B allerdings nicht mit anderen Nettops konkurrieren: Mit 28,6 dB(A) arbeitet er bereits im Desktop-Modus lauter als Spiele-PCs mit wesentlich größerer Wärmeentwicklung. Unter Last steigt die Lautstärke zwar nur minimal auf 29,1 dB(A) - das Grundgeräusch ist für einen Nettop-PC aber zu laut. Zum Vergleich: Der Asus Eee Top ET1602 säuselt mit 19,4 dB(A) unter Volllast beinahe unhörbar.

Fazit: Obwohl Shuttle sich bemüht, mit Intels CPU Atom 330, einer größeren Festplatte, DVD-Brenner und Windows Vista mehr zu bieten als die Nettop-Konkurrenz, bleibt dieser Versuch auf halber Strecke stecken. Die fehlenden Elemente von Windows Vista Basic wurden nicht durch sinnvolle Softwarebeigaben ergänzt und der Prozessor bringt nur wenig mehr an Rechenleistung. Der Shuttle XPC X2700B arbeitet zwar sehr stromsparend, das ständig hörbare Lüftergeräusch sowie die fehlenden HDMI- und Audio-Anschlüsse lassen den Rechner nicht als Wohnzimmer-PC, sondern als besseren Büro-PC daherkommen. Der Preis von über 580 Euro ist allerdings viel zu hoch: Dafür bekommt man heutzutage schon einen ausgewachsenen Multimedia-PC mit wesentlich besserer Leistung.

Alternative Selbstbau: Zum Preis von etwa 200 Euro bekommen Sie den Shuttle XPC X27D als Barebone - dann müssen Sie RAM, Festplatte, Brenner und Betriebssystem zusätzlich erwerben und selbst installieren. Unsere Preisrecherche hat für die im XPC X2700B installierten Komponenten folgende Marktpreise ergeben: Samsung DDR2-RAM 2 GB: 25 Euro, Festplatte SATA Samsung Spinpoint M6S 320GB (HM320JI): 55 Euro, DVD-Brenner SATA/Slim TSST (Samsung) SN-S083A: 40 Euro, Microsoft: Windows Vista Home Basic 32Bit DSP/SB: 75 Euro. Die Gesamtsumme der Einzelkomponenten plus Barebone beträgt also 395 Euro. Mit etwas handwerklichem Geschick sparen Sie gegenüber dem fertig konfigurierten XPC X2700B damit satte 185 Euro.

Die technischen Daten

Prozessor: Intel Atom 330 Dual-Core (2x 1,6 GHz);

Arbeitsspeicher: 2048 MB;

Grafikchip: Intel GMA 950, 8 MB (shared Memory: ja);

Festplatte: 1x Samsung HM320JI; 288,5 GB;

Brenner: DVD-Brenner (unterstützte Medientypen: DVD+R/+R DL/-R/-R DL/+RW/-RW/-RAM, Tempo: 8-/6-/8-/6-/8-/6-/5-fach);

Betriebssystem: Windows Vista Home Basic 32-Bit;

Ethernet: ja (10/100/1000 MBit/s);

WLAN: nein;

Bluetooth: nein;

Schnittstellen Peripherie: 1x seriell, 2x PS/2, 6x USB;

Schnittstellen Video: 1x VGA, 1x DVI;

Mikrofon: 2;

Kopfhörer: nein;

Line-In: 1;

Line-Out: 2;

S/P-Dif in: nein;

S/P-Dif out: nein;

Straßenpreis (Juli 2009): ab 575 Euro.