Mitarbeiterbindung

"Die Besten im Unternehmen werden vergessen"

12.08.2012
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

"Führungskräfte sitzen oft auf der falschen Position"

CW: Aber in der Regel werden die Entwicklungswünsche der Leistungsträger und die offenen Positionen des Arbeitgebers selten so übereinstimmen. Was kann der Arbeitgeber da tun?

Happich: Wenn jemand länger als drei Jahre in einem Unternehmen geblieben ist, verbindet ihn etwas mit der Firma, das ihn hält. Das, was ihm gefällt, hat meist mit der Firmenkultur zu tun. In meiner Beratungspraxis habe ich erlebt, dass fast alle Führungskräfte im Unternehmen bleiben wollen, aber häufig auf der falschen Position sitzen und es eine Stelle, die ihren wahren Stärken entspricht, noch gar nicht gibt. Darum sollte man herausfinden, wo die intrinsische Motivation und die Stärken der besten Mitarbeiter liegen und wo man sie am besten einsetzen kann. Das kann auch bedeuten, dass man das Organigramm ändern und eine entsprechende Stelle schaffen muss.

CW: Rechnet sich der Aufwand, eine neue Stelle zu schaffen?

Happich: Ja, denn das Unternehmen bekommt einen loyalen, extrem dankbaren Leistungsträger. Zukunftsorientierte Arbeitgeber lassen sich auf solche Prozesse ja nicht aus altruistischen Motiven, sondern aus ökonomischen Kalkül und dem Wunsch nach planbaren Größen ein. Sie wissen, dass sie auf Leistungsträger, die 30 Prozent mehr leisten als der Durchschnitt, nicht verzichten können. Ein Klient von mir zog etwa sehr viele Projekte an Land, war aber unzufrieden, weil angesichts großer Projektschäden sein Bonus schrumpfte. Er entwickelte ein Konzept, wie sich die Zahl der Schäden verringern lässt und präsentierte es dem Vorstand. Der war schon für das Thema sensibilisiert, nachdem die Konzernmutter die hohen Projektschäden kritisiert hatte. Darauf reagierte der Vorstand prompt und schuf für ihn eine neue Stelle, in der er sein Konzept umsetzen konnte. Und der Jobwechsel war für ihn kein Thema.

Gudrun Happich..

... ist Gründerin und Inhaberin von "Galileo. Institut für Human Excellence" in Köln. Die Diplombiologin war selbst zwölf Jahre als Führungskraft tätig, bevor sie sich das Coaching von Leistungsträgern in den oberen Führungsebenen spezialisierte.

Foto: orell füssli

Ihr erstes Buch "Ärmel hoch! Die 20 schwierigsten Führungsthemen und wie Top-Führungskräfte sie anpacken" ist im Frühjahr 2011 im Orell Füssli Verlag erschienen. Mehr Informationen gibt es unter www.galileo-institut.de und unter http://leistungstraeger-blog.de/.